060 - Trip in die Unterwelt
Knebel drehte sich mit einem kreischenden Laut. Der Ring sprang auf und fiel zu Boden. Einer der Stacheln der Kettenglieder riss eine lange Schramme in Angelas Arm.
»Ich bringe dich von hier weg, Mädchen. Tut mir Leid um deinen Traum«, sagte ich und spannte meine Muskeln an.
Ein schleimiger Krakenarm berührte mich am Hals.
Ich bückte mich und hob Angela auf die Arme.
»Ausgezeichnet!«, rief Coco. »Schnell zum Boot! Die Bestie hat den Köder bemerkt.«
Angela war leichter, als ich gedacht hatte. Ich stolperte und tappte zwischen Unrat, Kristallresten, Knochen, Steinen und Schädeln, die wie Kugeln herumrollten, auf das Boot zu. Angela wehrte sich schwach; einmal rammte sie mir einen Ellbogen gegen die Nase, so dass ich vor Schmerz aufschrie.
Coco war dicht hinter mir und half uns ins Boot.
Ich nahm mir eine Sekunde Zeit, um mich umzusehen. Der gewaltige Kalmar schwamm genau zwischen den Willenlosen und dem Boot hindurch. Die großen Augen starrten auf den Köder, während dicker Schleim die Öffnungen des bleichen Körpers verließ. Drei Fangarme pendelten über dem präparierten Lamm.
Ich ließ Angela auf die Bank fallen und riss Coco ins Boot. Dann stieß ich mit einem wuchtigen Fußtritt vom Ufer ab, packte die Riemen und tauchte sie ins Wasser. Langsam drehte ich das Boot mit der Spitze in die Richtung der Treppe, die ich dunkel im Hintergrund erkannte. Der Kalmar schwamm vorbei. Für uns stellten seine Arme im Augenblick keine Bedrohung dar. Er streichelte und liebkoste den Kadaver des Lammes.
»Halten Sie das Mädchen fest!«, rief ich plötzlich.
Coco sprang auf. Das Boot begann gefährlich zu schaukeln. Noch drei Meter waren es bis zum Ufer. Ich spannte die Muskeln an und zog die Riemen durch.
Coco und Angela, die auf die Insel zurückwollte, kämpften schweigend miteinander. Als das Boot knirschend auf dem Sand auflief, schleuderte der Ruck beide Frauen zur rechten Seite.
Ich sprang ins Wasser, das nur knöcheltief war, packte den Körper Angelas und riss sie hoch.
»Hinaus!«, rief Coco.
Wir stolperten auf die Granitplatten zu. Ich hatte in der linken Hand ein Ruder und zog es hinter mir her; vielleicht brauchte ich es noch als Waffe.
Coco war schneller und sprang die Stufen zu Dorian Hunter hinauf, der schwankend etwa in der Mitte der Treppe stand und uns verständnislos entgegenstarrte. Noch immer hatte er sich nicht ganz erholt.
Ich erreichte, die junge Frau und das Ruder hinter mir herzerrend, die unterste Stufe und blieb stehen.
»Arnold! Du hast mich ihm weggenommen! Er wartet auf mich. Ich will ihn haben!«, stöhnte Angela. Ihre Augen leuchteten nicht mehr so stark, aber sie befand sich noch immer im Rausch.
»Ich schlage dich tot«, knurrte ich, »wenn du Schwierigkeiten machst. Ich habe dir eben das Leben gerettet.«
Der Kalmar hatte seinen Rundgang beendet.
»Sieh genau hin, Angela!«, sagte ich hart und zog sie eine Stufe höher. »Dein schöner Geliebter stirbt.«
Das Untier schob sich höher und höher. Die drei Tentakel zerrten an dem Köder. Die Saugnäpfe schlossen und öffneten sich schmatzend. Der Rachen mit den schräg hervorstehenden gelben Zähnen öffnete sich gierig, während das Ungeheuer halb watend, halb schwimmend auf die Insel kam und den Köder hochhob.
Die Willenlosen stimmten ein grässliches Geschrei an.
»Bringen Sie Dorian nach oben, Coco!«, rief ich. »Wenn Ihr Köder wirkt, sind wir alle in Gefahr.«
»Sie haben Recht.«
Sie zog und zerrte Dorian, und es gelang ihr, Hunter langsam Stufe um Stufe höher zu ziehen.
Ich ließ das Ruder los, packte die Arme der wütend um sich schlagenden Angela, hob sie hoch und kämpfte mich nach oben.
Die Tentakel zerrissen den Köder. Die großen Brocken wanderten in den Schlund des Tieres. Die mächtigen Kiefer schlossen und öffneten sich. Angela würde jetzt schon tot sein.
Es dauerte keine fünf Minuten, bis der Köder verschlungen war. Der Kalmar kauerte auf der kleinen Insel. Seine Tentakel bewegten sich träge und befriedigt, seine Augen schlossen und öffneten sich.
Wir näherten uns immer mehr dem Spalt in der Wand des Nuraghen.
»Ihr Gift scheint nicht zu wirken, Coco!«, rief ich.
Ich sah uns schon durch die Macchia flüchten, verfolgt von den Willenlosen, der Übermacht hoffnungslos unterlegen und ausgeliefert.
»Warten Sie's ab, Arnold! Es wirkt nicht sofort bei einem so großen und alten Organismus.«
»Hoffentlich haben Sie Recht.«
»Sie hat immer Recht. Es geht um mehr!«, rief
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