06 - Der Schattenkrieg
ging. »Wie sieht es mit der Radarüberwachung aus?«
»Hierfür werden uns nur zwei Maschinen zur Verfügung gestellt. Im Augenblick testet man ein neues System, das dank hoher Frequenzbeweglichkeit, schmalem Suchstrahl und relativ niedriger Ausgangsleistung nur sehr schwer erfaßbar ist. Die ESM-Geräte, die vom Gegner inzwischen eingesetzt werden, sind gegen dieses neue System wirkungslos. Unsere Einheiten am Boden können also vier bis sechs der geheimen Landeplätze ausspähen und uns sofort Meldung machen, sobald eine Drogensendung unterwegs ist. Die modifizierten Radarflugzeuge E-2 werden die Flüge südlich von Kuba erfassen und so lange weiterverfolgen, bis der F-15-Pilot, den ich erwähnte, sie abfängt. Der Mann, ein echtes As, wie es heißt, ist schwarz und stammt aus New York. Seine Mutter wurde von einem Drogenabhängigen überfallen und so zugerichtet, daß sie ihren Verletzungen erlag. Sie können sich also vorstellen, was der Pilot von Drogenschmugglern hält. Er ist ein erstklassiger Mann, der für uns arbeiten und den Mund halten wird.«
»Nun gut«, meinte Cutter skeptisch. »Was aber, wenn er später Gewissensbisse bekommt und -« »Der Junge brennt darauf, den Tod seiner Mutter zu rächen. Er ist mit seiner Maschine für den Test des neuen Radarsystems abgestellt worden. Die beiden E-2 haben Besatzungen von der Marine, die von uns ausgewählt wurden nach ähnlichen Kriterien wie der Pilot. Und vergessen Sie nicht, sowie die F-15 ihr Ziel erfaßt hat, schaltet die Radarmaschine ihr System aus und dreht ab. Wenn also Bronco, so heißt der Pilot, ein ankommendes Drogenflugzeug abzuschießen gezwungen ist, wird das niemand erfahren.«
»Und was kann in die Hose gehen?« fragte Cutter. »Bei solchen Einsätzen so gut wie alles. Vor ein paar Monaten ging eine hastig angesetzte Operation schief, nur weil jemand falsch abbog…« »Das war das KGB«, sagte Cutter. »Darüber hat mich Jeff Pelt informiert.«
»Auch wir sind gegen solche Zwischenfälle nicht gefeit. Manchmal geht halt etwas schief. Wir haben auf jeden Fall getan, was wir konnten. Jeder Aspekt der Operation ist abgeschottet. Bei den Fliegern zum Beispiel kennt der Jägerpilot weder die E-2 noch ihre Besatzung die beiden Einheiten sind füreinander nur Rufzeichen und Stimmen. Das Bodenpersonal weiß nicht, welche Flugzeuge beteiligt sind. Die Truppen, die wir am Boden einsetzen, erhalten ihre Instruktionen über Satellit - und wissen noch nicht einmal, woher. Und wer sie in das Land bringt, wird nicht wissen, wohin sie gehen und wer das Ganze angeordnet hat. Über alles wird nur eine Handvoll Leute informiert sein. Die Gesamtzahl der Menschen, die über Teilaspekte Bescheid wissen, beträgt knapp hundert. Geheimer geht es also nicht. Nun muß ich nur noch wissen, ob wir grünes Licht haben oder nicht. Und das ist Ihre Entscheidung, Admiral Cutter. Ich gehe übrigens davon aus«, fügte er hinzu, »daß Sie den Präsidenten umfassend unterrichtet haben.«
Cutter mußte lächeln. Selbst in Washington kam es nur selten vor, daß man zur gleichen Zeit lügen und die Wahrheit sprechen konnte. »Selbstverständlich, Mr. Ritter.«
»Schriftlich?«
»Nein.«
»Dann sage ich die Operation ab«, erklärte der Stellvertretende Direktor (Operationen) leise. »Die Verantwortung für dieses Ding lasse ich mir nicht zuschieben.«
»Bleibt es dann an mir hängen?« fragte Cutter. Zwar verriet seine Stimme keinen Zorn, aber aus seiner Miene wurde deutlich, was er empfand. Ritter flüchtete sich in das naheliegende Manöver. »Richter Moore, der CIA-Chef, verlangt eine Ermächtigung. Oder wäre es Ihnen lieber, wenn er den Präsidenten persönlich darum bäte?«
Nun saß Cutter in der Klemme. Es war immerhin seine Aufgabe, den Präsidenten abzuschirmen. Er hatte zwar versucht, diese Bürde auf Ritter und/oder Richter Moore abzuwälzen, war aber in seinem eigenen Büro ausmanövriert worden. Irgend jemand mußte für alles verantwortlich sein, Bürokratie hin und her. Trotz seines Geschicks war nun Vizeadmiral Cutter derjenige welcher. Bei seiner Marineausbildung hatte er natürlich gelernt, Verantwortung zu übernehmen, doch obwohl er Marineoffizier war und sich als solcher fühlte, auch wenn er nun die Uniform nicht mehr trug, war Verantwortung etwas, vor dem er sich seit Jahren gedrückt hatte. Im Pentagon war das kein Problem gewesen, und im Weißen Haus ging es noch leichter. Aber nun hatte er wieder den Schwarzen Peter in der Hand die Verantwortung. So
Weitere Kostenlose Bücher