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06 - Weihnacht

06 - Weihnacht

Titel: 06 - Weihnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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nicht ein, in ihren Halbkreis einzudringen; er kroch vielmehr außerhalb desselben hin, um die andere Seite zu erreichen, auf welche vielleicht weniger Aufmerksamkeit verwendet wurde. Eben war er dort angekommen, als mein lauter Hilferuf erscholl und die Szene augenblicklich in eine vollständig andere verwandelte.
    Wie Winnetou mir später sagte, hatte er im ersten Moment die Absicht gehabt, durch die Schar der Roten zu brechen und in das Wasser zu springen, um mir in gerader Linie zu Hilfe zu kommen, dies aber schon in der nächsten Sekunde für unklug gehalten, denn die Roten hatten sich blitzschnell auf ihre Pferde geworfen und sie in den Fluß getrieben, um auf diese Weise schnell, aber auch trocken an das andere Ufer zu kommen. Bei einer solchen Menge von Gegnern war durch Gewalt nichts zu erreichen. Er schnellte also am Ufer hinauf bis dahin, wo sein Pferd stand, band es los und ritt hinüber auf die Seite unsers Lagers. Das Geschrei der Indsmen, die nur uns drei und nicht auch Winnetou fanden, sagte ihm sehr deutlich, wo sie waren und wie weit er sich ihnen nähern durfte. Dort ließ er sein Pferd stehen und kroch weiter. Man zündete das Feuer an und hatte nur acht auf uns, nicht aber nach der Seite, wo der Apatsche sich befand. Das war ein geradezu unverzeihlicher Fehler, den der Häuptling der Blutindianer beging. Er hatte uns ja fest und mußte nun vor allen Dingen seine ganze Sorge auf die Ergreifung des Apatschen richten.
    Dieser sah mich zwar bewegungslos liegen, bemerkte aber kein Blut. Dann entging es seinen scharfen Augen nicht, daß ich die meinigen für kurze Zeit öffnete. Das beruhigte ihn. Mich jetzt zu befreien, war unmöglich; er mußte zunächst sich selbst in Sicherheit bringen, um später für unsere Rettung tätig sein zu können. Dazu brauchte er sein Gewehr; er sah es mit meinen beiden liegen, was ein höchst willkommener Umstand für ihn war, denn im Besitze dieser drei Gewehre konnte er sich gegen eine ganze Schar von Feinden verteidigen, gar nicht gerechnet den Vorteil, daß sie nicht in die Hände der Blutindianer fielen. Auch war meine Befreiung später viel leichter, wenn meine Gewehre, auf welche ich nie verzichtet hätte, sich schon in Sicherheit befanden.
    Er sah auch meinen Hengst und fragte sich, ob er ihn mitnehmen solle, entschied sich aber doch dafür, ihn hier zu lassen, was ich an seiner Stelle ebenso gemacht hätte. Er durfte mit der Ausführung seines Vorhabens nicht zögern, benutzte den geeigneten Augenblick dazu und sah, wie wir wissen, seine Kühnheit mit dem besten Erfolge belohnt. Es machten zwar einige Rote den Versuch, ihm nachzureiten, kamen aber sehr bald zurück. Die Finsternis der Nacht machte die Verfolgung unmöglich, und selbst wenn es heller Tag gewesen wäre, hätte es niemand fertiggebracht, den windesschnellen Iltschi einzuholen. Winnetou war also glücklich entkommen, und ich durfte überzeugt sein, daß er von jetzt an an nichts anderes als an unsere Befreiung denken werde. Auch wenn dies nicht so gewesen wäre, sondern er sich auch als Gefangener bei uns befunden hätte, wäre es mir nicht eingefallen, bange um uns zu sein. Wir waren so oft gefangen gewesen und immer glücklich entkommen, und es lag kein einziger Grund vor, annehmen zu müssen, daß uns in dem jetzigen Falle unsere Befreiung nicht gelingen werde. Wir brauchten nur Zeit zu gewinnen, denn Zeit bringt Rat und Gelegenheit. Unsere Lage war nur dann schlimm, wenn Peteh auf den für uns gefährlichen Gedanken kam, mit uns kurzen Prozeß zu machen. So etwas war aber nicht zu befürchten, denn Gefangene der Art, wie ich einer war, bringt man nicht unterwegs um, sondern schleppt sie mit heim, um den ganzen Stamm des Schauspiels, sie am Marterpfahle sterben zu sehen, teilhaftig werden zu lassen. Dazu kam, daß die Blutindianer beabsichtigten, mit den Krähen zusammenzutreffen, und da verstand es sich ja ganz von selbst, daß sie uns mitnehmen würden, um mit Old Shatterhand als ihrem Gefangenen prunken zu können. Ich war sogar überzeugt, daß sie uns nicht nur nicht töten, sondern uns sogar, wenigstens in Beziehung auf unser leibliches Wohlbefinden, schonend behandeln würden, um ihren Triumph nicht beeinträchtigt zu sehen. Es ist ein größerer Ruhm, gesunde und kräftige Feinde besiegt zu haben, als in den Besitz eines abgematteten, kranken Gegners gekommen zu sein. Es gab also für uns zunächst gar keine Veranlassung, den Mut, der uns so notwendig war, sinken zu lassen.
    Peteh sprach

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