06 - Der Schattenkrieg
Bursche, dieser Admiral Cutter.«
»Der ist längst nicht so clever, wie er meint«, schnaubte Ritter. »Und da steht er auch nicht allein.« »Ich weiß, was Sie meinen«, versetzte Moore. »Früher oder später müssen wir Ryan einweihen.« »Das mißfällt mir.«
»Sie stört doch nur, daß Ryan an zwei höchst erfolgreichen Außenoperationen beteiligt war und dabei auf Ihrem Territorium gewildert hat. Aber er hatte in beiden Fällen Ihre Unterstützung. Wäre es Ihnen denn lieber gewesen, wenn er versagt hätte? Robert, ich wünsche nicht, daß sich die Chefs meiner Direktorate auf Wettpissen einlassen wie Cutter und diese Typen vom Kongreß.«
Ritter blinzelte irritiert. »Ich habe schon immer gesagt, daß wir ihn zu rasch haben hochkommen lassen. Gewiß, er ist ein tüchtiger Mann, aber für solche Dinge fehlt ihm einfach das politische Gespür. Den Weitblick eines Mannes an der Spitze muß er sich erst noch erwerben. Er muß ja ohnehin nach Europa, um uns bei der NATO-Nachrichtendienstkonferenz zu vertreten. Da ist es doch überflüssig, ihm SHOWBOAT vor dem Abflug auf die Nase zu binden.«
Moore hätte beinahe erwidert: Admiral Greer sei nicht nur aus Gesundheitsgründen nicht eingeweiht worden. Die Präsidentenorder sah nur eine sehr kleine Gruppe von Leuten vor, die wirklich wußte, worum es bei der Anti-Drogen-Operation ging. Beim Geheimdienst war das eine alte Geschichte: Manchmal waren die Geheimhaltungsmaßnahmen so streng, daß Leute, die etwas Wichtiges beizutragen haben mochten, ausgeschlossen blieben. Es kam sogar vor, daß Männer, die für den erfolgreichen Ausgang des Unternehmens entscheidende Informationen hatten, ausgesperrt wurden. Andererseits wimmelt es in der Geschichte nur so von Beispielen für Katastrophen, ausgelöst von einer zu breiten, den Entscheidungsprozeß lähmenden Operationsbasis und unzulänglicher Geheimhaltung. Das Definieren der Grenze zwischen operativer Geheimhaltung und operativer Effizienz war notorisch die schwerste Aufgabe eines leitenden Geheimdienstmannes. Feststehende Regeln gab es nicht, das wußte Richter Moore; nur die Bedingung, daß solche Unternehmen erfolgreich zu verlaufen hatten. Ein immer wieder auftauchendes Element von Spionageromanen ist die Annahme, daß Geheimdienstchefs einen untrüglichen sechsten Sinn für das Führen von Operationen hatten. Doch wenn selbst den größten Chirurgen der Welt Kunstfehler unterliefen, wenn selbst die besten Testpiloten abstürzen konnten - oder ein Verteidiger ein Eigentor schoß, warum sollte es einem Spionagechef dann anders ergehen? Der einzige Unterschied zwischen einem Weisen und einem Narren war, daß der Weise dazu neigte, die schwereren Fehler zu machen - und nur, weil niemand geneigt war, einen Narren mit einer wichtigen Entscheidung zu betrauen; nur Weise bekamen Gelegenheit, Schlachten oder Länder zu verlieren. »Gut, Bob, Sie haben gewonnen… fürs erste.« Richter Moore runzelte die Stirn und starrte auf seinen Schreibtisch. »Wie läuft die Sache?« »Alle vier Teams sind nur noch wenige Marschstunden von ihren Beobachtungspunkten entfernt. Wenn alles nach Plan verläuft, sind sie morgen bei Tagesanbruch in Position und werden am folgenden Tag beginnen, uns Informationen zu liefern. Alle vorläufigen Hinweise, die wir brauchen, spuckte die Flugzeugbesatzung aus, die wir gestern erwischt haben. Mindestens zwei der Landestreifen, die wir überwachen, sind ‹heiß›.«
»Der Präsident will mich morgen sprechen. Es sieht so aus, als wäre das FBI auf etwas Wichtiges gestoßen. Emil ist ganz aufgeregt. Offenbar hat man eine riesige Geldwäscherei entdeckt.« »Eine Sache, die wir ausnutzen können?«
»So sieht es aus. Emil behandelt sie als streng geheim.«
»Was dem einen recht ist…«, merkte Ritter mit einem Lächeln an. »Vielleicht machen wir den Drogenbossen bald wirklich das Leben sauer.«
Eine Stunde vor Sonnenuntergang erwachte Chavez aus seiner zweiten Schlafperiode. Die Tageshöchsttemperaturen hatten knapp unter vierzig Grad gelegen, und die hohe Luftfeuchtigkeit machte aus dem Dschungel selbst im Schatten einen Backofen. Als erstes trank er einen Schluck von seinem Isogetränk, um den Flüssigkeitsverlust durch Schwitzen im Schlaf wettzumachen. Dann nahm er zwei Paracetamol-Tabletten. Die Kämpfer der leichten Infanterie leben praktisch von diesen Pillen, um die schmerzlichen Begleiterscheinungen der extremen Anstrengung zu mildern. In diesem Fall litt Chavez unter von der Hitze
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