06 - Der Schattenkrieg
ist das Straßennetz nicht sehr dicht.«
»Wollen Sie denn jeden Laster durchsuchen, der vorbeikommt?« fragte Larson. »Außerdem sind die Anlagen notfalls auch tragbar. Die Löhne hier sind niedrig. Unser Gegner ist schlau und flexibel.« »Wie ist die Rolle der Armee?« Clark war natürlich in Washington umfassend informiert worden, wollte aber die Meinung eines Mannes vor Ort hören.
»Sie hat versucht, etwas zu unternehmen. Das Hauptproblem ist mangelnde Bereitschaft. Ihre Hubschrauber verbringen gerade zwanzig Prozent der Zeit in der Luft, was bedeutet, daß nur wenige Operationen durchgeführt werden. Außerdem können Sie sich ja den Sold eines Hauptmanns vorstellen. Nehmen wir einmal an, jemand trifft einen Hauptmann in einer Bar, bestellt ihm etwas und unterhält sich mit ihm. Er erzählt dem Hauptmann, er solle sich in der kommenden Nacht in der Südwestecke seines Sektors aufhalten jedenfalls nicht in der Südostecke. Wenn er sich aus dieser Ecke fernhält, bekommt er hunderttausend Dollar. Der Gegner ist sogar so reich, daß er es sich leisten kann, die hunderttausend nur auf Verdacht zu zahlen, um zu sehen, ob sich der Hauptmann auch an die Abmachung hält. Wenn sich erst einmal erwiesen hat, daß er käuflich ist, erhält er dann kleinere, aber regelmäßige Zahlungen. Das Kartell verfügt auch über so viel Kokain, daß es ‹seinen› Hauptmann hin und wieder etwas beschlagnahmen läßt, nur damit er gut dasteht. Eines Tages wird dieser Hauptmann zum Oberst befördert, der ein ganzes Territorium kontrolliert. Die Leute hier sind nicht schlecht, aber die Lage sieht hoffnungslos aus. Die Justizorgane hier unten sind verletzlich, und
- na, sehen Sie sich doch einmal an, wie das in den Staaten läuft. Ich…«
»Ich möchte niemanden kritisieren, Larson«, sagte Clark. »Nicht jeder kann eine hoffnungslose Aufgabe übernehmen und motiviert bleiben.« Er lächelte. »Wer das versucht, dürfte nicht ganz bei Trost sein.«
5
Ansätze
Chavez war mit den Kopfschmerzen aufgewacht, die man anfangs in dünner Luft bekommt ein Stechen hinter den Augäpfeln, das ausstrahlt und sich wie ein Band um den Schädel legt. Er schaute nach rechts und links und inspizierte im orangenen Licht der Dämmerung die neue Umgebung. Chavez kam die Kaserne eher wie ein Jagdlager vor, und mit dieser Vermutung lag er auch richtig. Er schätzte den Schlafsaal auf zweihundert Quadratmeter und zählte vierzig Metallbetten mit dünnen Matratzen und den beim Militär üblichen braunen Decken. Der Fußboden bestand aus gewachstem Kiefernholz, die gewölbte Decke trugen grob behauene Kiefernstämme. Seltsam, dachte Chavez, zur Jagdzeit legen reiche Leute viel Geld hin, um in dieser rustikalen Umgebung leben zu dürfen. Das Wecksignal kam von einem elektrischen Summer und erinnerte an einen billigen Wecker. Das war angenehm das übliche Hornsignal am Morgen konnte er nämlich nicht ausstehen. Ringsum begannen die Männer sich ächzend und fluchend zu rühren. Er warf die Decke beiseite und war über die Kälte des Fußbodens erstaunt.
»Wer bist du?« fragte der Mann auf dem Bett nebenan und starrte auf den Boden.
»Staff Sergeant Chavez, siebzehntes Bataillon.«
»Vega, Stabskompanie. Seid ihr gestern nacht eingetrudelt?«
»Ja. Was geht hier ab?«
»Genau weiß ich das auch nicht, aber gestern mußten wir rennen, bis wir umfielen«, meinte Staff Sergeant Vega und streckte die Hand aus. »Ich heiße Julio.«
»Ich bin Domingo. Kannst Ding zu mir sagen.«
»Wo kommst du her?«
»Aus Los Angeles.«
»Und ich bin aus Chicago. Komm mit.« Vega stand auf. »Angenehm ist hier, daß es jede Menge heißes Wasser und keinen Stubenappell gibt. Wenn sie nun bloß noch nachts die Heizung anließen…« »Wo sind wir eigentlich?«
»In Colorado. Mehr weiß ich auch nicht.« Die beiden Sergeants zogen mit den anderen Männern zum Duschen.
Chavez schaute sich um. Keine Brillenträger. Alle wirkten selbst für Soldaten ziemlich fit. Ein paar trieben offensichtlich Bodybuilding, aber die meisten waren wie Chavez schlanke, drahtige Langläufertypen. Ein anderer gemeinsamer Nenner fiel ihm erst nach einer Minute auf: Alle waren Latinos.
Die Dusche war angenehm. Es gab frische Handtücher und so viele Waschbecken, daß sich jeder in Ruhe rasieren konnte. Und die Klos hatten sogar Türen. Von der dünnen Luft mal abgesehen, entschied Chavez, hatte dieser Ort seinen Reiz. Man ließ ihnen sogar fünfundzwanzig Minuten Zeit zum Fertigmachen. Schon fast
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