0604 - Triumph der Gewalt
gab Rhodan zu. Er beugte sich zu den Offizieren hinunter und sagte: „Ich habe es gern, wenn ich meinein Gesprächspartner in die Augen sehen kann."
„Ich wagte es nicht, mein Haupt vor Eurer Exzellenz zu erheben", sagte der Offizier. „Aber wenn Eure Exzellenz gestatten..."
Die sechs Offiziere erhoben sich und blickten scheu und ängstlich zu Rhodan. Natürlich haben sie die Hosen voll, dachte Rhodan, weil sie glauben, daß sie sich nun zu dreist benehmen und meinen Zorn fürchten. Aber diesen Gefallen werde ich ihnen nicht tun. Ich bin der dekadente, menschenfreundliche Rhodan, der in jedem Lebewesen seinen Bruder sieht!
„Ich würde gern mit Admiral Ankur sprechen, um einige grundsätzliche Dinge zu klären", sagte Rhodan und spielte den Betroffenen. „Wann, glauben Sie, wird er Zeit für mich haben?"
„Wenn Sie ihn zu sich rufen, Exzellenz, wird er augenblicklich erscheinen", versicherte der Sprecher der Offiziere demütig, aber in seinen Augen lag ein Ausdruck, der nicht zu seiner Stimme paßte. „Wünschen Sie nun, gelabt zu werden, Exzellenz?"
„Ja, bitte", sagte Rhodan irritiert. Er tat, als wüßte er nicht recht, wie er sich verhalten solle, als die Sklaven auf dem Bauch in sein Zimmer krochen und Speisen und Getränke auf Tabletts balancierten. Als dann vier Ertruser in der Ausrüstung von Gladiatoren hereinkamen, machte Rhodan große Augen.
„Was soll das?" fragte er. „Das sind die besten Zweikämpfer von ganz Tchirmayn", sagte der Offizier und verneigte sich, dabei sah er Rhodan von unten her prüfend an. „Diese vier Ertruser haben ihre Kampfkraft in tausend Arenen erprobt und sind aus allen Kämpfen als Sieger hervorgegangen. Sie stehen sich zum erstenmal gegenüber und werden auf Leben und Tod kämpfen.
Ihnen zuzusehen, ist ein Genuß für die Sinne."
Rhodan glaubte ihm. Aber so sehr er es auch bedauerte, er mußte die Gladiatoren wieder wegschicken, um nicht aus der Rolle zu fallen.
„Ich kann kein Blut sehen", sagte er angewidert und fügte schnell hinzu: „Ich meine, mir ist jetzt nicht nach einem Gladiatorenkampf zumute. Schicken Sie die Ertruser fort!"
„Sehr wohl, Exzellenz." Die vier Ertruser zogen sich auf einen Wink des Offiziers zurück.
Rhodan mußte zugeben, daß die Tchirmayner bemüht waren, ihrem Großadministrator alle Wünsche von den Augen abzulesen. Das Pech war nur, daß er sich selbst verleugnen mußte. Deshalb tat er auch äußerst erstaunt und angewidert, als sechs der humanoiden Sklaven zusammen einen „lebenden Tisch" bildeten und auf ihren Rücken die Tabletts mit den Speisen und Getränken trugen. Zwei andere Humanoiden verschlangen ihre Glieder so miteinander, daß eine Sitzgelegenheit entstand.
Die Offiziere, vor allem ihr Sprecher, beobachteten Rhodan verstohlen, der zu den Sklaven hinging. Vor ihnen hockte er sich nieder und sagte so leise, daß nur sie es verstehen konnten: „Findet ihr es nicht menschenunwürdig, was ihr hier tut? Ich erwarte keine Antwort von euch, weil ich weiß, wie sehr ihr euch vor Strafen fürchtet. Aber ihr braucht keine Angst zu haben, denn ich bin nicht der, für den ihr mich haltet. Wenn ich euch jetzt wegschicke, dann tue ich es, weil ich Mitleid mit euch habe. Doch das kann ich den anderen nicht sagen."
Rhodan war überzeugt, daß die Sklaven den Offizieren bei nächster Gelegenheit Bericht erstatten würden. Er erhob sich wieder und sagte: „Gibt es hier keinen vernünftigen Tisch, an dem man speisen kann? Ich finde es nicht gerade appetitanregend, auf den schwitzenden Rücken von Sklaven zu tafeln."
An dem Gesichtsausdruck des Sprechers der Offiziere erkannte Rhodan, daß er die Prüfung bestanden hatte. Man hielt ihn für seinen Antipoden, auch wenn man es ihm noch nicht zeigte.
*
Atlan verspürte kaum mehr die Nachwirkungen der Paralyse, als er erwachte und sich auf seinem Lager aufrichtete. Er kannte das Zimmer, in dem er untergebracht war. Es lag in seiner Festung, die er am Rande von Zezsoga errichtet hatte, um bei seinen Besuchen auf Tchirmayn ein sicheres Domizil zu haben.
Aber es war nicht sein Gemach, sondern eines der Besucherzimmer, in die auch Abhöranlagen und verschiedene Fallen eingebaut waren.
Er kombinierte sofort, daß man ihn hierhergebracht hatte, um ihm beim Erwachen beobachten zu können. Jetzt mußte er sich überlegen, wie er sich zu verhalten hatte. Wahrscheinlich gab es auf dem Planeten Tchirmayn der Parallel-Welt ebenfalls die „Imperatorfestung", wenn sie dort auch
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