06
schwarz verschwamm, konnte ich ihre Energie, ihre Kraft spüren, und ich packte sie wie ein dickes Kind, das nach Kuchen grapscht. Und genau wie ein dickes Kind zerknüllte ich mit meinen dicken mentalen Fingern ihre foliendünne Haut und meine dicken mentalen Augen glänzten beim Anblick der bröckelnden, dampfenden Kruste.
„Grmpf", hörte ich sie grunzen. Sie ließ mich los und warf verwirrt ihren Kopf hin und her. Etwas hielt sie fest im Griff und wollte sie nicht freigeben. Ich rollte mich zur Seite, um zu sehen, wer das war.
Niemand war zu sehen. Aber das war nicht schlimm, denn allein ihr Anblick gab mir Kraft. Die schwarzen Blumen verschwanden und ich konnte wieder sehen. Ihre Glieder zuckten, während das dicke verfressene Kind in mir in ihr herumstocherte und nach der Marmeladenfüllung suchte.
Lecker, lecker, Blutkuchen.
Ohne sie zu berühren, begann ich zu trinken.
Sie schrie auf und fiel auf die Knie.
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Es gibt niemand anderen, begriff ich jetzt, als das Blut durch mein System rauschte. Nur die Königin. Die Königin der verdammten Vampire. Ihre Königin.
Und ihre Königin verlangt von ihr gottverdammten Gehorsam. Sie hat etwas, ich brauche es, also ist es mein.
Mein!
Das liebe Kind, das Kuchen liebte, war verschwunden. Ich schnitt sie mit der Kraft meines Geistes auf, griff nach ihrem Innersten und nahm alles, was sie hatte, in mich auf. Ihr Kostüm fiel in sich zusammen - erst kam das Blut, dann die verkümmerten Muskeln, dann die vertrocknete Haut in kleinen Stücken und schließlich Milliarden Knochensplitter.
Als ich fertig war, lag zu meinen Füßen das Kostüm einer Bibliothekarin, ihre hässlichen Schuhe und ungefähr zwanzig Gramm Staub. Ich fühlte mich fantastisch.
Tatsächlich hatte ich mich nie besser gefühlt.
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Kraft schoss durch mich hindurch und ich schrie. Eigentlich schrie ich weniger, ich brüllte. Ich fühlte, wie Energie meine Wirbelsäule wie ein Wasserfall herunterströmte. Das Gefühl war so intensiv, dass es fast schwerer zu ertragen war als die Schläge. Ich torkelte fort von Marjories Überresten und fiel fast in Sinclairs Sarg. Ich packte ihn und goss ein wenig von meiner neuen Kraft in ihn hinein. Ich hatte keine Wahl, entweder wurde ich sie los oder ich würde platzen.
Selbst als er sich schließlich bewegte, jünger und stärker wurde und sich aufsetzte, hatte ich noch nicht genug abgegeben. Ich würde immer noch platzen.
Ich stolperte weg von Sinclair, trat Marjories Sachen (und wahrscheinlich auch ein wenig von Marjorie selbst, das arme Ding) aus dem Weg, griff durch das Gitter hindurch nach Antonia und goss auch in sie meine Kraft.
Ich war mir nicht ganz sicher, was ich eigentlich tat, und war dennoch nicht erschrocken, als Antonia wieder schrie und sich ihr Schrei schließlich in ein Heulen verwandelte. Sie fiel auf alle viere, dunkelbraunes Fell begann zu sprießen und dann heulte ein wütender Werwolf gen Decke und zerrte mit den Zähnen an den Gitterstäben.
Das ist nicht fair!, dachte ich. Das darfst du nicht. Pfuscher!
„Elizabeth!" Jemand schüttelte mich. „Elizabeth! Was auch immer du tust, hör damit auf. Es ist zu viel.. "
Verschwommen sah ich, wie Antonia, der Wolf, die Gitterstäbe zerbiss, und ich fragte mich, woraus Werwolfzähne gemacht
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waren. Titan? In null Komma nichts hatte sie ein großes Loch in das Gitter gerissen und sich hindurchgewunden. Dann nahm sie sich mit verzweifelter Entschlossenheit den anderen Sarg vor. Die Rosenkränze flogen zur Seite und sie begann an den Ketten zu zerren.
Langsam kam ich wieder zur Besinnung und versuchte ihr zu helfen. Nun ja
. . mit versuchen meine ich, dass ich den Sargdeckel aufschlug, als gäbe es keine Ketten, meine Hände hineinstreckte und alles, was ich hatte, in das verschrumpelte Ding, das darin lag, hineingoss.
Einige Sekunden später setzte sich Garrett auf und schaute sich um.
„Wow, ich fühle mich großartig! Äh, was zum Teufel ist gerade passiert?", fragte er und hörte sich so gar nicht nach Garrett an.
Derjenige, der mich eben geschüttelt hatte, musste dann wohl Sinclair gewesen sein, oder? Klar, ich konnte ihn jetzt auch sehen. Es war Sinclair.
He, er sieht gut aus! Ich habe ihn gesund gemacht. Das ist schön. Wenn ich jetzt nur noch etwas gegen diese Kraft in meinem Inneren tun könnte, die mich zu zerreißen drohte ..
„Elizabeth!" Seine Augen waren weit vor Ehrfurcht und Angst. „Elizabeth, was tust du?"
Und ich verbrannte immer noch, ich
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