0613 - Stygias Höllen-Sklaven
sicher nicht gegen Menschen. Nicht einmal gegen Killer und Fallensteller wie - Jackson?
So hatte Stygia ihn genannt.
Aber Gryfs Haß galt ausschließlich den Vampiren. Sie auszurotten, das hatte er sich zur Lebensaufgabe gemacht.
Damals, als er noch jung war. Sehr jung…
Aber es gibt gute Vorsätze, die man bis ins hohe Alter beibehält…
»Die Kugel also«, murmelte er jetzt.
Stygia lachte scheppernd. »Die Kugel, richtig! Sie hat dir deine magische Kraft genommen. Du bist kein Silbermond-Druide mehr, Gryf ap Llandrysgryf! Du bist jetzt ein ganz normaler Mensch! Du bist sogar sterblich geworden!«
»Nein«, keuchte er. »Das kannst du mir nicht nehmen! Das kann mir niemand nehmen! Die Langlebigkeit der Silbermond-Druiden ist…«
»…vergänglich wie alles andere!« Stygia lachte. »Oh, was bist du nur für ein Narr. Aber ich mag Narren. Manchmal. Narren, die von sich überzeugt sind. Und Narren, die glauben, die mächtigsten Dämonen des Multiversums herausfordern und töten zu können!«
Dabei sah sie Ombre an. Er hatte der Diskussion bisher schweigend gelauscht.
»Ihr dürft vielleicht noch ein wenig weiterleben, ihr Narren«, erklärte Stygia höhnisch. »Wenn ihr euch mir unterwerft. Wenn ihr mir dient. Wenn ihr meine Sklaven werdet!«
Sie schnipste mit den Fingern.
Und plötzlich hielt sie die beiden Kettenenden, die zuvor in unerreichbarer Höhe an den Wandhaken gehangen hatten, in der Hand.
Die Ketten waren recht kurz geworden.
»Kriecht«, sagte Stygia. »Kriecht vor mir her, und ihr dürft diesen Raum verlassen. Und weiterleben. Wenigstens für eine Weile.«
Gryf sank auf Hände und Knie.
Ombre starrte ihn angewidert an.
Ein solch unterwürfiges, buchstäblich kriecherisches Verhalten hatte er Gryf nicht zugetraut.
»Verkaufst du deine Menschenwürde so schnell?« fragte er bitter. »Für ein paar Sekunden Leben? Sie wird dich trotzdem töten, wenn ihr danach ist!«
»Ich bin eben ein Narr«, sagte Gryf. »Narretei oder Weisheit, Dummheit oder Klugheit - es ist nur eine Frage der Definition. Viele kluge Männer haben sich den Mächtigen als Narren angedient.«
»Hast du mir nicht selbst vor ein paar Minuten noch erzählt, daß ein solcher Narr von seinem König geköpft wurde?«
Gryf lachte auf, obgleich ihm in Wirklichkeit gar nicht zum Lachen zumute war. »Ich habe dir aber auch etwas über den König erzählt, oder?«
Scheinbar begriff Ombre nicht, was Gryf ihm damit hatte sagen wollen.
»Mich bekommst du nicht auf die Knie, Dämonenbiest!« sagte Ombre kalt.
Stygia lächelte freundlich.
»Dann stirb.«
***
Zamorra und Nicole wechselten von der Nacht zum Tag.
In Louisiana war es noch später Nachmittag, als sie in Baton Rouge aus den Regenbogenblumen hervortraten, die in einem Hinterhof geschützt angelegt worden waren - unmittelbar hinter dem Haus, in dessen Kellerwohnung Angelique und Yves Cascal ihr Domizil hatten.
Natürlich klingelte Zamorra erst einmal an, weil er ja befürchtete, daß Ombre irgendwie in jene Angelegenheit verwackelt war.
Niemand öffnete. Offenbar waren beide nicht zu Hause.
Angelique war wahrscheinlich noch zum Einkaufen unterwegs, und Yves - als Nachtmensch schlief er vielleicht noch und dachte überhaupt nicht daran, sich wecken zu lassen, um unangemeldeten Überraschungsbesuchern die Tür zu öffnen. Falls er überhaupt zu Hause war.
Vermutlich war er aber wieder mal irgendwo unterwegs auf Dämonenjagd, um seinem Ziel näherzukommen, der Rache an Lucifuge Rofocale.
Zamorra heftete einen Zettel an die Wohnungstür, aus dem hervorging, daß Nicole und er hiergewesen waren und noch einmal zurückkehren würden.
Dann traten er und seine Begleiterin vorn aus der Haustür des großen Backsteingebäudes auf die Straße.
Verrostete Mülltonnen und ebenso verrostete, bereits ausgeschlachtete Autos standen hier herum, und überall lag Unrat, der in der Hitze Louisianas seinen bestialischen Gestank verbreitete.
Zamorra katapultierte eine empört auf quietschende, recht fette Ratte mit einem kräftigen Fußtritt aus seiner Nähe.
»Das arme, hilflose Tierchen!« protestierte Nicole spöttisch.
»Wie kannst du nur so grob sein?«
»Soll’s nach Den Haag schwimmen und mich vorm Internationalen Gerichtshof verklagen«, konterte Zamorra trocken. »Laß uns zusehen, daß wir von hier verschwinden. Ein Taxi kriegen wir hier eh nicht - Taxifahrer trauen sich nicht in diese Gegend.«
Trotzdem bekamen sie wenig später einen Wagen, ließen sich zu einer
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