06 - Der Schattenkrieg
Wunder bei dem Terrain, dachte Chavez.
»Aufstellung nehmen!« rief Captain Ramirez, lief an seinen Männern vorbei und nahm die Stelle des Trainers an der Spitze ein. Die Kompanie trat in zwei Reihen hinter dem Offizier an. Ramirez drehte sich um. »Rührt euch! Na, so schlimm war das gar nicht, oder?«
»Madre de Dios!« sagte jemand leise. Hinten würgte jemand. »Na schön.« Ramirez grinste seine Männer an. »Die Höhenluft macht einem zu schaffen. Aber ich bin schon seit zwei Wochen hier. Man gewöhnt sich schnell an den Unterschied. In zwei Wochen laufen wir täglich fünf Meilen mit Gepäck, und das wird euch ganz leicht fallen.«
Quatsch, dachten Chavez und Julio Vega, obwohl sie wußten, daß der Captain recht hatte. Der erste Tag der Grundausbildung war viel schlimmer gewesen.
»Wir fangen jetzt ganz gemütlich an. Ihr habt eine Stunde Zeit, euch zu erholen und etwas zu frühstücken. Schlagt euch nicht zu voll, heute nachmittag wollen wir noch mal ein Stückchen laufen. Um acht treten wir hier zur Ausbildung an. Abtreten.«
»Nun?« fragte Ritter.
Sie saßen auf der schattigen Veranda eines alten Plantagenhauses auf der Insel St. Kitts. Zuckerrohr wuchs hier längst nicht mehr, und das herrschaftliche Anwesen sah aus wie der Wochenendsitz eines Top-Kapitalisten. In Wirklichkeit gehörte es der CIA, die es für Geheimkonferenzen, als besonders sicheres Haus für hochrangige Überläufer und als Erholungsheim für Spitzenbeamte benutzte. »Die Hintergrundinformationen haben sich als recht präzise herausgestellt, haben aber die Schwierigkeit des Terrains nicht berücksichtigt. Ich will den Leuten, die das Paket zusammengestellt haben, keinen Vorwurf machen. Man muß das Gelände gesehen haben, um glauben zu können, wie hart es ist.« Clark lehnte sich in seinen Korbsessel zurück und griff nach dem Glas. Im Dienstrang stand er weit unter Ritter, aber Clark gehörte zu den wenigen CIA-Leuten, deren Position einmalig war. Und angesichts der Tatsache, daß er oft persönlich für den Stellvertretenden Direktor (Operationen) arbeitete, hatte er das Recht, locker mit Ritter umzugehen. »Wie geht’s Admiral Greer?« fragte Clark, der vor Jahren von James Greer rekrutiert worden war.
»Nicht gut. Höchstens noch zwei Monate«, erwiderte Ritter. »Verdammt.« Clark starrte in sein Glas und schaute dann auf. »Ich habe dem Mann viel zu verdanken. Praktisch mein ganzes Leben. Läßt sich denn nichts machen?«
»Nein, dazu hat es sich zu stark ausgebreitet. Sie können seine Schmerzen lindern, das ist alles. Tut mir leid. Er ist auch mein Freund.«
»Jawohl, Sir, das weiß ich.« Clark leerte sein Glas und ging wieder an die Arbeit. »Ich weiß nicht, was genau Sie vorhaben, aber den Plan, die Häuser zu stürmen, können Sie aufgeben.« »Ein so harter Brocken?« Clark nickte. »Jawohl. Das ist ein Job für echte Infanterie mit richtiger Unterstützung, und selbst dann wird es große Verluste geben. Larson meint, die
Sicherheitsvorkehrungen dieser Kerle seien ziemlich gut. Man könnte versuchen, ein paar von ihnen zu schmieren, aber da sie ohnehin schon gut bezahlt werden, kann das nach hinten losgehen.« Der Agent fragte nicht nach der wahren Mission, konnte sich aber vorstellen, daß man Rauschgiftbosse aus ihren Löchern holen und in den Staaten vor Gericht stellen wollte. Wie viele andere fällte er da ein Fehlurteil. »Auch, wenn sie in Bewegung sind, ist es nicht leicht, sie abzufangen. Sie treffen die üblichen Vorkehrungen unregelmäßige Zeitpläne, wechselnde Routen, und dazu lassen sie sich überall hin von bewaffneten Eskorten begleiten. Wer so einen Burschen auf der Straße erwischen will, braucht also gute Informationen, und die bekommt man nur von innen. Näher als Larson ist bisher niemand von uns herangekommen. Wenn wir versuchen, ihn noch weiter einzuschleusen, wird er umgebracht. Das wäre schade; er hat uns nämlich bisher gute Daten geliefert. Ich nehme doch an, unsere Leute vor Ort haben versucht…«
»Jawohl. Sechs sind tot oder vermißt. Mit Informanten sieht es genauso aus. Die verschwinden auch häufig. Die kolumbianischen Behörden sind gründlich infiltriert. Irgendwann bleiben dann auch die Freiwilligen aus.«
Clark zuckte die Achseln und schaute hinaus aufs Meer. Am Horizont hielt ein weißes Kreuzfahrtschiff auf die Küste zu. »Es sollte mich eigentlich nicht wundern, wie schwer an die Kerle ranzukommen ist. Larson hatte recht: Köpfe, die ihnen fehlen, kaufen sie sich einfach. Wo
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