06 - Der Schattenkrieg
zweihundert Meilen vor der Westküste von Florida. Vor vierzig Minuten war er vom Luftstützpunkt Eglin aus gestartet, hatte sich von einer KC-135 in der Luft betanken lassen und hatte nun genug Treibstoff für fünf Stunden vorausgesetzt, er flog gemütlich, was er auch vorhatte. Unter seinen Tragflächen hingen Zusatztreibstofftanks vom Typ FAST. Gewöhnlich waren neben ihnen auch noch Raketen montiert die F-15 kann bis zu acht tragen, aber heute abend bestand die einzige Munition an Bord aus 20-mm-Geschossen für die Maschinenkanone.
Er flog weite Ovale und hatte die Triebwerksleistung auf »minimal« zurückgenommen. Broncos dunkle, scharfe Augen suchten den Himmel unablässig nach den Positionslichtern anderer Flugzeuge ab, konnten zwischen den Sternen aber nichts ausmachen. Es war ihm ganz und gar nicht langweilig. »2-6 Alpha, hier 8-3 Quebec, hören Sie mich? Over«, kam es verzerrt aus seinem Funkgerät. Bronco drückte auf den Sprechknopf am Steuerknüppel.
»8-3 Quebec, hier 2-6 Alpha. Ich höre Sie laut und deutlich, Over.« Das Funksignal war verschlüsselt. Nur die beiden Flugzeuge benutzten den für diese Nacht festgelegten algorithmischen Code; wer mithörte, vernahm nur ein Zwitschern.
»Wir haben ein Ziel erfaßt, Richtung eins-neun-sechs, Distanz zwei-eins-null von Ihrer Position. Geschwindigkeit zwo-sechs-fünf. Over.« Der Information folgte kein Befehl. Trotz der gesicherten Radios sollte der Funkverkehr aufs Minimum beschränkt werden.
»Roger, verstanden. Out.« Captain Winters drückte den Knüppel nach links. Koordinaten und Geschwindigkeiten für den Abfangkurs kamen ihm automatisch in den Kopf. Sein Eagle ging auf Südkurs. Winters drückte die Nase etwas nach unten und steigerte die Leistung.
Es war eine zweimotorige Beechcraft, stellte Captain Winters fest, das bevorzugte Modell der Rauschgiftschmuggler. Die relativ kleine Maschine hatte vermutlich Kokain an Bord und nicht das relativ zum Wert sperrige Marihuana, und das kam Winters zupaß, denn der Mann, der seine Mutter überfallen hatte, war wahrscheinlich Kokser gewesen. Er, ging auf gleiche Höhe und setzte sich mit seiner F-15 eine halbe Meile hinter das Ziel.
Er fing nun zum achten Mal einen Drogenschmuggler ab, hatte aber zum ersten Mal Genehmigung, konkret etwas zu unternehmen. Bei früheren Gelegenheiten war es ihm noch nicht einmal gestattet gewesen, die Information an den Zoll weiterzugeben. Bronco verifizierte noch einmal den Kurs des Zieles und überprüfte seine Systeme. Das Funkgerät mit Richtcharakteristik in der stromlinienförmigen Gondel unterm Rumpf wurde vom Suchradar auf die Beechcraft ausgerichtet. Er setzte seinen ersten Funkspruch ab und schaltete die Landescheinwerfer ein, nagelte das kleine Flugzeug in der Finsternis fest. Sofort hielt die Beechcraft im Sturzflug auf die Wellenkämme zu, verfolgt vom Eagle. Bronco funkte seine zweite Warnung, bekam aber keine Antwort. Nun aktiviertes er mit dem Knopf auf dem Steuerknüppel die Bordwaffen. Seinen nächsten Ruf begleitete ein Feuerstoß aus der Kanone. Die Reaktion der Beechcraft war eine Serie abrupter Ausweichmanöver. Winters kam zu dem Schluß, daß das Ziel seine Anweisungen nicht befolgen wollte.
Nun gut. Ein normaler Pilot wäre über die Lichter erschrocken gewesen und hätte abgedreht, um eine Kollision zu vermeiden, aber ein normaler Pilot hätte sich auch nicht auf Drogenschmuggel eingelassen. Die Beechcraft steuerte auf die Wellenkämme zu, fuhr die Landeklappen aus und flog nun mit einer so geringen Geschwindigkeit, die bei der F-15 zum Strömungsabriß und zum Abschmieren geführt hätte. Dieses Manöver zwang Maschinen der Küstenwache und der DEA oft zum Abbrechen des Kontakts. Bronco aber hatte nicht den Befehl, das unidentifizierte Flugzeug zu einem Flugplatz zu eskortieren. Als die Beechcraft abdrehte und auf die mexikanische Küste zuhielt, schaltete Captain Winters die Scheinwerfer aus, erhöhte die Leistung und zischte hoch auf fünftausend Fuß. Dort flog er elegant einen Turm, ging in den Sturzflug und suchte mit Radar die Wasseroberfläche ab. Da: auf Westkurs, Geschwindigkeit 85 Knoten, nur wenige Meter überm Wasser. Der Pilot hat Mut, dachte Bronco, so gefährlich langsam und so tief zu fliegen. Winters fuhr nun selbst die Klappen aus und steuerte das Kampfflugzeug tiefer. Er überzeugte sich durch Tasten, daß der Selektor am Knüppel noch auf »Bordwaffe« stand und schaute dann aufs HeadUp-Display, brachte den Leuchtfleck ins Ziel
Weitere Kostenlose Bücher