Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
06 - Ein echter Snob

06 - Ein echter Snob

Titel: 06 - Ein echter Snob Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Chesney
Vom Netzwerk:
Geschäftsbuch.
    Mr. Isaacs kam mit gezierten
Schritten herein. »Wo sind die Bücher, Palmer?«
    »Ich bring' ihn um«, murmelte der
Herzog.
    »Pst!« machte Lady Bellisle.
    »0 edelster Herzog von Pelham, ich
habe sie hier«, sagte Rainbird, hielt ihm ein Buch hin und versteckte das
andere hinter dem Rücken.
    »Er darf nicht herausfinden, dass es
zweierlei Geschäftsbücher gibt, eine Ausfertigung für mich und eine für Seine
Gnaden«, sagte Rainbird zum Publikum gewendet.
    Die Zuschauer fingen an, unruhig zu
werden. Die Darbietung war nicht besonders komisch.
    Aber dann verlangte der Herzog auf
der Bühne die Bücher von neuem, und Rainbird begann mit ihnen, einem Tintenfass,
einem Lineal und einem Sandstreuer zu jonglieren. Mr. Isaacs hatte sein ganzes
Leben damit verbracht zu improvisieren. Er versuchte, Rainbird zu fangen,
während dieser hin- und herrannte und dabei mit sämtlichen Gegenständen
jonglierte, während die Zuschauer vor Begeisterung zu stampfen und zu
applaudieren begannen.
    Der kurze Sketch war schnell vorbei.
Rainbird verbeugte sich vor dem Publikum, wandte sich dann zur Seite und
verbeugte sich mit Bedacht vor der Loge, in der der Herzog saß.
    Dann wandte er sich wieder dem
Publikum zu und erfreute es mit einer höchst vergnüglichen Darstellung der
Neuigkeiten des Tages, von denen die meisten recht ehrenrührig waren.
    Der Herzog von Pelham saß wie
erstarrt da, während sein überaus vielseitiger Butler hinter der Kolombine her
war, sich mit Pantalone duellierte, jonglierte und zauberte, Kapriolen
vollführte und tanzte.
    »Oh, bravo!« rief Lady Bellisle am
Schluß. »Bravo!« brüllte das Publikum.
    »Sie müssen mich diesem wunderbaren
Butler vorstellen«, sagte Lady Bellisle. »Was für ein Mann!«
    »Mylady, es ist spät. Ich werde mir
den Scharlatan vorknöpfen, wenn er nach Hause kommt. Zuerst bringe ich Sie
aber heim.«
    »Seien Sie doch nicht so verbohrt,
Pelham«, sagte Lady Bellisle. »Der Mann ist ein Genie. Geben Sie es zu! Sogar
Sie hat er zum Lachen gebracht, als er den Husar spielte. Aber es war ein übler
Scherz von ihm, Ihren Namen auf der Bühne zu benutzen. Haben Sie denn einen
Palmer, der die Bücher führt?«
    »Ja. Und je eher ich ihn sehe, desto
besser!«
    Der Herzog fuhr Lady Bellisle nach
Hause, lehnte jedoch ihre Einladung zum Tee ab. »Seien Sie nicht zu streng zu
Ihrem Butler«, ermahnte sie ihn. »Er ist kein Leibeigener, darüber müssen Sie
sich im klaren sein. Nach dem heutigen Abend bezweifle ich ohnehin, dass er je
wieder als Diener arbeitet.«
    »Rainbird bekümmert mich gar nicht
mehr«, sagte der Herzog. »Er hat versucht, mir mitzuteilen, dass Palmer die
Bücher fälscht. Aber warum er es für nötig hält, das auf der Bühne
darzustellen, statt mich, wann immer er will, in meinem eigenen Salon
aufzusuchen, das weiß der Himmel.«
    Als Lady Bellisle ins Haus gegangen
war, schlug er den Weg in die Clarges Street ein, aber noch bevor er bei seinem
Haus ankam, überlegte er es sich anders. Er fuhr in den Stall und befahl einem
Pferdeknecht, die Pferde trockenzureiben und die Kutsche abzustellen. Dann
steckte er sich eine Pistole in die Tasche und ging durch die heißen, dunklen
nächtlichen Straßen nach Holborn. Von Westen ertönte weit entfernt das leise
Grollen eines drohenden Gewitters.
    Zu ihrer Freude stellte Jenny fest, dass Mary Maddox
ebenfalls bei dem Schildkröten-Dinner anwesend war. Sie hatte allerdings
zunächst keine Möglichkeit, mit ihr zu sprechen, weil das Dinner fünf Stunden
dauerte. Aber sie saß neben Mr. Toby Parry und tat ihr Bestes, ihn zu
unterhalten. Sie ermutigte ihn, über Mary Maddox zu sprechen, und war am Ende
des Dinners recht erfreut, als sie merkte, dass sie — abgesehen von zwei
Anlässen — die ganze Zeit nicht an ihr Aussehen gedacht hatte.
    Als sie sich mit den anderen Damen
in den Salon zurückgezogen hatte, setzte sie sich zu Mary Maddox, während ihre
Tante die Glückwünsche zu ihrer Verlobung entgegennahm. Zu Jennys Überraschung
sah Mary sehr niedergeschlagen aus und beantwortete alle ihre Fragen recht
einsilbig.
    Jenny wollte aufgeben und weggehen,
um sich angenehmere Gesellschaft zu suchen, doch sie beschloss, die neue Jenny
müsse durchhalten und versuchen herauszufinden, was Mary Maddox bekümmerte.
    »Ich glaube«, sagte sie
entschlossen, »dass zwischen uns Offenheit herrschen sollte, wenn wir
Freundinnen sein wollen. Ich muss dich deshalb fragen, Mary, warum du so
traurig bist und mich so

Weitere Kostenlose Bücher