06 - Der Schattenkrieg
Außenoperationen ein klassischer Fehler«, wandte Ritter lahm ein. »Das tun wir doch gar nicht. Im Grunde haben wir es mit zwei ganz verschiedenen Operationen zu tun«, versetzte Cutter. »Eine in der Luft, die andere am Boden, und sie sind voneinander unabhängig. Haben wir hier nicht die Gelegenheit, zuerst die einfachere Hälfte des Plans zu erproben, ehe wir uns auf die heikle Hälfte festlegen? Beweisen wir damit nicht den Kolumbianern, daß wir es wirklich ernst meinen?«
Verfrüht, warnte eine Stimme in Ritters Kopf dringend, doch sein Gesicht verriet Unentschlossenheit. »Oder soll ich das dem Präsidenten vorlegen?« fragte Cutter. »Wo ist er denn heute in Kalifornien?« »Eine Wahlkampfreise, auf der ich ihn mit so einer Sache eigentlich nicht belästigen möchte, aber…« Merkwürdige Situation, dachte Ritter. Er hatte Cutter unterschätzt; der Sicherheitsberater aber schien durchaus in der Lage, sich zu überschätzen. »Na schön, Sie haben gewonnen. EAGLE EYE beginnt übermorgen…«
»Und SHOWBOAT?«
»Wir brauchen noch eine Woche für die Vorbereitung der Teams. Dann vier Tage, um sie nach Panama zu schaffen, mit den Maschinen zusammenzubringen und die Kommunikationssysteme zu testen.«
Cutter griff grinsend nach seiner Kaffeetasse. Zeit für ein paar Streicheleinheiten, dachte er. »Wahrhaftig, es ist ein Vergnügen, mit einem richtigen Profi zusammenzuarbeiten. Bedenken Sie einmal die positive Seite, Bob. Wir haben zwei ganze Wochen, um jene zu verhören, die uns ins Luftnetz gehen, und unsere Teams wissen dann auch besser, wo sie gebraucht werden.« Hast doch schon längst gewonnen, du Arsch, hätte Ritter am liebsten gesagt. Mußt du es mir noch unter die Nase reiben? Was wäre wohl geschehen, wenn er Cutter gezwungen hätte, seine Karten aufzudecken? Was hätte der Präsident gesagt? Ritter war verwundbar. Lange und vernehmlich hatte er in Geheimdienstkreisen gemurrt, die CIA habe schon seit fünfzehn Jahren keine ernsthafte Außenoperation mehr durchgeführt. Dabei kam es natürlich darauf an, was man unter »ernsthaft« verstand. Nun hatte man ihm die Chance gegeben, und was in Konferenzen höchster Regierungskreise ein flotter Spruch während der Kaffeepause gewesen war. hockte nun in Gestalt eines unansehnlichen grauen Huhns auf der Stange und drohte Gott weiß was auszubrüten. Operationen dieser Art waren gefährlich. Gefährlich für die Teilnehmer, riskant für denjenigen, der den Befehl erteilt hatte, heikel für die Regierung, die sie unterstützte. Das hatte er Cutter oft genug gesagt, aber der Sicherheitsberater ließ sich wie so viele andere von dem Unternehmen blenden. Im Fach nannte man dies das Mission: Impossible-Syndrom. Selbst bei Fachleuten kam es vor, daß sie eine Fernsehserie mit der Realität verwechselten, und in der gesamten Regierung neigten die Leute dazu, nur das zu hören, was sie hören wollten, und die unangenehmen Aspekte zu ignorieren. Doch für einen Warnruf von Ritter war es nun etwas zu spät. Immerhin hatte er eine solche Mission schon seit Jahren für möglich und für eine wünschenswerte flankierende Maßnahme der Außenpolitik gehalten. Und er hatte oft genug erklärt, sein Direktorat habe nicht vergessen, wie man so etwas inszeniert. Die Tatsache, daß man Personal von Army und Air Force herangezogen hatte, war unbeachtet geblieben. Früher einmal hatte die CIA über ihre eigene Armee und Luftwaffe verfügt; und wenn diese Mission klappte, mochten diese Zeiten auch zurückkehren. Es ist im nationalen Interesse, daß die CIA über diese Mittel verfügt, dachte Ritter. Und hier bot sich vielleicht die Chance, es zuwege zu bringen. Und wenn er dazu Cutters laienhafte Allüren ertragen mußte, war der Preis nicht zu hoch.
»Nun gut, ich setze alles in Bewegung.«
»Und ich sage dem Chef Bescheid. Für wann rechnen Sie mit Resultaten?«
»Unmöglich zu sagen.«
»Aber doch hoffentlich vor der Wahl«, sagte Cutter leichthin.
»Bis dahin wird wohl etwas vorliegen.« Die Politik war natürlich auch im Spiel.
Das 1. Special Operations-Geschwader war auf dem Hurlbut Field auf der Westseite des Luftstützpunkts Eglin in Florida stationiert. Es gab nur eine Einheit dieser Art, aber jeder militärische Verband, der das Etikett »Special« trägt, ist schon von Natur aus einmalig. Das Adjektiv konnte mehrere Bedeutungen haben. Mit »Special Weapons« waren meist Nuklearwaffen gemeint; hier benutzte man das Wort, um die Gefühle jener, denen bei »nuklear«
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