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06 - Ein echter Snob

06 - Ein echter Snob

Titel: 06 - Ein echter Snob Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
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gehen hörten, und machten sich dann
daran, den Tag zu genießen.
    Rainbird mietete sich eine
Postkutsche, nahm die Geldkassette mit ihrem gemeinsamen Geld und brach,
begleitet von Dave, nach Highgate auf. Es war ein so schöner und strahlender
Tag, dass Rainbird wünschte, sie hätten sich eine offene Kutsche leisten
können, statt in der muffigen, stickigen Mietkutsche eingesperrt zu sein.
    Das Gasthaus mit dem Namen >Holly
Bush< lag an der Straße, die nach Norden aus dem Dorf Highgate hinausführte.
Es gehörte, neben anderen heruntergekommenen Besitzungen, einem gewissen
Squire James, der im Dorf wohnte. Er war ein grober, liederlich gekleideter
Mann, der erkennen ließ, sie persönlich herumführen zu wollen, wobei er
beteuerte, dass das Anwesen leicht doppelt so viel wert sei. Aber Rainbird
sagte fest entschlossen, sie würden die Sache besser alleine beurteilen können
und bald zurückkommen, um ihn ihre Entscheidung wissen zu lassen. Nachdem sie
die Mietkutsche zurückgeschickt hatten, gingen sie zu Fuß zum >Holly
Bush<. Es war ein strohgedecktes Gasthaus aus der Tudorzeit. Zu Rainbirds
Überraschung war das Dach in gutem Zustand und keine einzige Fensterscheibe
zerbrochen. Aber im Inneren war die Schankstube ein einziges schmuddeliges,
abstoßendes Durcheinander. Sie sah aus, als hätte es am letzten Abend eine
gewaltige Rauferei gegeben und kein Mensch hätte sich die Mühe gemacht
aufzuräumen. Im ersten Stock waren vier Schlafzimmer, auf der Rückseite ein unkrautübersäter
Garten mit einem schlammigen Teich, der mit Schilf überwachsen war. Doch
stellte Rainbird erstaunt fest, dass die Bausubstanz in Ordnung war und die
Böden gut und fest. Den Teich konnte man säubern und im Garten Tische und
Stühle aufstellen. Abgesehen davon, dass man es gründlich putzen und scheuern musste,
war bemerkenswert wenig zu tun, um das Gasthaus wieder betreiben zu können.
    Hocherfreut machten sich Rainbird
und Dave auf den Rückweg zum Squire. Squire James roch deutlich nach eben
genossenem Brandy, als sie hereinkamen. Rainbird begann auf der Stelle mit
langem und feierlichem Gesicht, das Gasthaus herunterzumachen und über seinen
schlechten Zustand zu klagen. Der Squire protestierte wütend und forderte sie
auf zu gehen. Rainbird brummte vor sich hin, hüstelte und räusperte sich dann
und sagte, er würde es sich überlegen, das Gasthaus zu kaufen, wenn der Squire
Hartgeld nehmen und auf die Formalitäten, die sonst die Anwälte erledigten,
verzichten würde, da die Anwälte eine nutzlose und teure Gesellschaft seien —
eine Ansicht, der der Squire von ganzem Herzen zustimmte.
    Rainbird und der Squire setzten sich
hin, und es folgte eine Stunde harten Feilschens, bis Rainbird schließlich
dadurch eine Entscheidung herbeiführte, dass er die Beutel mit den Goldstücken
aus der Geldkassette holte und sie auf den Tisch schüttete. Als er sah, wie die
Augen des Squires beim Anblick des Goldes gierig aufleuchteten, war Rainbird
froh, dass er sämtliche Banknoten in Guineen umgetauscht hatte. Papiergeld
erweckte nie dieselbe Gier in Menschen wie der Anblick von Gold. Und so
verkaufte der Squire das Gasthaus bereitwillig für eine geringere Summe, als er
zunächst gefordert hatte. Die Papiere und Dokumente und sämtliche
Ersatzschlüssel wechselten den Besitzer.
    Rainbird machte sich leichten
Herzens auf den Weg. Tief unter ihnen lag London im sanften goldenen Dunst wie
eine Märchenstadt in einem Traum.
    »Ein gutes Geschäft, Dave«, sagte
Rainbird fröhlich, »und wir haben immer noch Geld in der Tasche. Komm, mein
Junge, wir wollen irgendwo, wo es schön ist, essen und trinken.«
    Sie einigten sich auf ein Wirtshaus
mit dem Namen >Grenadier<, dem sie bald Konkurrenz machen würden, und
aßen im Wirtsgarten im kühlen Schatten einer Kastanie kaltes Roastbeef und
tranken ein Bier dazu.
    »Werden Sie die Gäste unterhalten,
Mr. Rainbird?« fragte Dave sehnsüchtig.
    »Nein, ich werde ein würdevoller
Wirt sein, so wie er im Buch steht.« Rainbird sprang auf und stolzierte auf und
ab, wobei er so tat, als trüge er einen gewaltigen Fettwanst vor sich her.
    Dave jauchzte vor Lachen. »Es ist
niemand außer uns im Garten, Mr. Rainbird. Führen Sie mir ein paar von Ihren Kunststücken
vor«, bat er.
    Rainbird zuckte mit den Achseln und
lächelte. Er nahm aus einer Schüssel auf dem Tisch einige Walnüsse und begann
damit zu jonglieren. »Kannst du dir den Herzog von Pelham so vorstellen?«
Rainbird lachte. Er fixierte Dave

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