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06 - Der Schattenkrieg

06 - Der Schattenkrieg

Titel: 06 - Der Schattenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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Kleinlichkeiten verschont. Alle waren jung, alle waren Profis und gingen mit Ernst an die Sache heran, obwohl niemand wußte, wofür sie eigentlich trainierten.
Chavez war zwar ungebildet, aber alles andere als dumm. Irgendwie wußte er, daß alle Spekulationen, die sie über ihre Mission anstellten, falsch waren. Der Krieg in Afghanistan war vorbei; dorthin konnte es also nicht gehen. Außerdem sprachen alle Männer hier fließend spanisch. Er ließ sich eine Kiwi schmecken und dachte dabei den ganzen Komplex noch einmal durch. Große Höhe man bildete sie nicht zum Vergnügen hier oben aus. Damit waren Kuba und Panama aus dem Rennen. Nicaragua vielleicht? Wie hoch waren die Berge dort? In Mexiko und den anderen zentralamerikanischen Ländern gab es ebenfalls Gebirge. Alle Männer hier waren Sergeants, alle hatten einen Zug geführt und waren von der leichten Infanterie. Möglich war, daß sie andere Männer ausbilden sollten vermutlich für den Einsatz gegen Aufständische. Probleme mit Guerillas hatte so gut wie jedes Land südlich des Rio Grande; eine Auswirkung ungerechter Regierungs- und Wirtschaftssysteme, aber Chavez hatte eine andere, simplere und treffendere Erklärung: Diese Länder bekamen allesamt nichts auf die Reihe. Wie dort gemurkst wurde, hatte er selbst mit seinem Bataillon in Honduras und Panama erlebt.
Die Städte waren dreckig und ließen ihm selbst den Slum, in dem er aufgewachsen war, wie ein Paradies erscheinen. Was die Polizei anging, er hätte nie geglaubt, daß er die Polizei von Los Angeles einmal bewundern würde. Seine ganz besondere Verachtung aber verdienten sich die Armeen dort: ein Haufen fauler, unfähiger Rüpel, im Grunde kaum anders als die Straßenbanden in Los Angeles. Der einzige Unterschied war, daß sie die gleichen Waffen trugen; bei den Banden tendierte man eher zum Individualismus. Die Schießkünste waren ebenfalls auf vergleichbarem Niveau. Arme Teufel mit dem Gewehrkolben zusammenschlagen, das war eine Kleinigkeit. Die Offiziere nun, er hatte keinen einzigen gesehen, der Lieutenant Jackson das Wasser reichen konnte. Jackson lief gerne mit seinen Männern, und es störte ihn nicht, wenn er so schmutzig und stinkig wurde wie ein richtiger Soldat. Die größte Verachtung aber empfand er für die Unteroffiziere. Es war Sergeant McDevitt in Korea gewesen, der Ding Chavez die Erleuchtung gebracht hatte Kompetenz und Professionalismus gleich Stolz. Und im Grunde war wohlverdienter Stolz das, was einen Mann ausmachte. Der Stolz verhinderte, daß man beim Laufen in den verfluchten Bergen schlappmachte. Schließlich konnte man seine Kameraden nicht enttäuschen. Die Freunde durften nicht weniger in einem sehen, als man sein wollte. Und das war die Essenz von allem, was er bei der Army gelernt hatte; das galt auch für alle anderen Männer im Raum, die sich darauf vorbereiteten, diese Haltung als Ausbilder an andere weiterzugeben. Aus einem unerfindlichen, vermutlich politischen Grund war die Aktion geheim, aber darüber verlor Chavez keinen Gedanken; mit Politik kam er ohnehin nicht klar. Die verdeckten Vorbereitungen wiesen auf die CIA hin. Was dies betraf, hatte Chavez recht. In der Natur des Auftrags irrte er allerdings.
Die Männer erhoben sich nach dem Frühstück von den Tischen und stapelten ihr Geschirr auf einer Anrichte auf, ehe sie hinausgingen. Die meisten suchten die Toilette auf, und viele, darunter auch Chavez, zogen saubere, trockene T-Shirts an. Unglaublich: Hier gab es sogar eine Wäscherei! Chavez kam zu dem Schluß, daß er das Lager trotz der Höhe und des harten Trainings vermissen würde. Die Luft war zwar dünn, aber sauber und trocken. Jeden Tag hörten sie das klagende Tuten der Züge, die in den Moffat-Tunnel einfuhren, dessen Portal die Männer bei ihren Läufen zweimal am Tag sahen. Abends bekamen sie manchmal die zweistöckigen Wagen eines Amtrak-Zuges, der ostwärts nach Denver rollte, in der Ferne zu Gesicht. Wie ist hier wohl die Jagd? fragte er sich. Und was jagte man? Rotwild vielleicht? Er hatte einige gesehen, kräftige Maultierhirsche, aber auch weiße Bergziegen, die beim Herannahen der Soldaten fast senkrechte Felswände hochjagten. Die Viecher sind aber echt fit, hatte Julio am Vortag angemerkt, aber Chavez verwarf den Gedanken gleich darauf: Die Tiere, die er jagen sollte, hatten nur zwei Beine. Und schössen zurück, wenn man nicht aufpaßte. Die vier Züge nahmen pünktlich Aufstellung. Captain Ramirez ließ sie Haltung annehmen und

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