061 - Der Zinker
geholfen. Sie haben ihm beigestanden, wenn er junge Mädchen verführte ...«
»Das lügen Sie - nie hat er ... Glauben Sie denn, ich hätte das mit angesehen? - Mrs. Sutton! Wußten Sie, daß wir verheiratet waren?«
»Ja, und ich versuchte heute morgen, Ihnen das Geständnis abzuringen - ich beleidigte Sie, bis Sie drauf und dran waren, es mir zu gestehen!«
Plötzlich sprang sie auf, lief zur Tür und riß sie auf.
»Ich gehe jetzt zur Polizei und sage, wo man Sie finden kann! Man sucht schon nach Ihnen.«
»Nach Ihnen auch - sobald man draufkommt, wer der Tote wirklich war.«
Sie kam zurück und trat dicht vor ihn.
»Glauben Sie, daß mir jetzt noch das geringste daran liegt, was mit mir geschieht? Sie werden gefaßt, Leslie! Das allein ist wichtig. Ich kann schon selbst für mich sorgen, ich brauche keine Hilfe. Sie - Zuchthäusler, gemeiner Hund! Ich hasse Sie!«
Leslie bückte sich, nahm den Revolver auf und legte ihn auf den Tisch.
»Ist das die Waffe, mit der Ihr Herr Gemahl Larry Graeme erschossen hat?«
»Er hat ihn in Selbstverteidigung getötet!« fuhr sie ihn wütend an. »Graeme hatte einen Revolver in der Hand, als er aufgefunden wurde. Ja, er hat ihn erschossen - er hätte auch Sie niedergeknallt, wenn er das gewußt hätte! Aber jetzt werde ich dafür sorgen, daß Sie am Galgen hängen, Leslie - Sie haben Frank Sutton kaltgemacht ...« »Das ist nicht wahr!«
Beryl war unbemerkt ins Zimmer getreten und stellte sich jetzt vor die wütende Millie.
»Ach, Sie sind bei ihm - ich hätte es, mir denken können!«
»Ich bin den ganzen Abend mit ihm zusammen gewesen«, sagte Beryl.
»Waren Sie auch im Leopard-Club mit ihm?«
»Nein, dort war sie nicht dabei«, warf Leslie ein.
Millie Trent sah Beryl wutverzerrt an.
»Ach, Sie möchten Ihren Liebsten aus der Sache herausziehen? Aber trösten Sie sich, Sie werden ebenso in den Schmutz gezerrt wie er, Beryl Sutton!«
»Schändlicher, als diesen Namen zu tragen, kann es bestimmt nicht sein«, gab Beryl zurück.
»Für mich war er gut genug!« rief Millie bemerkenswert inkonsequent.
»Warum haben Sie ihn dann nicht geführt?« fragte Leslie scharf. »Ich will es Ihnen sagen - weil Sie ihm von Anfang an bei all seinen schmutzigen Affären assistiert haben. Unterbrechen Sie mich nicht! In so ziemlich allen Gefängnissen Englands sitzen Leute, die seine Zinkerei dort hinbrachte. Mein Vorgänger in diesem Büro hat fünf Jahre Zuchthaus bekommen, weil er sich etwas zu eingehend mit Suttons Geschäften befaßte. Er weiß nicht, daß sein Chef ihn nach Dartmoor abschob, daß Sutton der Zinker war und Sie, Millie Trent, die Denunziation geschrieben haben. Nein, meine Liebe, und wenn er zehnmal ermordet worden wäre ...«
»Aber Sie haben ihn ermordet!« schrie sie, wieder aufschluchzend. »Das ist das einzige, was mich kümmert! Sie gemeiner Schuft - Sie sollen dafür büßen!« »Dann zeigen Sie mich an«, sagte Leslie ruhig. »Gehen Sie auf die Straße und holen Sie einen Polizisten!«
Er schob sie hinaus und schlug die Tür zu.
»Bist du von Sinnen?« fragte Beryl atemlos. »Das kannst du doch nicht tun! Du hast sie fortgehen lassen - denkst du denn gar nicht daran ... «
»Ich möchte nur wissen, wer mit ihr gekommen ist - ich habe so eine Ahnung, daß ich ihn kenne.«
Er öffnete die Tür und schaute in den schlecht beleuchteten Gang hinaus. Wenige Schritte weiter vorn lehnte Josua Harras an der Wand. Er war ziemlich verwirrt und hatte eine zerdrückte Zigarette zwischen den Lippen.
»Treten Sie doch näher, Harras! Haben Sie die reizende Dame hierhergebracht?«
»Sie hat mich hergebracht«, sagte Harras ergeben. »Sie ist wirklich eine energische Dame. Die meisten Frauen verfügen über überschüssige Energie.« Erst jetzt sah er Beryl und begrüßte sie mit einer Verbeugung. »Ich fürchte, ich komme ungelegen und störe.«
»Sie kommen meistens unerwartet, Mr. Harras!« bemerkte Leslie.
Josua lächelte, als ob man ihm ein großes Kompliment gemacht hätte.
»Ich bin überall und nirgends. - Eine bedauernswerte Person - ich meine die Dame, die uns soeben verlassen hat.« Er schaute an seinem regennassen Mantel hinab und schien sich darüber zu freuen. »Es ist doch eine bemerkenswerte Tatsache, daß interessante Morde gewöhnlich in regnerischen Nächten begangen werden, wenn man weder um Geld noch gute Worte ein Taxi bekommen kann. Ich erinnere mich genau - in einer solchen Nacht brachte Grippen seine Frau um und verscharrte sie
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