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0603 - Die Pestklaue von Wien

0603 - Die Pestklaue von Wien

Titel: 0603 - Die Pestklaue von Wien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Malteser zu einem Gespräch, aber nie hatte das Böse Einzug gehalten so wie jetzt.
    Der Mann hatte sich in den hintersten Winkel verzogen, hockte am Boden wie ein Zwerg, zusammengekrümmt, den Blick nur leicht erhoben und sah vor sich ein gewaltiges Gebilde, das sich zu einer Riesenhand entwickelt hatte.
    Angefangen hatte es vor ungefähr zehn Minuten. Der Prior war damit beschäftigt gewesen, in einem alten Buch zu blättern, das restauriert werden sollte, als es klopfte.
    Wer diese Tür fand, der mußte sich schon sehr gut auskennen, also rechnete der Prior damit, daß einer seiner Brüder Einlaß begehrte. Er öffnete und hatte den Schreck seines Lebens bekommen.
    Eine Hand hatte geklopft!
    Nur eine Hand, ohne Arm, ohne Körper. Eine Hand aus Stein.
    Der Prior stand unbeweglich. Er hatte nicht gewußt, was er machen sollte, aber die Hand wußte es. Sie hatte sich trotz ihrer Starre blitzschnell zu einer Faust geballt und ihn getroffen.
    Sein Magen schien in die Luft geflogen zu sein, als ihn der Hammer erwischte, und der Schlag ihn quer durch den Raum bis gegen die Wand getrieben hatte, wo er zusammengesackt war.
    Der Prior war älter als sechzig, gehörte nicht mehr zu den Jüngsten, das machte sich auch körperlich bemerkbar. Auch ein anderer hätte den Treffer nicht so leicht weggesteckt, und so hatte er zu kämpfen, hockte auf dem Boden, überwand die Schmerzen und sah mit an, was mit der Hand geschehen war.
    Die Steinklaue war gewachsen.
    Zunächst war sie zu Boden geglitten und hatte sich auf den Stumpf gestellt.
    Dann war sie größer geworden, hatte sich gedehnt und gestreckt.
    Ein Krachen und Knacken war an seine Ohren gedrungen, unangenehme Geräusche, und der Prior hatte gehofft, daß die Spannung so groß werden würde, um die Klaue zu brechen.
    Ein Irrtum, denn die Klaue war so groß geworden, daß sie den oberen Rand der Tür erreichte.
    Ein unheimlicher Vorgang, den sich der Prior nicht erklären konnte. Obwohl er sie genau kannte, konnte er nicht vermeiden, daß sein Blick immer wieder an dieser riesigen Steinklaue entlangglitt, denn er wollte jedes Detail aufnehmen.
    Die Hand besaß einen weißgrauen Farbton. Aber auf der Innenseite waren an der Fläche und den Fingern Falten und Linien zu sehen, was ihr wiederum das Aussehen einer gewissen Normalität gab.
    Der Prior wußte nicht, was er davon halten sollte. Er durchlebte furchtbare Minuten, und er rechnete sogar damit, irgendwann in den Tod zu rutschen.
    Weshalb war sie erschienen?
    Die Wirkung des Schlages hatte nachgelassen. Zwar fühlte er sich nicht normal, aber es ging ihm wieder besser, und er brauchte sich nicht unbedingt auf die Schmerzen in seinem Leib zu konzentrieren.
    Noch rührte sich die Hand nicht, das jedoch änderte sich. Ein Zittern durchlief den Stein. Zunächst glaubte er, daß die Klaue sich selbst sprengen würde, dies wiederum geschah nicht. Über die Innenfläche, vielleicht auch innerhalb des Gesteins entstand eine schemenhafte, nebelartige Bewegung.
    Der Prior konnte sich durch allein körperliche Kraft nicht gegen dieses Monstrum wehren. Mit zitternden Fingern faßte er dorthin, wo außen auf der Brust seiner schwarzen Jacke das Prior-Kreuz hing. Es zeigte das Malteser-Kreuz in weißer Emaille, die vier Löwen in den Zwischenräumen der oben eingewinkelten Dreiecke und die goldene Krone darüber, mit dem normalen Kreuz und einem Ring auf der gebogenen Kronenmitte.
    Es war das Kreuz des Priors. Nur er durfte es tragen, er hatte es von seinem Vorgänger übernommen und all sein Vertrauen darin gesetzt. Doch nun wußte er nicht mehr weiter. Die Hand war einfach zu schrecklich. Er konnte nicht sagen, was sie vorhatte, zudem gelang es auch nicht, sich auf irgendwelche Abwehrkräfte zu konzentrieren, denn in der Handfläche zeigte sich plötzlich eine Gestalt.
    Ein Geist…
    Der Prior hielt den Atem an. Seine Augen weiteten sich vor Schreck. Über die dünnen Lippen drang der Atem wie ein leises Flüstern, und er konnte seinen Blick nicht von der Gestalt lösen.
    Obwohl sie innerhalb der steinernen Klaue steckte, konnte er sie ziemlich deutlich erkennen. Es war ein Mann, und er trug eine sehr alte Kleidung, wie man sie möglicherweise im Spätmittelalter getragen hatte. Einen längeren Mantel, auf dem Kopf einen flachen Hut, enge Beinkleider und ein schillerndes Oberteil, was schon den Vergleich mit einem Kettenhemd aushielt. Den linken Arm hatte er vorgestreckt, den rechten sah der Prior nicht, denn die geisterhafte

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