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Baby Jon, der kleine Schatz, gab keinen Mucks von sich. Vielleicht brauchte Nick eine Umarmung? Vielleicht - oh Gott, bitte nicht - wollte er einen Annäherungsversuch starten? Vielleicht ging er tatsächlich nur mit Jessica aus, weil er mich nicht haben konnte! Oh, mein Gott! Schlimmer konnte es ja nicht mehr kommen! Sollte ich 7i
ihn einfach gewähren lassen? Oder ihm eine knallen? Oder ihn umbringen und Jessica sagen, er sei von einem Bus überfahren worden?
Ich drehte mich zu ihm um. „Nick, hör zu, ich glaube nicht, dass du jetzt. ."
Ich hielt inne, als ich etwas Kaltes, Hartes unter meinem Kinn spürte.
Seine neun Millimeter Sig Sauer. (Man kannte sich aus, wenn die eigene Mutter eine Waffennärrin war.)
„Du gehst gar nicht mit Jessica aus, um an mich heranzukommen, oder?", brachte ich heraus, schockiert, dass es ihm gelungen war, seine Polizeiwaffe zu ziehen und mir unters Kinn zu drücken, ohne dass ich es hatte kommen sehen. Ich konnte mich nicht bewegen, geschweige denn, die Waffe wegschlagen. Noch schockierter war ich, als ich den Ausdruck in seinen Augen sah: die pure Wut.
„Betsy. Ich mag dich sehr. Mochte dich schon immer, selbst vor deinem Tod.
Aber wenn du Jessica an diesem Zeug sterben lässt, schieße ich dir ins Gesicht. Ich ballere die ganze Ladung zwischen deine hübschen grünen Augen. Auch wenn ich nicht viel über Vampire weiß, würde ich doch wetten, dass es nicht leicht sein wird, ein Gehirn nachwachsen zu lassen - so weit vorhanden."
Mir klappte die Kinnlade herunter. Trotzdem ließ er die Waffe nicht sinken.
„Du . . du weißt Bescheid?" Wenn Jessica mit der neuen Chemo fertig war, würde ich sie umbringen! „Und was soll das denn bitte schön heißen: so weit vorhanden?"
„Natürlich weiß ich Bescheid", sagte er ungeduldig. „Seitdem der Taxifahrer seine Aussage gemacht hat - du erinnerst dich vielleicht? Er sprach von einer wunderschönen blonden Frau, die Vampire verjagt und sein Auto mit zwei Fingern angehoben hat."
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„Aber ... aber ... aber ..."
„Warum ich nichts gesagt habe? Weil ihr euch alle so viel Mühe gegeben habt, es vor mir geheim zu halten. Wenn Jessica gewollt hätte, dass ich es weiß, hätte sie es mir gesagt. Und mir machte es nichts aus zu warten. Dann hat sie
. . diese Krankheit bekommen. Und jetzt ist Schluss mit der Warterei. Also, nur für den Fall, dass wir uns nicht richtig verstanden haben: Wenn du nichts unternimmst, wirst du den Tag bereuen, an dem du mich kennengelernt hast."
„Das tue ich jetzt schon", gurgelte ich, weil er den Lauf der Pistole ziemlich fest an mein Kinn presste. „Und ich habe sie längst gefragt, ob ich sie wandeln könnte."
„Also, worauf wartest du noch, verdammte Scheiße? Dass sie sich zu Tode kotzt wie Karen Carpenter? Oder dass sie sich noch elender fühlt? Dass es ihr die Kehle zerreißt? Dass die Chemo noch mehr gesunde Zellen killt?"
„Auaaaa!", beschwerte ich mich, weil er mir die Sig mit aller Kraft unter mein Kinn bohrte. „Ich warte auf gar nichts, Detective Durchgeknallt. Sie hat Nein gesagt. Punkt."
„Na und? Du bist stärker und schneller als wir. Du kannst Gedanken manipulieren. Und Erinnerungen löschen .. "
Eigentlich sollte ich total sauer sein. Stattdessen war ich peinlich berührt und mir zog sich das Herz in der Brust zusammen. Er klang bitter, so bitter . .
Er beugte sich vor und starrte mir in die Augen. Meine waren, das wusste ich, weit aufgerissen. Seine waren zu blau funkelnden Schlitzen zusammengekniffen. „Weißt du, dass ich dachte, ich würde verrückt werden?
Monatelang habe ich von dir geträumt. Davon, dass du mich beißt und dass ich es ... mag. Es brauche."
„Ich hatte keine Ahnung", sagte ich schwach. „Ich war neugeboren. Ich bin immer noch ein sehr junger Vampir. Ich wusste nicht, was ich dir antat. Ich hätte alles dafür gegeben, um es
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wieder in Ordnung zu bringen, aber ich wusste nicht, wie. Ein älterer Vampir hat es dann für mich übernommen."
„Ich weiß, wer es war", sagte er. „Von ihm träume ich auch. Ich träume, dass ich dem manipulatorischen Schwein, das es gewagt hat, in meinem Kopf herumzupfuschen, sein verdammtes Gehirn wegblase. Dass ich ihn in Brand stecke. Ich habe Angst, nachts die Augen zu schließen."
„Nick, es tut mir ..."
„Weißt du, wer mir geholfen hat? Deine beste Freundin. Die, die gerade jetzt damit beschäftigt ist, zu sterben. Dein Höllenhund von einem Liebhaber hat sich um mich gekümmert und jetzt wirst du
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