0601 - Druiden-Seelen
denn es war kaum vorstellbar, daß sich nach gut tausend Jahren noch irgendwo ein versprengter Ewiger zeigte, der aus irgendwelchen Gründen damals nicht mit den anderen seiner Art aus dem Universum verschwunden war.
Wenn aber die Ewigen wieder da waren, konnte das bedeuten, daß die MÄCHTIGEN von ihnen zurückgeschlagen worden waren.
Oder daß ein Machtkampf beider Parteien entbrannt war, bei dem es um den Silbermond ging!
Immerhin, mit den Ewigen ließ sich eher auskommen als mit den MÄCHTIGEN und ihrem Hilfsvolk, den schattenhaften Meeghs. Die waren nur auf Töten aus. Mit den Ewigen, so wurde behauptet, konnte man sich durchaus arrangieren, wenn man sich ihrer Herrschaft fügte.
Doch andererseits gab es kaum Lebewesen im Universum, die freiheitsliebender waren als die Druiden vom Silbermond.
Sie lehnten jegliche Art von Herrschaft ab und wollten nur sich selbst gegenüber verantwortlich sein. Selbst wenn es gemeinsame Aktionen gab, wurde darüber abgestimmt, so daß von Anfang an jeder wußte, was zu tun war und kein Einzelner den anderen Befehle gab.
So war es für Vali auch unbegreiflich, daß man diese beiden Wesen - den Ewigen und die Goldhaarige -einfach töten wollte.
Als sie zu der Gruppe stieß, hätte man Vali wenigstens nach ihrem Einverständnis fragen müssen. Statt dessen war sie für ihren irrtümlichen Nadlerschuß gelobt worden, und alle gingen davon aus, daß sie nichts dagegen einzuwenden hatte, daß man die Fremden töten wollte.
Was sollte sie nur tun?
Ihre Magie war so gut wie erschöpft. Es würde ihr nicht gelingen, den Ewigen aufzuwecken. Und die Goldhaarige erst recht nicht, denn die war im Kälteschock erstarrt.
Jemand mußte helfen.
Aber wer?
Andere Druiden? Was, wenn diese ebenso unbegreiflich reagierten? Wenn sie alle sich geistig verändert hatten?
Blieben die Fremden.
Aber vor einer Begegnung mit den Echsenwesen schauerte Vali.
Sie fühlte sich hilflos. Sie brauchte jemanden, mit dem sie über all das reden konnte. Jemanden, der ihr einen Rat gab.
Sie stand völlig allein gegen eine feindliche, unverständlich gewordene Welt! Und über diese Welt, die so ganz anders war als noch vor kurzem, wußte sie praktisch nichts!
Sie mußte Wissen sammeln, mußte in Erfahrung bringen, was geschehen war.
Und wieder stellte sich das Problem, wen sie dazu befragen sollte.
In diesem Moment blinzelte der Ewige…
Onaro und Lis Bernardin unterhielten sich. Es war vielleicht nur eine einzige Geste, ein kurzes Blinzeln gewesen, was den Bann gebrochen hatte, Onaro wußte es nicht. Er hatte jedenfalls keine Magie benutzt, um das Mädchen für sich einzunehmen. Nur zu Anfang, als er seinen Worten einen beruhigenden Unterton einverleibte, aber danach nicht mehr.
Irgend etwas hatte dafür gesorgt, daß sie plötzlich Vertrauen zu ihm faßte.
So kamen sie ins Gespräch. Sie saßen am Ufer eines kleinen Flusses, sahen das Spiel der Wellen im Sonnenlicht, und für ein paar Minuten war die Bedrohung vergessen, die über ihnen schwebte.
So tauschten sie ihr Wissen aus.
Und Onaro erfuhr, wieviel Zeit vergangen war, wieviel sich verändert hatte.
Lis Bernardin entstammte dem kleinen Dorf an der Loire, unterhalb des Château Montagne. Schloßherr Zamorra war sehr oft unten im Dorf, plauderte in der Gaststätte mit den Leuten.
Hin und wieder kam es zu spontanen Feiern, intensive Freundschaften wurden gepflegt.
Es gab sehr viel, worüber Zamorra zu berichten wußte.
Ereignisse in fremden Welten und längst vergangenen Zeiten.
So wußte man im Dorf über viele seiner haarsträubenden Abenteuer.
Auch die Silbermond-Geschichte war bekannt. Lis konnte, ohne selbst beteiligt gewesen zu sein, dem Druiden wenigstens einen groben Überblick dessen verschaffen, was sich in den letzten Jahren zugetragen hatte.
Merlins Zeitparadox, die sich auflösende Welt der Sauroiden, ihre Auswanderung auf den Silbermond, der aus der Vergangenheit gerettet worden war… Über das alles wußte Lis Bescheid.
»Aber ein paar Dinge verstehe ich nicht«, murmelte Onaro nachdenklich. »Nämlich erstens, warum wir Druiden jetzt plötzlich wieder körperlich existent sind, obgleich unsere Körper doch aufgelöst wurden. Und zweitens, warum die anderen so aggressiv sind. Das paßt nicht zu uns. Wenn unsere Rückkehr aus dem Totenreich…« Er stockte, sah das Mädchen an.
Lis Bernardin war zusammengezuckt, nickte dann aber.
»Ich glaube nicht, daß ihr so etwas wie Zombies seid«, erwiderte sie leise. »Wie auch
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