06 - Der Schattenkrieg
dann begann Murray mit seinem Verhör. Bald stellte sich heraus, daß Cortez mit dem Mord an Emil Jacobs nichts zu tun gehabt hatte, was Murray überraschend fand. Ryan befragte Cortez über seine Erfahrungen beim DGI. Cortez gab willig Antwort. Er hatte schon einmal einem Arbeitgeber die Treue gebrochen; es fiel ihm leicht, das erneut zu tun. Ryan hatte ihm versprochen, daß er nicht vor ein Gericht gestellt werden würde, und dieses Versprechen sollte auch eingehalten werden.
Cutter blieb noch einen Tag länger in Panama. Die Suchaktion nach dem abgestürzten Hubschrauber war wegen schlechten Wetters verschoben worden, und es überraschte ihn auch nicht, daß sie ergebnislos blieb. Der Hurrikan zog weiter nach Nordwesten und löste sich über der Halbinsel Yucatán in eine Serie von Gewitterfronten auf, die mehrere Tage später über Texas zu Tornados führten. Sobald die Witterungsverhältnisse es zuließen, flog Cutter zurück nach Washington. Einige Stunden früher war Captain Montaigne zum Luftstützpunkt Eglin zurückgekehrt und hatte ihre Besatzung zum Stillschweigen vergattert.
Die Panache lief sechsunddreißig Stunden nach Aufnahme des Hubschraubers den Marinestützpunkt Guantanamo an. Captain Wegener hatte über Funk wegen des Hurrikans und eines Maschinenschadens die Erlaubnis eingeholt. Einige Meilen vor dem Hafen startete Captain Johns den Hubschrauber und flog ihn zum Stützpunkt, wo er sofort in einen Hangar gerollt wurde. Der Kutter lief eine Stunde später ein und wies zum Teil starke Sturmschäden auf.
Clark und Larson kamen an den Kai. Ihr Flugzeug war ebenfalls versteckt worden. Ryan und Murray gesellten sich zu ihnen und gingen mit einem Trupp Marinesoldaten auf den Kutter, um Cortez abzuholen. Nach einigen Telefongesprächen mußte eine Entscheidung getroffen werden. Es gab keinen einfachen und zugleich völlig legalen Ausweg. Die Soldaten wurden im Stützpunktlazarett untersucht und am nächsten Tag nach Fort McDill in Florida geflogen. Am selben Tag kehrten Clark und Larson nach Washington zurück. Die Beechcraft ging an eine kleine Firma, die der CIA gehörte. Larson nahm sich Urlaub und überlegte, ob er seine Freundin wirklich heiraten und eine Familie gründen sollte. Eines stand für ihn fest: bei der CIA stieg er aus.
Wie zu erwarten war, kam ein Ereignis ganz unerwartet und sollte auch für alle bis auf einen ein Rätsel bleiben.
Admiral Cutter war vor zwei Tagen zurückgekehrt und arbeitete wieder im üblichen Trott. Der Präsident war auf Wahlkampfreise und versuchte, den Rückstand in den Meinungsumfragen wettzumachen, ehe in zwei Wochen der Parteitag begann. Dafür war der Sicherheitsberater, der sehr hektische Wochen hinter sich hatte, dankbar. Er hatte genug. Er hatte dem Präsidenten treu gedient, Dinge getan, die getan werden mußten, und hatte nun eine Belohnung verdient. Den Oberbefehl über eine Flotte hielt er für angemessen, vielleicht OB der Atlantikflotte. Eigentlich hatte man Vizeadmiral Painter Hoffnungen auf den Posten gemacht, aber diese Entscheidung hing schließlich vom Präsidenten ab, aber Cutter nahm an, daß er bekommen würde, was er verlangte. Und wenn der Präsident wiedergewählt würde, winkte Cutter vielleicht sogar der Posten des Stabschefs. Darüber wollte er beim Frühstück spekulieren, das er ausnahmsweise einmal zu einer zivilisierten Zeit einnahm. Nach dem morgendlichen Vortrag von der CIA blieb ihm sogar noch Zeit zum Joggen. Um sieben Uhr fünfzehn klingelte es. Cutter ging selbst an die Tür.
»Wer sind Sie?«
»Mein Kollege, der Sie sonst informiert, ist krank, Sir. Heute habe ich Dienst bei Ihnen«, sagte der Mann. Gut vierzig, sah er aus wie ein zäher alter Frontoffizier.
»Gut, kommen Sie rein.« Cutter winkte ihn ins Arbeitszimmer. Der Mann setzte sich und entdeckte zu seiner Freude ein Fernsehgerät und einen Videorecorder.
»So, und womit fangen wir heute an?« fragte Cutter, nachdem er die Tür geschlossen hatte. »Mit Guantanamo, Sir«, sagte der Mann. »Was tut sich denn in Kuba?«
»Das habe ich auf Band, Sir.« Der Offizier schob die Kassette ins Gerät und drückte auf die Abspieltaste.
»Was ist denn das?« Um Gottes willen! dachte Cutter. Der Offizier ließ das Band einige Minuten lang weiterlaufen und hielt es dann an.
»Na und? Das ist das Wort eines Mannes, der sein eigenes Land verraten hat«, sagte Cutter auf das erwartungsvolle Lächeln des Mannes hin.
»Ich habe hier noch etwas.« Der Mann hielt ein Foto hoch, das die
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