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060 - Jenseits der Dämmerung

060 - Jenseits der Dämmerung

Titel: 060 - Jenseits der Dämmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Kern
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konntest nicht wissen, dass du einen Fehler begehst.« Aruula hielt den Kopf gesenkt, und Matt begriff, dass sie nicht beleidigt, sondern beschämt war. »Niemand hat dir gesagt, dass man in dieser Stadt kein Ungeziefer erschlagen darf. Niemand hat dich vor diesem Fehler gewarnt, aber ich… ich hätte dich warnen können, wenn ich gelauscht hätte… Doch ich kann nicht mehr lauschen. Ich lasse uns beide im Stich.«
    Matt hörte die Tränen in ihrer Stimme und setzte sich neben sie. »Du lässt niemanden im Stich«, sagte er sanft. »Ich war nur zu dumm zu fragen.«
    Sie sah ihn nicht an, als er fortfuhr. »Ich hätte nur den Wirt fragen müssen, weshalb die ganze Stadt voller Kakerlaken ist, und er hätte mir bestimmt eine vernünftige Antwort gegeben. Es war meine eigene Schuld, also mach du dir keine Vorwürfe.«
    »Aber wenn ich gelauscht hätte…«
    »Du hättest nicht gelauscht«, unterbrach Matt sie. »Es gab überhaupt keinen Grund dafür. Mit oder ohne Lauschen wären wir in dem Schlammloch gelandet, da bin ich mir vollkommen sicher.«
    Aruula schwieg. Er legte seinen Arm um ihre Schulter und wartete ruhig ab. Ihm war klar, dass sie in jeder Situation darüber nachdachte, ob sie mit ihrer verlorenen Fähigkeit anders hätte bewältigt werden können, aber Telepathie war nie das Allheilmittel gewesen, als das sie es jetzt darstellte. Er musste sie einfach davon überzeugen, dass sie ohne diese Fähigkeit nicht hilflos geworden war.
    Nach einer Weile spürte er, wie Aruulas Körper unter ihm zu zittern begann. Im ersten Moment glaubte er, sie würde weinen, doch dann erkannte er, dass sie ein Lachen unterdrückte.
    »Was is t denn so komisch?«, fragte er überrascht.
    »Dein Gesichtsausdruck, als du mit dem Stuhl umgefallen bist und die ganzen Männer dich angeschrien haben.« Aruula verstellte ihre Stimme, um den Dialekt der Portlander nachzumachen. »Er hat eine Crooch getötet! Tut doch was!« Zum ersten Mal sah sie ihn an und lachte. »Du sahst aus wie ein Kamauler beim Blitzschlag.«
    Matt verschränkte die Arme vor der Brust. »Und was glaubst du, wie du ausgesehen hast, als dir der Schlamm aus der Nase lief? Aber lache ich dich aus?«
    »Du bist eben wie dieser Sir Wal… was auch immer.« Aruula legte den Kopf gegen seine Schulter und schmiegte sich an ihn. Zumindest für den Moment schien sie ihre Niedergeschlagenheit und ihre Schuldgefühle überwunden zu haben. Matt hoffte, dass sich diese Stimmung eine Weile hielt.
    »Und jetzt«, sagte er, »sollten wir darüber nachdenken, wie wir Aiko und die Gleiter wiederfinden und unsere Geschichte so erzählen, dass wir gut dabei wegkommen.«
    »Das«, antwortete eine dunkle Stimme hinter ihm, »halte ich für schwierig.«
    ***
    Aiko war hungrig und gelangweilt. Er saß auf der Haube seines Lastgleiters und sah den Kakerlaken bei ihren Wanderungen durch den Schlamm zu. Es war bereits einundzwanzig Uhr sechsundfünfzig, aber von Matt und Aruula war immer noch nichts zu sehen.
    Vielleicht spricht sie sich endlich aus, dachte er. Das würde ihr gut tun.
    Seine Gedanken kreisten immer noch öfter um Aruula, als er sich selbst eingestand. Natürlich war er nicht in sie verliebt, das war ihm vollkommen klar, auch wenn er manchmal nachts aufwachte und ihr schlafendes Gesicht im Schein des Lagerfeuers betrachtete. Er war nur mit Aruula befreundet, so wie er mit Matt befreundet war… vielleicht nicht auf die exakt gleiche Art, aber auf eine ähnliche, wenn auch…
    Aiko sprang von der Haube in den Schlamm, als seine Gedanken aus der Bahn zu geraten drohten. Die Schatten der Häuser fielen bereits lang über die Straßen, und er vermutete, dass die kurze, weniger als zwei Stunden dauernde Nacht bald einsetzte. Bis zur Dämmerung wollte er warten, bevor er etwas unternahm. Nur was das genau sein sollte, war Aiko noch unklar, denn die offenen und vollgepackten Gleiter konnte er nicht unbewacht hier zurücklassen.
    Wenn es so weit ist, entschied er, fällt mir schon was ein.
    Er drehte sich um, als er Schritte im Schlamm hörte, und sah eine ältere Frau neben der Scheune auftauchen. Sie trug einen dunklen Umhang und hatte einen langen Gehstock in der Hand.
    »Die Scheune gehört mir«, sagte sie übergangslos.
    Aiko hob die Schultern. »Ich habe nichts Gegenteiliges behauptet.«
    »Gut.« Die alte Frau kam näher. »Der Boden rund um die Scheune gehört auch mir.«
    Aha, dachte Aiko, jetzt kommen wir der Sache schon näher.
    »Du meinst der Boden, auf dem die beiden

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