061 - Im Reich der Tausend
drolligen Akzent - neben ihr Platz.
Dass sie Aruula Komplimente wegen deren Schönheit machte, war verwirrend, aber nicht ungewöhnlich.
Dass Aruulas Körperbemalung sie interessierte, von der ein kleines Stück an Gesicht und Hals sichtbar war, war verständlich.
Dass sie Aruulas Thermoanzug mit bebenden Fingern aufknöpfte, um sich die Bemalung ganz genau und aus der Nähe anzusehen, empfand Aruula schon als leicht sonderbar.
Spätestens in der Sekunde, in der Leutnant Feddersens zarte Hände ihren Busen berührten, wurde Aruula klar, was die Stunde geschlagen hatte. Die hübsche blonde Frau mit den blauen Augen machte ihr den Hof!
»Was für zarte Haut du hast!«, raunte Vanessa Feddersen heiser und folgte der heiligen Bemalung mit dem Zeigefinger, bis die Linie unter Aruulas Oberteil verschwand. Sie hakte den Finger unter den dünnen Stoff und hob ihn leicht an.
Aruula entstammte einer Kultur, deren Regeln es nicht für schändlich hielten, wenn Frauen mit Frauen und Männer mit Männern zärtlich wurden. Aber seit Beginn ihrer Gefangenschaft waren ihre Gedanken mit anderen Dingen beschäftigt, und so wäre ihr nie in den Sinn gekommen, sich derlei Emotionen hinzugeben - ganz abgesehen davon, dass sie Maddrax liebte.
Dass Leutnant Feddersen sich so eingehend mit ihrem Busen beschäftigte, empfand Aruula jedoch als angenehm und zwar deswegen, weil deren Aufmerksamkeit nun abgelenkt war. Während die Blondine bewundernd die vollen Brüste ihrer Gefangenen betrachtete, wanderte Aruulas Blick zu dem Knopf, den Oberst Hartwig betätigt hatte, um das Panzerfahrzeug zu öffnen. Und in dem Moment, als sich Leutnant Feddersen vorbeugte, um das Bikini-Oberteil zu lösen, holte Aruula blitzschnell mit der Faust aus und schmetterte sie der Blondine in den Nacken.
Leutnant Vanessa Feddersen erschlaffte.
Aruula schob sie von sich. Sie schloss schnell ihr Gewand, zog die merkwürdige Stahlwaffe mit dem ellenlangen Lauf aus dem ledernen Holster am Gürtel der Besinnungslosen, schob sich durch den Mittelgang nach vorn und drückte auf den Knopf. Es zischte leise; die Luke ging auf.
Aruula schob den Kopf in die Kälte der Freiheit und blickte in das Gesicht eines einzelnen Mannes, der die Fahrzeuge bewachte. Der Rest seiner Kameraden hielt sich wohl in dem alten Haus auf.
Als der Mann Aruula sah, stutzte er, denn zweifellos hatte er Leutnant Feddersen erwartet. Allerdings kam er über das Stutzen nicht hinaus, da der ellenlange Lauf der erbeuteten Stahlwaffe schon in seinen Schritt knallte.
»Arghhh«, machte der Mann. Er wankte zurück. Aruula schoss aus der Luke hervor. Ihre freie Hand, zur Faust geballt, traf den Taumelnden am Kinn. Der Mann aus Yukonia verdrehte die Augen, verlor die Balance. Aruula setzte ihm nach, hob erneut die Stahlwaffe und ließ sie gegen seine Schläfe krachen. Der Posten sank lautlos in eine Schneewehe.
Es hatte aufgehört zu schneien. Aruula fegte auf dem Absatz herum und rannte einem Torbogen entgegen. Dahinter lag eine Straße. Im Laufen betrachtete sie die erbeutete Waffe, doch sie kannte deren Mechanismus nicht und wusste nicht, wie man sie aktivierte.
Als sie unter dem Torbogen durch war und nach rechts und links sicherte, vernahm sie hinter sich ein Stöhnen.
Ihr Kopf flog herum. Leutnant Feddersen beugte sich aus dem Fahrzeug. Sie hielt sich den Kopf. Dann entdeckte sie den besinnungslosen Posten, der alle Viere von sich streckte, und griff automatisch an ihr Holster. Als sie feststellte, dass ihre Waffe fehlte, schrie sie auf. Gleichzeitig fiel ihr Blick auf Aruula.
Die Barbarin grinste schief, zuckte entschuldigend die Achseln und stürmte in die Richtung davon, in die die Kettenspuren der im Hof abgestellten Fahrzeuge wiesen. Bedauerlich nur, dass sie nicht mehr dazu kam, Aiko zu befreien, der vermutlich in einem der beiden anderen Fahrzeuge gefangen war.
Später! Jetzt musste sie erst einmal die Höhle finden, in der sie von Maddrax getrennt worden war. Gemeinsam würden sie es gewiss schaffen, Aiko aus den Händen der Yukonier zu befreien…
Als sich Aruula durch die von Bauschutt, Wracks und Schneebergen beengte Straße entfernte, traten aus der Ruine, die der Bibliothek gegenüber lag, drei junge Yukonier. Sie winkten Leutnant Feddersen, zu der sich gerade Hauptmann Nanuuk und Oberst Hartwig gesellten, kurz zu, bevor sie sich geduckt in Bewegung setzten und Aruulas Fährte aufnahmen.
»Gute Arbeit, Vanessa«, sagte Hartwig und schenkte Leutnant Feddersen ein
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