0612 - Nachts jagt die schwarze Katze
und begannen Jaques deRoguette zu würgen. - Und zornig stellte er fest, daß er immer noch die Kleidung eines römischen Kaisers trug…
***
Michelle Garon war verschwunden! Pierre Robin wirkte bestürzt.
Zamorra schüttelte den Kopf. In seiner Sorge um die Kollegin - war da wirklich nicht mehr? - schien Robin zu vergessen, daß das Verschwindenlassen von Menschen zu den Standardtricks aller Gaukler und Illusionisten gehörte.
Natürlich war Garon nicht wirklich verschwunden. Obgleich der Kasten so sorgfältig geprüft worden war, daß selbst Zamorra nur noch staunen konnte, aber es mußte ein Trick sein.
Die blonde Assistentin klappte jetzt den Kasten auseinander, ließ Robin jedes Teil noch einmal prüfen, auch den Boden darunter, dann setzte sie den Kasten mit wenigen Handgriffen wieder zusammen, während sie bemüht war, ihre langen Beine und ihre Oberweite richtig in Szene zu setzen.
»Sie können beruhigt sein, verehrtes Publikum«, versicherte Rano. »Mademoiselle Garon wird selbstverständlich gleich wieder unter Ihnen weilen.«
Er zitierte einen weiteren Zauberspruch und wandte sich dann wieder an Robin, der sich auf der Präsentationsfläche sichtlich unwohl fühlte.
»Wenn Sie jetzt so freundlich sein würden, den Kasten ein weiteres Mal zu öffnen…«
Robin war so freundlich.
Aber in dem Kasten befand sich keine Michelle Garon…
***
»Also noch einmal von vorn«, knurrte deRoguette ungehalten. »Meine Tochter kam aus Richtung des Pavillons, schloß sich Ihnen an und verschwand dann einfach, löste sich in Luft auf?«
»Genau so war es«, sagte der Mann, den deRoguette erst vor kurzem losgeschickt hatte, um nach Adrienne zu suchen.
»Und dann ein Schrei aus dem Pavillon?«
Der Bedienstete nickte stumm.
»Mein Lieber«, versprach deRoguette, »ich lasse Sie in einem Topf mit siedendem Öl garkochen, wenn Sie versuchen, mich auf den Arm zu nehmen!« Und daß er dabei aussah wie Kaiser Nero persönlich, unterstrich seine Drohung noch.
»Chef, ich weiß doch, was ich gesehen und gehört habe!« beteuerte der Mann, der sich in diesem Moment schon in der Arena glaubte, in der metzelnde Gladiatoren oder hungrige Löwen sabbernd auf ihn zustürmten.
»Menschen verschwinden nicht einfach spurlos!« fauchte Nero Jaques deRoguette ihn an. »Na, dann wollen wir mal sehen, was es mit dem Schrei aus dem Pavillon auf sich hat!«
Der Bodyguard, der den Bediensteten zunächst abgefangen hatte, um dann die eigenartig klingenden Hiobsbotschaften an den Chef weiterzugeben, hielt plötzlich eine M-11 in der Hand, eine Maschinenpistole, die so handlich war, daß man sie unter dem Jackett verschwinden lassen konnte, wenn man sie gerade mal nicht brauchte, um jemanden damit umzubringen.
Augenblicke später waren sie beim Pavillon. Der Leibwächter riß die Tür auf…
Drinnen lag ein Toter mit aufgerissener Halsschlagader.
***
»Uups«, machte Rano der Magier. »Da ist wohl was schiefgelaufen, wie?«
»Wo ist sie?« stieß Robin hervor. »Was soll der Blödsinn, Mann?«
Zamorra hätte den Freund liebend gern zur Ordnung gerufen.
Aber dieses teuflische, hinterhältige Spiel lief nach Regeln ab, auf die weder er noch Robin Einfluß hatten.
Sekundenlang sah Zamorra das Lächeln der Assistentin. Es sollte wohl beruhigend wirken. Nur konnte sich Zamorra nicht erklären, weshalb ihm die Augen des langbeinigen Ablenkungsfaktors nicht gefallen wollten.
Er veränderte seine Position, näherte sich Nicole. Sie trug das Amulett, sie mußte also mehr über die Magie erfaßt haben, die Rano anwandte, als es Zamorra möglich gewesen war!
»Oh, regen Sie sich nicht auf«, bat derweil der Zauberer. »So ein kleiner Fehler unterläuft jedem mal. Ihnen doch sicher auch. Ach nein, natürlich nicht. Sie verwenden ja keine Magie bei Ihrer Arbeit. Sie verwenden nur das Wissen von Magiern.«
Verdammt, woher weiß der Typ das alles? fragte sich nicht nur Zamorra.
»Aber ich werde diesen Fehler sogleich wieder korrigieren«, versprach Rano. »Tür zu, bitte…«
Die Assistentin schloß den Kasten.
Rano wiederholte den Zauberspruch, der Zamorra um so weniger gefiel, je öfter er ihn hörte. Und er hatte den Eindruck, daß dieser Zauber faul war! Etwas stimmte mit dem Spruch nicht! Irgendwie hatte Zamorra das Gefühl, als sei er unwirksam.
Aber wie konnte das sein?
»So, nun schauen wir mal. Bitte öffnen«, verlangte Rano.
Erneut wurde der Kasten geöffnet.
Auch diesmal fehlte Michelle Garon.
Nur ihre Kleider
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