0608 - Wo die Leichenfresser hausen
Oberteufel!
Das Oberhaupt der Schwarzen Familie der Dämonen, der Herr der Hölle!
Sein typischer Ausspruch hatte ihn verraten: »Mit Schwund muß man rechnen.« Das war schon immer Asmodis’ Leitsatz gewesen.
Und deshalb wartete Zamorra weiter ab…
***
Darcon fühlte, wie sich die anderen erhoben. Sie waren ähnlich schwach wie er selbst, aber er rief sie zu sich.
Einer nach dem anderen kamen sie, und wie früher erkannten sie seine Autorität als Anführer sofort an.
Sie wollten von ihm wissen, wer oder was sie geweckt hatte.
Er müßte es doch wissen, denn er war vor ihnen allen aus der Schlafstarre erwacht.
Aber er konnte es ihnen nicht sagen. Es waren fremde Geister, die von weither kommen mußten. Sie dachten anders, und so, wie Darcon und seine Artgenossen der Hunger quälte, quälte jene der Wunsch nach Rache.
Er versuchte Kontakt zu ihnen zu finden, aber sie antworteten nicht. Sie jagten ruhelos einher, ohne eine Möglichkeit zur Verwirklichung ihres Wunsches nach Rache zu finden. Sie waren dumm, so glaubte Darcon. Oder es fehlte ihnen die Erfahrung. Aber solange sie sich gegen einen Kontakt sperrten und Darcon keinen mentalen Zugang zu ihnen fand, konnte er ihnen nicht sagen, was sie falsch machten.
Dabei wäre es doch gut, sich zusammenzutun. Darcon und seine Artgenossen benötigten Lebensenergie, um wieder stark zu werden. Er stellte sich ein Bündnis vor: Die Rachegeister lieferten ihm jene aus, die sie bestrafen wollten, und Darcon und die seinen taten sich an jenen Menschen gütlich. So wäre beiden Seiten gedient.
Zudem gab es mit Hilfe jener Rachegeister sogar eine Möglichkeit, die Grenzen des Bannkreises zu überwinden.
Schließlich schienen jene nicht an diese magische Barriere gebunden zu sein.
Doch wenn sich die Geister weiterhin sperrten, blieb das nur eine Wunschvorstellung.
Darcon wies seine Artgenossen an, sich zusammenzuschließen und weiter zu versuchen, die Rachegeister auf sich aufmerksam zu machen.
Er selbst hatte etwas Besseres vor.
Er ging auf Jagd.
Der Mensch, der ihm vorhin den Schädel eingetreten hatte, der mußte sich noch im Bannkreis befinden…
***
Drei der Soldaten waren nötig, um Nicole festzuhalten, denn sie tobte in ohnmächtigem Zorn. Sie wollte deDigue mit bloßen Händen erschlagen, obgleich sie nur zu gut wußte, daß das auch nichts änderte.
DeDigue hatte Zamorra eiskalt niedergeschossen, und wahrscheinlich war Zamorra jetzt tot. Zumindest deuteten deDigues Worte darauf hin. In ihrem wilden Zorn fiel Nicole seine Wortwahl nicht auf.
»Ihr seid eine Närrin«, sagte er jetzt herablassend. »Aber nun gut… da jener mir nicht mehr von Nutzen sein kann«, er wies auf Zamorra, »werde ich meine ungeteilte Aufmerksamkeit der Befragung allein Eurer Person widmen können. Ich bin sicher, Ihr werdet Euch kooperativ zeigen.«
Sie spie ihn an, doch deDigue lachte nur.
Er wandte sich zu seinen Männern um. »Was steht ihr und gafft? Warum baumelt der verdammte Pirat noch nicht an einem Ast? Was…«
»Commandeur«, murmelte der Korporal beunruhigt. »Der Pirat…«
»Wo ist er?« brüllte deDigue, denn er konnte den Kapitän nirgends mehr erblicken. »Sag Er nicht, der Halunke sei entflohen!«
»Verzeiht, Commandeur«, sagte der Korporal mit etwas unsicherer Stimme. »In jenem Moment, in dem Ihr geschossen habt, ist er verschwunden.«
»Wie verschwunden?«
»Er löste sich in Luft auf! War einfach fort! Rous und Garaoux können das bezeugen. Wir haben es alle drei gesehen, wie er durchsichtig wurde und verschwand!«
DeDigue sah sich um. »Soso«, sagte er schroff.
»Durchsichtig wurde er und verschwand. Mich dünkt, Er will nur von Seinem Versagen ablenken. Man war unaufmerksam! Das spricht nicht für Ihn und für Seine Leute. Er mag sich eine glaubwürdigere Erklärung ausdenken.«
Jetzt wandte sich deDigue dem Gnom zu, der immer noch wie ein Häufchen Elend am Boden kauerte.
»Oder«, sagte er, »sollte sich die Erklärung hier finden?«
Aus großen Augen starrte der Gnom ihn verängstigt an.
»Ich habe schon immer vermutet, daß du ein Hexenmeister bist, Kerlchen. Hast du diesen Piratenkapitän fortgezaubert?«
Unwillkürlich bekreuzigten sich einige der Soldaten. Zwei ließen dabei Nicole los. Ein paar Sekunden nur, aber Nicole reagierte sofort und sprang vorwärts. Einer der Männer griff wieder nach ihr, sie drehte sich, schlug ihn mit der Faust nieder, aber die beiden anderen waren sofort wieder da und hielten sie so fest, daß sie
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