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06 - Weihnacht

06 - Weihnacht

Titel: 06 - Weihnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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falls er dich ja überwinden sollte. Ich hatte aber unsere Hütte noch nicht erreicht, so kamen diese entsetzlichen Menschen und schleppten mich fort. Ich durfte nicht um Hilfe rufen. Mein Onkel behandelt mich am härtesten; ich mag nichts mehr von ihm wissen. Ich habe mich schon gefragt, ob er wirklich mein Verwandter ist. Wenn er es wäre, müßte er doch ganz anders sein! Sollte da nicht vielleicht auch eine Verwechslung vorliegen? Es gibt zerstreute Pfarrherren genug, welche nicht aufpassen, wenn sie Einträge in die Kirchenbücher machen. Es sollte mich gar nicht wundern, wenn ich auch hier das Opfer einer Konfusion wäre; ich bin das ja gewöhnt! Übrigens habe ich es auch deiner Zerstreutheit zu verdanken, daß ich vom Lager der Kikatsa fortgeschleppt worden bin.“
    „Wieso?“ fragte ich, ohne ihm mein Erstaunen über diese Behauptung merken zu lassen.
    „Ich brauchte den Revolver gar nicht zu holen, denn ich hatte ja einen in der Tasche; es war der deinige.“
    „Ist das möglich?!“
    „Ja! Als du früh von der Versammlung kamst, bandest du uns wieder los. Unsere Waffen lagen dort. Du stecktest deine zwei Revolver ein. Wir saßen so nahe aneinander, daß unsere Seitentaschen sich wahrscheinlich berührt haben; da ist einer von den Revolvern in meine Tasche gekommen. Hätte ich das gewußt, so wäre ich am Kampfplatz geblieben. Du siehst also, daß ich durch deine Schuld in die Hände dieser Menschenschinder geraten bin. Du bist ja immer zu Verwechslungen geneigt gewesen. Das soll aber ja kein Vorwurf sein, denn ich möchte dich um alles in der Welt nicht betrüben! Jetzt bin ich vom Essen müde geworden. Darf ich schlafen?“
    Ich machte ihm ein möglichst bequemes Lager und sorgte dann, als er eingeschlafen war, dafür, daß er weder durch die Kälte noch einen andern Umstand aufgeweckt wurde. Der liebe Kerl war wirklich überzeugt, daß ich ihm meinen, anstatt er sich seinen Revolver in die Tasche gesteckt hatte! Er schlief, ohne einmal aufzuwachen, in einer Tour bis in die Mitte des Nachmittages. Da kam Rost. Er war von Winnetou geschickt worden, um mich abzulösen, falls ich nach dem Finding-hole gehen wolle. Ich tat dies natürlich. Als ich oben ankam, bot sich mir ein Anblick, der mich überrascht hätte, wenn ich nicht durch Rost darauf aufmerksam gemacht worden wäre. Der Apatsche und Arnos Sannel saßen am Finding-hole, und Corner, Eggly und Sheppard waren emsig beschäftigt, das Wasser aus dem Loche zu entfernen. Da kein Gefäß vorhanden war, geschah das mit Hilfe ihrer Decken, welche eingetaucht und, sobald sie sich vollgesogen hatten, ausgewrungen wurden. Man durfte sie um diese Arbeit, zu der sie natürlich nur durch Zwang getrieben wurden, nicht beneiden, denn das Wasser war hier oben dem Gefrierpunkt nahe. Winnetou empfing mich, ohne ein Wort zu sagen, mit jenem leisen Lächeln, welches bei ihm die Stelle lauter Fröhlichkeit vertrat. Auch der alte Sannel schmunzelte mir lustig zu. Er hatte sein Gewehr in der Hand und half durch kräftige Kolbenstöße nach, wenn die Arbeit einmal nicht so schnell, wie es gewünscht wurde, vonstatten ging.
    Was für Gesichter ich von den drei Wasserschöpfern zu sehen bekam, kann man sich denken! Sie waren von kochender Wut erfüllt, wagten aber kein lautes Wort zu sagen, weil der Kolben Sannels sie darüber belehrt hatte, daß jeder Ausbruch ihrer Gefühle eine sehr schmerzliche Erwiderung nach sich ziehe. Darum geschah die Arbeit mit einer stillen Geschäftigkeit, über welche wir uns nur freuen konnten. Auf der andern Seite des Holes beaufsichtigte der Schoschone den alten Lachner, welcher zu meinem heimlichen Vergnügen gezwungen worden war, sich auch mit an dem lobenswerten Werke zu beteiligen. Er schöpfte mit seinem großen Hute und tat das mit einem Eifer, aus welchem wohl mit Recht zu schließen war, daß der Indianer ein ganz bedeutendes Talent zur Anfeuerung unlustiger Arbeiter besaß. Diese Strafe hatte der Alte vollauf verdient.
    Das Loch war tief und weit, und obgleich acht Hände mit solcher Unermüdlichkeit beschäftigt waren, sank der Rand des Wassers doch nur langsam tiefer. Winnetou versicherte, daß es zweier Tage bedürfe, um auf den Grund zu kommen. Wenn man das Niveau nicht mehr mit den Händen erreichen konnte, mußten die Decken an Riemen hinabgelassen werden, was selbstredend eine Verzögerung mit sich brachte.
    Gegen Abend kehrte Teeh mit seinen Schoschonen zurück und meldete, daß die Bleichgesichter sofort weitergeritten

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