06 - Geheimagent Lennet unter Verdacht
ganze Sache ablehnen. »Haben Sie die Absicht, mich für diese Arbeit zu bezahlen?«
»Mein liebes Kind!« rief Pouffiaud empört, »Sie arbeiten doch für Frankreich.«
Wenn er mir kein Geld anbietet, muß er es ehrlich meinen, dachte Therese. Dann fragte sie: »Und wenn ich es ablehne?«
»Diese Entscheidung liegt ganz bei Ihnen", antwortete der Kommissar, aber seine gelben Augen wurden hart. »Wir werden keinerlei Druck auf Sie ausüben. Nur werden wir selbstverständlich entsprechende Maßnahmen ergreifen und dem Chef des Verbindungsstabes für Wehrwissenschaft eine Sekretärin geben, die geneigt ist, mit uns zusammenzuarbeiten.«
Diese Drohung war deutlich genug. Therese konnte ihre Stellung verlieren und ihre Heirat müßte wieder verschoben werden.
Zum Kommissar sagte sie: »Ich bin bereit, meine Pflicht zu erfüllen.«
Die Anweisungen für sie waren schnell gegeben:
»Jedesmal, wenn der General Sie ein Schriftstück, das mit streng geheim bezeichnet ist, schreiben läßt und das mit der Rakete Galaxis im Zusammenhang steht, schreiben Sie einen zusätzlichen Durchschlag, den Sie für sich behalten. Dann rufen Sie die Nummer ALE 9419 an. Es wird sich ein Mann melden, der Ihre Mitteilung entgegennimmt. Ihm werden Sie sagen: ,Hier spricht Josephine.'"
»Josephine?«
»Ja. Alle Leute, die für uns arbeiten, haben einen Decknamen.
Das ist im Interesse ihrer eigenen Sicherheit notwendig. Für gewöhnlich sind es die Namen berühmter Persönlichkeiten. Sie werden also die Kaiserin Josephine sein. Ich wiederhole. Sie sagen ihm: ,Hier spricht Josephine. Ich möchte mit Monsieur Pouffiaud sprechen.' Der Mann am anderen Ende wird Ihnen antworten: ,Pouffiaud ist nicht da. Können Sie später noch einmal anrufen?' Dann sagen Sie: ,Um drei Uhr rufe ich wieder an.' Dann legen Sie auf. Drei Stunden später, ganz gleich, welche Tageszeit es auch sein mag, finden Sie sich vor dem Zeitungsstand der U-Bahnstation Latour-Maubourg ein. Dort kaufen Sie die Zeitung Le Figaro, in die Sie den Durchschlag des Schriftstücks legen. Ich werde dicht an Ihnen vorbeigehen, und Sie lassen die Zeitung fallen. Ich hebe sie auf, und Sie sagen zu mir: ,Ich habe sie schon gelesen. Sie können sie behalten.' Sollten Sie mich um weitere Anweisungen bitten wollen, tun Sie so, als ob Sie mich wiedererkennen: ,Nein, was für ein Zufall!
Guten Tag, Monsieur.' Dann werden wir gemeinsam die U-Bahnstation verlassen. Sie dürfen mich auf keinen Fall und zu keinem Zeitpunkt im Polizeipräsidium aufsuchen.«
»Und wenn der General mir auf die Spur kommt? Wenn ich nicht mehr die Zeit habe, Sie anzurufen und drei Stunden zu warten?«
Pouffiaud zögerte einige Augenblicke.
»Na gut", sagte er schließlich, »in einem solchen Fall dürfen Sie mich in meinem Büro aufsuchen, aber nur in äußerster Not.
Ist das klar?«
»Es ist klar", antwortete Therese. Von diesem Augenblick an befolgte sie auf das genaueste die Anweisungen der D.T. S.
Der Regen trommelte noch immer auf das Dach des kleinen Wagens herab, und der Polizeibeamte ging noch immer auf dem Bürgersteig hin und her, wobei er die beiden jungen Leute mit neugierigen Blicken streifte.
»Nun?« fragte Therese, nachdem sie ihren Bericht beendet hatten. »Was halten Sie von der Sache? Was hat sie zu bedeuten?«
Jetzt war sie sich über den ungeheuerlichen Fehler, den sie begangen hatte, im klaren. Es war dem verängstigten Ausdruck ihrer Augen anzusehen. Auch dem Tonfall ihrer Stimme war es anzuhören, die gar nicht mehr anmaßend klang.
»Armes Mädchen", antwortete ihr Lennet schonungslos, »das alles bedeutet nichts anderes, als daß Sie für Spione einer ausländischen Macht gearbeitet haben. Sie, die persönliche Sekretärin des Chefs des Verbindungsstabs für Wehr-
Wissenschaft!«
»Aber", verteidigte sich das junge Mädchen, »dieser Kommissar ist doch im Polizeipräsidium mit mir zusammengetroffen.«
»Ja, aber nur auf einem Gang. Wahrscheinlich hat er niemals auch nur einen Fuß in das Büro des echten Kommissars Poffiaud gesetzt.«
»Aber das Schreiben mit dem offiziellen Briefkopf, das ich erhalten habe?«
»Sie wissen ebensogut wie ich, daß es nicht schwierig ist, sich Papier mit entsprechendem Briefkopf zu verschaffen.«
»Das Schreiben war auch mit einem Stempel der D.T.S., Direktion für Territoriale Sicherheit, versehen.«
»Auch Stempel lassen sich nachmachen. Wie oft haben Sie Nachrichten an Ihren Verbindungsmann weitergegeben?«
»Viermal... Nein,
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