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06 - Weihnacht

06 - Weihnacht

Titel: 06 - Weihnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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seien, wodurch wir uns aber nicht von ihnen täuschen ließen. Dann kam die Zeit, mit der Arbeit aufzuhören. Die Indianer trugen die Waffen der Gefangenen, denen die Augen verbunden wurden. Von je einem Indsman geführt, mußten sie uns nach dem Lager folgen, was allerdings sehr langsam vor sich ging. Im Felsenkessel angekommen, bekamen sie zu essen und durften sich dann gefesselt schlafen legen, ohne daß ihnen die Binden von den Augen genommen worden waren. Sie sollten nicht sehen, wo sie sich befanden. Während der Nacht wurde natürlich bei ihnen gewacht.
    Genau so, wie sie heut herabgeführt worden waren, wurden sie am andern Morgen wieder hinaufgeschafft, um ihre Arbeit wieder aufzunehmen. Das Wetter hatte sich geändert. Es wehte ein scharfkalter Wind, der pfeifend um die Felsenkanten strich. Winnetou wurde sehr ernst. Um die Mittagszeit rief er Teeh zu sich und sagte:
    „Die Pferde müssen fort, alle, doch erst morgen früh. Jetzt aber mag mein Bruder mit noch einem Krieger nach dem Pa-ware reiten, um nachzusehen, wieviel Proviant es enthält, falls wir uns dorthin zu retten haben.“
    Der Kundschafter entfernte sich gehorsam, ohne ein Wort zu sagen, und nahm einen Schoschonen mit.
    Unsere unfreiwilligen Arbeiter froren heut so, daß sie doppelt fleißig waren, um sich wenigstens einigermaßen zu erwärmen. Gegen Abend wiederholte sich der gestrige Marsch nach dem Lager. In der Nacht kam Teeh zurück und meldete, daß sich fünf Personen einen Monat halten könnten, länger aber nicht, falls sich ihnen nicht Gelegenheit biete, selbst auch Fleisch zu machen; er habe aber die Fährte eines großen Bären gesehen; da sei also wahrscheinlich auch anderes Wild vorhanden, welches sich hier oben verspätet habe.
    „So mag mein roter Bruder bis zum Morgen ausruhen und dann mit den Pferden fortreiten, um mit ihnen in sechs Tagen wieder hier zu sein, wenn der Winter nicht inzwischen kommt. Bricht er aber während dieser Zeit herein, so wartet Avaht-Niah, bis der Schnee festgeworden ist, und schickt euch dann mit Schneeschuhen, um uns abzuholen!“
    Ich hätte Carpio gern mitgeschickt; er war aber zu schwach zu diesem Ritte und wäre auch durch nichts zu bewegen gewesen, uns zu verlassen. Früh verließen uns die Schoschonen mit allen vorhandenen Pferden, für welche es auch Zeit war, weil es nichts mehr zu fressen für sie gab. Wir waren nun also mit den vier Gefangenen allein, und es kam auf jeden von ihnen einer von uns, da Carpio nicht gerechnet werden und uns in keiner Beziehung förderlich sein konnte.
    Heute wurden wir mit dem Wasser fertig; wir gelangten auf den Grund des Hole, der anscheinend aus steinigem Geröll bestand, welches, mit Schlick verbunden, eine dickbreiige Masse bildete. Um diese Masse heraus zu bekommen, wurden unsere freundlichen Arbeiter abwechselnd hinuntergelassen; eine zerschnittene Decke bildete das Transportmittel. Wir sahen der ersten Probe mit außerordentlicher Spannung entgegen, nur Winnetou nicht. Sie sah aus wie mit körnigem Gestein vermischter Schlamm, war aber sehr schwer. Während Winnetou beim Hole blieb, trugen wir sie nach dem Wasser, um den Schlamm wegzuwaschen. Als dies geschehen war, blieb das reine Gold zurück, Stücke von Hirsen- bis zur Größe von Lombertusnüssen. Ich freute mich sehr darüber, blieb aber ruhig dabei. Anders war es mit Sannel und besonders mit Rost. Dieser letztere geriet in eine solche Aufregung, daß ich Mühe hatte, ihn wenigstens zum Schweigen zu bringen. Die Arbeiter durften den Wert des Fundes ja gar nicht so genau kennen lernen.
    Sie glaubten, die eigentliche Goldschicht liege tiefer und der Schlamm führe jetzt nur zuweilen eine kleine Probe. Wir ließen sie dabei und schütteten alles in das Bachbette vorwärts des Loches. Sie arbeiteten jetzt mit fast freiwilligem Eifer; das Goldfieber hatte sie ergriffen. So bekamen wir bis zum Abend eine ziemliche Menge Schlick heraus und gingen sehr befriedigt nach dem Lager, ohne daß sie von dieser Befriedigung etwas bemerkten.
    Es hatte den ganzen Tag leise, aber anhaltend geschneit; das Gebirge sah weiß aus, so weit wir blicken konnten. Am nächsten Morgen gab es keine einzige Flocke; aber tief unten lag es wie eine dichte, undurchdringliche Decke aus weißer Watte ausgebreitet.
    „Uff!“ sagte Winnetou. „Das ist der Winter! Da unten schneit es, daß man kaum die Augen öffnen kann! Wir müssen uns beeilen, sonst können wir das Pa-ware nicht mehr erreichen!“
    Das Goldfieber wirkte heut

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