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06 - Ein echter Snob

06 - Ein echter Snob

Titel: 06 - Ein echter Snob Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
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langsam.
    »Das muss ich unbedingt wissen«,
murmelte Lady Letitia vor sich hin. Sie ging in die Küche hinunter und braute
eine Kanne starken schwarzen Kaffee. Sie war noch von der alten Schule und
meinte, dass nur Emporkömmlinge ihre Diener mitten in der Nacht wegen
unerheblicher Aufträge weckten — allerdings klingelte auch der Prinzregent,
einem Gerücht zufolge, jede Nacht etwa vierzigmal nach seinem Kammerdiener und
wollte wissen, wie spät es sei, obwohl er eine Uhr neben seinem Bett hatte.
    Sie trug Tassen und den Kaffee nach
oben, weckte Mrs. Freemantle wieder und verlangte, dass sie mindestens zwei
Tassen trank. »Denn ich muss wissen, was du mit deiner Bemerkung über Pelham
gemeint hast.«
    Mrs. Freemantle trank benommen und
setzte sich dann auf. Sie sah wieder ganz wach und nüchtern aus. Es war eine
Epoche, in der man ungeheure Mengen trank, und Lady Letitia wußte aus
Erfahrung, dass die Nüchternheit ihrer Freundin nicht lange anhalten würde.
    »Nun, Agnes«, drängte sie, »erzähl
mir von Pelham und Jenny.«
    »Der Mann kann einen zur Weißglut
treiben«, sagte Mrs. Freemantle mit ihrer lauten Stimme, schenkte sich noch
eine Tasse Kaffee ein und trank sie in einem Zug leer. »Er kommt daher und
behauptet, dass Miss Jenny weder Geist noch Charme habe. Er sagte etwas in der
Art, dass kein Gentleman mit guten Manieren mit ihr tanzen sollte, und damit
hat er sie glatt ruiniert.«
    »Ach du meine Güte«, sagte Lady
Letitia, »was soll ich jetzt tun? Ich gestehe, dass ich die arme Jenny
beschimpft und ihr gesagt habe, dass sie ihren Mangel an Erfolg einzig und
allein ihrer Eitelkeit zuzuschreiben habe.«
    »Mach dir nicht zu viele Gedanken
deswegen«, meinte Mrs. Freemantle, und ihre alten Augen nahmen plötzlich einen
scharfen und klugen Ausdruck an. »Es war ungeheuerlich von Pelham, und ich
habe viel wiedergutgemacht, bevor der Abend zu Ende war, aber Jenny schadet
eine kleine Rüge bestimmt nicht. Ich kann mir nicht helfen, aber ich habe
natürlich gemerkt, was für verächtliche Blicke die junge Dame auf mich geworfen
hat. Sie legt viel zu viel Wert auf das Äußere der Leute. Wie kommt das nur? Du
hast sie doch großgezogen, Letitia.«
    »Ich fürchte, ich habe sie zu lange
in der Obhut einer Gouvernante gelassen, die ihr überhaupt nichts abgefordert
hat«, sagte Lady Letitia voller Reue. »Ich habe zuweilen das Gefühl, sie sollte
anspruchsvollere Dinge lernen als Italienisch, Aquarellieren und
Klavierspielen. Aber schließlich will niemand ein intelligentes Mädchen. Sie
ist immer ganz reizend gewesen und lieb und nett zu den Leuten. Vor kurzem hat
sie die Unterrichtsstunden bei ihrer Gouvernante beendet, und erst da merkte
ich, wie eitel sie geworden war.«
    »Wenn sie lernt, bescheiden zu
wirken«, sagte Mrs. Freemantle, »reicht es vollkommen aus. Du wirst sie bald
los sein. So wie sie aussieht, hat sie die Wahl.«
    »Aber ich liebe Jenny und will, dass
sie glücklich ist, und eitle Leute sind niemals glücklich.«
    »Quatsch! London ist voll eitler
Gecken, die ihren Tag regelmäßig damit beginnen, dass sie sich im Spiegel
bewundern. Sie sind so eingenommen von sich, dass sie andere Menschen nicht
einmal bemerken. Sie ist doch Mode... die Eitelkeit, meine ich. Aber erzähl dem
Kind nichts von Pelham. Es schadet ihr nichts, wenn sie denkt, dass sie selbst
an dieser Demütigung schuld ist... das heißt, wenn du vorhast, ihren Charakter
zu bessern. Heute abend gehen wir zu der musikalischen Soiree der Denbys. Dort
wird sie die Möglichkeit haben zu glänzen.«
    »Legst du immer ein solch flottes
Tempo vor, wenn du von einem gesellschaftlichen Ereignis zum nächsten eilst?«
fragte Lady Letitia.
    »Immer«, sagte Mrs. Freemantle mit
abgrundtiefem Gähnen. »Das hält mich am Leben.«
    Die kurze Feier in Nummer 67 wurde ein
paar Minuten, nachdem Jenny gegangen war, beendet. Fergus half seinem Herrn
bei der Abendtoilette und kehrte dann wieder in die Gesindestube zurück. Die
Diener saßen zusammen um den Tisch und beugten sich über einen
Zeitungsausschnitt, der, als Fergus erschien, schnell in Rainbirds Tasche
verschwand. Fergus versuchte, eine Unterhaltung in Gang zu bringen, aber sie
wollten ihn so offensichtlich los sein, dass er sich recht traurig zurückzog.
    »Jetzt«, sagte Rainbird und brachte
den Zeitungsausschnitt wieder zum Vorschein, »ist in Highgate ein Gasthaus zu
verkaufen. Es steht schon seit einiger Zeit leer; wir werden es also billig
bekommen. Man muss sicher eine Menge

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