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0606 - Gwenola - grausam und geächtet

0606 - Gwenola - grausam und geächtet

Titel: 0606 - Gwenola - grausam und geächtet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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wirklich.«
    »Wollen Sie mich jetzt auf den Arm nehmen?«
    »Nein, bestimmt nicht.« Ich schlenkerte mit den Armen. »Wissen Sie, ich bin Laie, und als Laie kann man sich eigentlich nur über bestimmte Dinge wundern.«
    »Aha, und jetzt wundern Sie sich hier.«
    »So ist es. Ich habe mir ein derartiges Gehege eigentlich anders vorgestellt.«
    »Wie? Größer, kleiner, länger, breiter?«
    »Nein, nicht so ruhig. Mit mehr Leben erfüllt. Ich kenne Gehege nur aus den Zoos, da war immer viel los. Da schwirrten die Vögel durcheinander, doch hier ist es still. Es kann sein, daß ich Unsinn rede, aber diesen meinen Eindruck wollte ich Ihnen unbedingt wiedergeben, Mr. Donovan.«
    »Bedenken Sie, daß viele Vögel krank sind.«
    »Das habe ich auch schon in Erwägung gezogen. Wissen Sie, auch kranke Vögel können sich melden. Sie krächzen, sie schreien. Ich kenne mich da nicht genau aus, aber seltsam ist es schon, finde ich. Wie stehen Sie denn zu meiner Auffassung?«
    »Wenn man es so wie Sie sieht, könnten Sie recht haben. Die Vögel benehmen sich tatsächlich ruhig, trotz ihrer Krankheiten.« Er nickte mir zu. »Ja, ich halte sie für unnatürlich. Sie müßten eigentlich munterer sein, obgleich sie nicht so sind wie sonst.«
    »Das habe ich gemeint. Und jetzt möchte ich Sie nach dem Grund fragen, Mr. Donovan.«
    Der Tierfreund schaute in das Gehege hinein, als suchte er seine Tiere zwischen den Büschen und Bäumen. »Sie sind gut, Mr. Sinclair. Den Grund habe ich Ihnen bereits gesagt. Das Verhalten der Tiere hängt mit den Veränderungen zusammen. Wir stehen hier im Freien, merken Sie eigentlich etwas davon?«
    »Wenn ich ehrlich bin, nicht.«
    »Ich auch nicht, aber trotzdem ist einiges anders. Wir hätten an sich den Wind spüren müssen, der durch unsere Gesichter streift. Irgend etwas müßte zu merken sein. Doch was erleben wir statt dessen? Eine verdammte Ruhe vor dem Sturm. Ein Abwarten, ein Lauern, als würde sich in der Ferne etwas zusammenbrauen, das irgendwann brutal zuschlagen will. Das ist meine Ansicht, Sinclair.«
    »Damit stehen Sie wohl nicht allein.«
    »Meinen Sie, daß etwas kommt?«
    Ich nickte. »Davon bin ich sogar überzeugt. Die Windstille paßt mir nicht. Sie ist einfach zu plötzlich gekommen. Sämtliche Geräusche sind eingeschlafen. Ich komme mir vor, wie auf einer Insel.«
    Es war schwer, den Himmel zu sehen, weil die Bäume und Hecken, doch einen ziemlich großen Teil der Sicht nahmen.
    Hatte er sich verdunkelt, oder warf nur die natürliche Umwelt Schatten gegen das Blau?
    Dann geschah etwas, das meine Worte Lügen strafte. Plötzlich veränderte sich die Welt innerhalb des Geheges. Die gesamte Vogelschar schien aus einem tiefen Schlaf erwacht zu sein.
    Wo sie saßen und sich verborgen hielten, war für uns nicht zu erkennen, dafür hörten wir sie.
    Ihr Schreien schwoll an zu einer krächzenden, schrillen Musik, die in unseren Ohren gellte.
    Donovan reagierte zwar nicht panikerfüllt, aber sehr hektisch. Er sprang einige Schritte vor, kam wieder zurück, schaute mich an und schüttelte dabei den Kopf. »Wahnsinn, Sinclair, ich kann das auch nicht fassen. Das geht über meine Hutschnur.«
    Es blieb nicht beim Schreien. Das war erst die Vorstufe gewesen, denn urplötzlich geriet Bewegung in das gesamte Gehege. Es gab keinen Ort mehr, wo die Vögel nicht flatterten, ihre Schwingen ausbreiteten und in die Höhe stiegen.
    Im Nu waren wir umgeben von einem wilden Schwarm, der in das Geäst hineinstieß, dort Blätter abriß oder pfeilschnell auf uns zujagte, ohne uns allerdings mit irgendwelchen Krallen durch das Gesicht oder die Haare zu kratzen.
    Ich konnte froh sein, den Handschuh nicht ausgezogen zu haben.
    Im Sturzflug visierte ein Tier ihn an, ließ sich darauf nieder und krallte sich fest.
    »Das ist ein Habicht!« erklärte mir Donovan, der seine Übersicht verlor. »Machen Sie nichts!«
    Ich stand steif. Das Tier und ich starrten uns an. Es besaß wunderschöne Augen, ein herrliches Gefieder und war an beiden Beinen verletzt gewesen, wie ich erkennen konnte.
    Meine Lippen zuckten, auch die Augen bewegten sich. So starr wie der Habicht konnte ich sie nicht halten.
    Seine Schwingen hielt er ausgebreitet. Nach wenigen Sekunden faltete er sie zusammen. Er blieb starr sitzen und kam mir nicht vor, als würde er leben. So ruhig und bewegungslos sah er aus wie ein künstlicher Gegenstand.
    Ich hatte meinen ersten Schrecken überwunden und bewegte nun langsam den Kopf.
    Nicht weit

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