061 - Medusas steinerne Mörder
verschwanden schlagartig. Helles Licht
fiel in seine Augen, und er mußte sie krampfhaft wieder schließen, weil die
Helligkeit ihn blendete. Dann sah er endlich wieder klar.
Vor
ihm tauchte ein vertrautes Gesicht auf. Es war umrahmt von einem wilden roten
Vollbart.
»Das
Leben ist grausam«, sagte der Erwachende und schloß die Augen wieder. »Kaum hat
man die Bilder eines Alptraumes los, fängt der neue schon wieder an! Diesmal
dreidimensional und mit Bart…«
●
Der
Mann, den er auf diese Weise begrüßte, grinste von einem Ohr zum anderen und
zeigte zwei Reihen kräftiger, gepflegter Zähne, denen man nicht ansah, daß sie
des öfteren mit Zigarettenrauch Bekanntschaft machten. Iwan Kunaritschew nickte
zufrieden. »Ich freue mich, daß es dir gut geht. Die erste Bemerkung nach dem
Erwachen läßt die Hoffnung zu, daß du endlich das Krankenhaus wieder verlassen
kannst.«
»Krankenhaus?«
Das
helle Licht kam von einer Lampe, die direkt über seinem Bett hing. X-RAY-3
richtete sich vorsichtig auf, weil er fürchtete, durch eine überhastete
Bewegung Schmerzen auszulösen, die sich wieder in einer Art Erstickungsanfall
äußerten. Aber nichts geschah. Die Erinnerung kam unmittelbar mit dem völligen
Wachsein. »Bis zu meiner Ohnmacht ist mir alles klar«, sagte er mit sich
festigender Stimme. »Was dann geschehen ist, wirst du mir sicher jetzt brühwarm
erzählen, Brüderchen…«
»Du
hast’s erfaßt, Towarischtsch… da dies offenbar der erste klare Moment ist, den
du wieder bewußt mitkriegst, wird’s anders wohl nicht möglich sein. Ich nehme
an, du hast keine Erinnerung mehr daran, daß du inzwischen schon einige Male
mit mir gesprochen hast.«
»Mit
– dir?« Larry Brent war wirklich überrascht. »Keine Ahnung.«
»Hab
ich mir gedacht. Du hast sogar verdammt viel geredet. So gesprächig kenn ich
dich sonst gar nicht… Machst du das immer im Schlaf? Das Schlimmste daran war,
daß du dich ständig wiederholt hast als wolltest du uns mit Gewalt etwas
einhämmern.«
»Wenn’s
nur alle paar Minuten mal passiert ist, wird’s wohl noch zu ertragen gewesen
sein.«
»Wenn
es so gewesen wäre, sicher… Aber es geht seit Tagen so, Brüderchen. Um es ganz
genau zu sagen: seit sieben Tagen… du bist eine ganze Woche lang
bewußtlos gewesen!«
●
Larry
Brent starrte den Freund an wie einen Geist. Er kannte Kunaritschew schon zu
lange, um nicht zu merken, was Spaß und was Ernst war. Der Russe scherzte
nicht! »Sieben… Tage?« murmelte X-RAY-3 ungläubig. »Solange liege ich hier?«
»Nicht
hier in New York«, erklärte Iwan Kunaritschew. »Die ersten achtundvierzig
Stunden hast du in Boston zugebracht. Da hat man nach dem Angriff aus dem
Jenseits versucht, dich wieder aufzuwecken.«
Dann
erfuhr X-RAY-3 Einzelheiten. Unmittelbar nachdem er zu Boden gestürzt war,
schaffte man ihn in ein Hospital. Der Strang aus Ektoplasma, der ihn gewürgt
hatte, war nach dem Erwachen des Mediums Daisy Mallot wieder im Nichts
verschwunden. »Wie geht es ihr?« stellte Larry die Zwischenfrage.
»Gut.
Sie hat die merkwürdigen Ereignisse ohne Schaden überstanden. Nach dem Angriff
auf dich schwebte sie minutenlang wie ein Luftballon an der Decke. Man konnte
sie zu Boden ziehen, und da erwachte sie aus ihrer Trance. Auch Toni Buano kam
zu sich und hat über keinerlei Nachwirkungen zu klagen. Bei dir verschwand das
Ektoplasma, und du konntest wieder atmen. Aber alle Versuche, dich aufzuwecken,
blieben nach wie vor erfolglos. In den ersten achtundvierzig Stunden hast du
ständig in der Bewußtlosigkeit Namen und Begriffe gemurmelt, mit denen zunächst
niemand etwas anfangen konnte. Man hat ein Mikrofon aufgestellt und
Bandaufnahmen gemacht. Unzählige Male wurden die Aufnahmen abgespielt. Da wurde
das Gesagte stellenweise verständlich. Du nanntest zum Beispiel den Namen Sven
Kermin… dann hast du einen Weg beschrieben, den Kermin gegangen ist und der
in Rumänien endete… Daisy Mallot, die nicht von deiner Seite wich, hat eine
Erklärung für all das gefunden, was du uns ununterbrochen mitgeteilt hast.
Deine Hinweise kamen durch den Kontakt zur Materialisation zustande. Was zuerst
aussah wie ein tödlicher Angriff, entpuppte sich schließlich als ein Hilferuf
aus dem Jenseits. Durch die direkte Berührung mit dem Ektoplasma wurden
Informationen in dich hineingetragen. Du wurdest damit zum Sender. Unbewußt,
denn von den vergangenen Tagen hast du bewußt nichts mitbekommen… ne Menge
Freunde haben
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