0601 - Druiden-Seelen
Haus befand.
Das Haus befand sich in einem Konflikt. Auf der einen Seite war da die bedingungslose Loyalität zu Gevatter Tod, der es aus der Totenstarre erweckt und einige Jahre lang bewohnt hatte, auf der anderen Seite aber die Erinnerung an den einstigen Bewohner. Und das Haus verspürte wohl auch den unterschwelligen Wunsch, er möge nicht einfach wieder so verschwinden.
YeCairn stutzte.
Das Haus wünschte?
Es entwickelte ein eigenes Gefühlsleben?
Das war ebenso ungewöhnlich wie die anderen Dinge, die sich plötzlich auf dem Silbermond abspielten!
Er intensivierte seinen Kontakt und versuchte, das Haus zu beruhigen, gleichzeitig aber auch mehr über den Besucher herauszufinden. Er erfuhr seinen Namen: Onaro. Doch woher Onaro gekommen war, wie er den Silbermond trotz der Abschottung vom Rest des Multiversums erreicht hatte, das wußte das Organhaus nicht.
Onaro war einfach zur Tür hereingekommen.
Danach hatte er sich umgesehen, selbst Kontakt mit dem Haus aufgenommen und es auch nach seinem jetzigen Bewohner ausgefragt. Dann aber war noch etwas geschehen.
Für einen Moment hatte sich ein Tor gebildet. Eine Art Durchdringung zweier Welten, und als es wieder verschwand, hatte ein kleiner Koffer im Zimmer gestanden, den der Druide mit sich genommen hatte, als er das Haus wieder verließ.
Gevatter Tod forschte weiter nach, aber mehr Informationen konnte er dem Organhaus nicht entlocken. Es besaß keine Intelligenz, mit der es sich hätte Gedanken machen können. Es konnte nur reflektieren, was sich abgespielt hatte, es war eben nur ein Beobachter. So erfuhr YeCairn nicht, was er eigentlich herauszufinden hoffte, wie nämlich Druide und Koffer hierher gekommen waren.
Und warum in sein Haus?
Sein Haus!
Er ertappte sich dabei, Besitzansprüche zu hegen. Dabei hatte er immer geglaubt, über solche Dinge erhaben zu sein.
Schon damals, als er Männer zu Elitesoldaten ausbildete, war er anspruchslos gewesen. Es war ihm egal gewesen, daß sein Zelt nicht ihm gehörte, sondern dem Herrscher über Reich und Kriegerheere. Als er sich vom Kriegshandwerk abwandte und zum Denker und Heiler wurde, hatte er ebenso anspruchslos gelebt. Nichts gehörte einer Person wirklich, alles war nur äußerlich und angenommen.
Jetzt jedoch hatte er endlich ein Zuhause gefunden. Er fühlte sich wohl, hatte sich an die vertraute Umgebung gewöhnt. Er wollte sie nicht wieder abgeben müssen an den Vorbesitzer.
»Du denkst unsinnig, Gevatter«, brummte er im Selbstgespräch! »Erstens hat Onaro die älteren Rechte, und zweitens gibt es auf dieser Welt genug Möglichkeiten, eine Bleibe zu finden. Zur Not züchte ich mir aus einem Ableger ein eigenes Organhaus. Sie vermehren sich ja ebenso, wie sie hin und wieder absterben.«
Aber er begriff jetzt, was die Sauroiden bewegte.
Vielleicht wußten sie es selbst nicht einmal. Doch das hier war der Grund dafür, daß die Priester der Kälte beschlossen hatten, die zurückgekehrten Druiden aufzuspüren und zu vernichten!
Die Echsen hatten niemals eine wirkliche Heimat besessen.
Ihre Welt war immer vom Zerfall bedroht gewesen. Solange sie dort existierten, hatten sie stets damit rechnen müssen, daß bald alles sein absolutes, endgültiges, unwiderrufliches Ende fand, wenn sich der letzte Quadratmeter festen Bodens ebenfalls in Nichts auflöste.
Ins wirkliche Nichts, in die totale Nicht-Existenz.
Und das wäre dann logischerweise ebenfalls das Ende des letzten Sauroiden gewesen.
Deshalb hatten sie alles erduldet für einen Funken Hoffnung.
Deshalb hatten die Kälte-Priester alles daran gesetzt, Tore zu anderen Welten zu schaffen, um fliehen zu können.
Und dann - war ihnen rechtzeitig der Silbermond angeboten worden!
Hier hatten sie eine neue Heimat gefunden!
Eine Heimat, die sich nicht einfach auflösen würde!
Sicher gab es die Gefahr, daß die Traumwelt einmal erlöschte und der Silbermond ins normale Universum zurückfiel. Es bestand auch die Gefahr, daß die Zeitverschiebung rückgängig gemacht wurde.
Aber selbst dann würde der Silbermond nicht aufhören zu existieren. Und ganz gleich, welches Unheil über den Rest des Universums hereinbrach, die Sauroiden würden auf dem Silbermond weiterleben können. Vielleicht mußten sie sich dann gegen Invasoren zur Wehr setzen, gegen Dämonen oder andere Kreaturen. Aber sie würden ihre Heimat verteidigen!
Eine richtige Heimat!
Jetzt fürchteten sie, daß die Druiden ihnen die neugewonnene Heimat fortnehmen würden. Sie
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