Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
06 - Weihnacht

06 - Weihnacht

Titel: 06 - Weihnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
beschrieben oder vielmehr zu beschreiben versucht, welches so ein Krafthieb hinterläßt; ich bitte also, auch zu schlagen, aber gefälligst nicht mit dem Kolben, sondern diese Stelle nachzuschlagen! Da lobe ich mir meinen Jagdhieb mit der Hand! Er erreicht ganz denselben Zweck ohne das belästigende Gefühl hinterher, als sei der Kopf ein gewaltiger, mit hunderttausend gefühlvollen Nerven angefüllter Kessel, an welchem fünfzig Kupferschmiede die Nieten verhämmern.
    Daß ich in diesem Zustande alles um mich her mit leidlicher Deutlichkeit zu erkennen vermochte, wäre fast ein Wunder zu nennen, wenn ich nicht so dicke Schädelknochen und ein so ungewöhnlich starkes Haar besäße. Aber geordnet zu denken, das wurde mir schwer, und um die Ohren summte es so arg, daß ich zwar den Siegesruf des Apatschen und das Wutgeheul der Roten hören, jedoch hierauf noch längere Zeit, als wieder verhältnismäßige Ruhe eingetreten war, den Sinn dessen, was gesprochen wurde, nicht erfassen konnte. Ich hielt es für das beste, die Augen wieder zu schließen und so zu tun, als ob ich noch in Ohnmacht liege. Nach und nach brachte ich die einzelnen Worte auseinander, und dann dauerte es auch nicht lange, bis ich mit einiger Anstrengung die Bedeutung der einzelnen Sätze begriff. Sie war keineswegs beruhigend für uns!
    Die Blutindianer waren doch mit Corner und seiner Sippe zusammengetroffen und hatten sie ohne Kampf gefangengenommen. Teils um sich an uns zu rächen, teils auch um die Indianer durch diese für sie wichtige Mitteilung vielleicht milder zu stimmen, hatten die Weißen ihnen gesagt, daß sie uns fangen könnten, wenn sie sich beeilten, unserer Spur zu folgen. Die Roten waren selbstverständlich mit Entzücken darauf eingegangen.
    Wir kannten Peteh, den gegen Weißen stets unerbitterlichen Häuptling der Blutindianer, als einen höchst schlauen Patron, gegen dessen List schon mancher sonst pfiffige Westmann nicht hatte aufkommen können. Er bewährte seine Verschlagenheit auch in dem vorliegenden Fall. Indem ich mit zugemachten Augen dalag, hörte ich ihn mit den Roten, welche mir gegenüber neben ihm saßen, in triumphierendem Tone den ganzen Vorgang noch einmal durchsprechen. Das eine Augenlid ein wenig hebend, betrachtete ich ihn.
    Er machte gleich beim ersten Blick, den man auf ihn warf, den Eindruck großer physischer Stärke. Er trug ein vollständiges Ledergewand, doch verrieten die eng anliegenden Teile desselben eine Muskulatur, welche einem professionellen Preisringer Ehre gemacht hätte. Ob er aber die entsprechende Gewandtheit besaß, das glaubte ich bezweifeln zu müssen. Der Ausdruck seines Gesichtes war mit den beiden Worten grausam-listig vollständig gekennzeichnet. Von seinen Waffen fiel mir der Tomahawk besonders auf. Er war von ausgezeichneter indianischer Arbeit und steckte, damit man ihn ja sehen möge, neben dem mit Skalpen reich geschmückten Futterale, statt daß er in demselben stak. Die Fransen seines Anzuges bestanden aus vierfach nebeneinanderliegenden, in Zöpfe geflochtenen Menschenhaaren. Sein Schopf war mit Skalpen geschmückt; seine Brust hing voller Skalpe; aus lauter Skalpen bestand sein Gürtel; auf seinen Schultern und Achseln waren Skalpe gleich Epauletten angebracht, und um die Unterschenkel schlossen sich Skalpe in Form von Gamaschen. Alle diese Skalpe waren jedenfalls von ihm selbst erbeutet, und man sah es ihm auch an, daß sein größter Stolz in diesem Schmucke bestand. Wie anders präsentierte sich da mein Winnetou, gegen den dieser Blutindianer eine Fratze war! Und ganz so, wie er aussah, klangen auch die Ausdrücke, in denen er von unserer Überlistung sprach.
    Der arglistige Rote hatte angenommen, wir seien überzeugt, daß Corner uns folgen werde und wir also keine Unvorsichtigkeit begehen würden. Durch diese Erwägung war er auf den Gedanken gekommen, unsere Vorsicht durch eine scheinbare Unvorsichtigkeit zuschanden zu machen. Er hatte den besten Reiter seiner Truppe mit dem Auftrage, uns zu beobachten, vorausgeschickt. Da unser Ritt durch Carpios Ungeschick verlangsamt wurde, war es diesem Indianer gelungen, uns zu überholen. Er war erst auf unserer Fährte, und dann, als er uns von weitem erblickte, parallel mit dieser geritten, und zwar in solcher Entfernung von uns, daß wir ihn nicht sehen konnten. Am Fleischwasser angekommen, war er, weil nun der Tag vorüber war, überzeugt gewesen, daß wir da lagern würden, und hatte seine Vorkehrungen getroffen, uns

Weitere Kostenlose Bücher