06 - Der Schattenkrieg
Staatsanwälte beunruhigten Stuart.
»Wir konnten die Identität Ihrer Mandanten endlich bestätigen«, begann Davidoff sachlich. »Wie sich herausstellte, handelt es sich um Bürger von Kolumbien, die zusammen schon mindestens ein Dutzendmal verhaftet waren. Sagten Sie nicht, sie stammten aus Costa Rica?«
Stuart versuchte, ihn hinzuhalten. »Warum hat das so lange gedauert?«
»Kann ich auch nicht sagen. Aber das ist jetzt unwichtig. Ich setze mich für einen baldigen Verhandlungstermin ein.«
»Und das Geständnis, das von der Küstenwache vorgelegt wurde?«
»Interessiert mich nicht. Dies ist ein reiner Mordfall.«
»Das entspricht aber nicht der üblichen Prozedur«, wandte Stuart ein. »Das war vielleicht bislang der Haken. Wir wollen in diesem Fall gewissen Leuten einen Wink geben.«
»Und zu diesem Zweck wollen Sie meine Mandanten hinrichten lassen.« Das war keine Frage. »Ich weiß, daß wir über die abschreckende Wirkung der Todesstrafe unterschiedlicher Ansicht sind.« »Ich bin bereit, Ihnen für Umwandlung auf Lebenslang Geständnisse und Informationen zu bieten.« »Kommt nicht in Frage.«
»Sind Sie denn so sicher, daß Sie den Prozeß gewinnen?«
»Die Beweislage kennen Sie ja«, versetzte Davidoff. Ein Gesetz verpflichtete die Anklage, der Verteidigung Einsicht in ihre Akten zu gewähren. Umgekehrt galt die Regel indessen nicht. Auf diese Weise sollte dem Angeklagten ein fairer Prozeß garantiert werden, doch nicht alle Polizisten und Staatsanwälte waren mit der Vorschrift einverstanden. Davidoff aber hielt sich grundsätzlich an die Regeln, und das machte ihn in Stuarts Augen so gefährlich. Davidoff, ein brillanter Taktiker, hatte noch nie einen Prozeß oder eine Berufsverhandlung wegen eines Verfahrensfehlers verloren. »Wenn wir diese beiden Menschen töten, begeben wir uns auf ihre Ebene.«
»Ed, wir leben in einer Demokratie. Letztendlich entscheidet das Volk über die Gesetze, und das Volk ist für die Todesstrafe.«
»Ich werde alles tun, um das zu verhindern.«
»Sie würden mich enttäuschen, wenn Sie das nicht täten.« Das wird ein guter Senator, dachte Stuart. Fair und tolerant auch gegenüber Leuten, die im Prinzip anders denken. Kein Wunder, daß die Presse ihn liebt.
»So, und das wäre die Lage in Osteuropa in dieser Woche«, bemerkte Richter Moore. »Scheint sich zu beruhigen.«
»Jawohl, Sir«, erwiderte Ryan. »Es hat im Augenblick den Anschein.« CIA-Direktor Moore nickte und wechselte das Thema. »Waren Sie gestern bei James?«
»Ja, Sir. Er hat noch Mut, weiß aber jetzt Bescheid.« Ryan haßte diese medizinischen Statements. Schließlich war er kein Arzt.
»Ich will ihn heute abend besuchen«, sagte Ritter. »Kann ich ihm etwas mitbringen?« »Höchstens Arbeit. Er will immer noch weitermachen.«
»Er soll bekommen, was er will«, entschied Moore. Dann fuhr er fort: »Dr. Ryan, Sie leisten vorzügliche Arbeit. Was, wenn ich Sie dem Präsidenten als nächsten DDI vorschlüge ich weiß, was Sie für James empfinden; vergessen Sie nicht, daß ich viel länger mit ihm zusammengearbeitet habe als Sie und immerhin…«
»Sir, Admiral Greer ist noch nicht tot«, wandte Jack ein und bereute sofort das noch. »Er wird aber nicht durchkommen, Jack«, sagte Moore sanft. »Das tut mir sehr leid. Er ist auch mein Freund. Aber wir haben hier unserem Land zu dienen, und das ist wichtiger als Einzelpersonen, James eingeschlossen.«
Ryan nahm die Zurechtweisung äußerlich gelassen hin, fühlte sich aber getroffen der Richter hatte nämlich recht. Jack holte tief Luft und nickte.
»James sagte mir letzte Woche, daß er sich Sie als Nachfolger wünscht. Und ich finde, daß Sie das Zeug dazu haben. Was meinen Sie?«
»Was Fachkompetenz angeht, bin ich wohl der richtige Mann, aber mir fehlt noch die politische Erfahrung für dieses Amt.«
»Die erwirbt man sich nur in der Praxis. Und außerdem hat die Politik im Geheimdienst eigentlich nichts verloren.« Moore lächelte, um die Ironie dieser Erklärung zu unterstreichen. »Der Präsident mag Sie, und im Kapitol sind Sie auch beliebt. Ab sofort sind Sie kommissarischer DDI. Offiziell wird der Posten erst nach der Wahl besetzt werden, aber fürs erste haben Sie ihn auf provisorischer Basis. Sollte James genesen, wäre mir das nur recht. Es könnte Ihnen nicht schaden, weiter unter ihm zu arbeiten. Doch selbst in diesem Fall müßte er bald in Pension gehen. Keiner von uns ist unersetzlich, und James ist der Ansicht, daß Sie reif für die
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