0613 - Stygias Höllen-Sklaven
Familie schwächen.«
»Deshalb, Herr, erbitte ich deine Erlaubnis.«
Natürlich konnte sie auch so versuchen, sich einiger ihrer Feinde zu entledigen, doch damit hätte sie sich dann eine Menge Ärger eingehandelt. Doch wenn sie Lucifuge Rofocale hinter sich wußte, brauchte sie sich dafür gegenüber niemandem mehr zu rechtfertigen, dann konnte sie tun und lassen, was sie wollte.
Gegen ihn hatte - außer Magnus Friedensreich Eysenbeiß, der den dämonentötenden Ju-Ju-Stab hatte einsetzen können - noch niemand opponiert, gegen Fürsten der Finsternis dagegen schon viele.
»Du verlangst viel«, sagte Lucifuge jetzt nachdenklich. »Du verlangst eine Schwächung unserer Macht. Jene, die dich vernichten wollen, gehören zu den besten.«
»Jene, die ich vernichtete und dir präsentiere, gehörten zu den besten unserer menschlichen Feinde«, erinnerte sie.
»Vor allem der Druide«, gestand Lucifuge Rofocale ein. »Der andere war mehr meine ganz persönliche Angelegenheit… aber der Druide hat vor allem unter den Vampirsippen erheblich aufgeräumt. Sein Tod stärkt die Vampire - meinst du das?«
»Nicht nur«, erwiderte sie. »Herr, du weißt sicher, wie eng jene lächerlichen Emotionen, die die Sterblichen ›Freundschaft‹ und auch ›Liebe‹ nennen, Menschen aneinander ketten. Deshalb sind sie ja auch so schwach, wenn wir sie jagen. Der Tod dieser beiden Dämonenjäger wird ihre Freunde in ein emotionales Chaos stürzen und sie schwächen. Zamorra und seine Getreuen werden für eine Weile geradezu hilflos sein - und das werden wir zu nutzen wissen!«
Lucifuge Rofocale dachte eine Weile nach. Er war ruhiger geworden in der letzten Zeit, nach seinen diversen persönlichen Niederlagen, die er unter anderem auch Yves Cascal zu verdanken hatte.
»Du meinst, es gleicht sich aus?«
»Ja«, sagte Stygia fest.
»Dann sei es«, gewährte der Erzdämon. »Aber teile mir mit, wen von deinen Gegnern du vernichten willst. Denn es muß gerechtfertigt werden können. Bedenke, du wärest nicht der erste Fürst der Finsternis, der von einem Tribunal verurteilt und hingerichtet wird, weil seine Interessen gegen die der Schwarzen Familie standen.«
Stygia nickte. Mit Gryfs Kopf bekam sie zumindest noch Sarkana hinter sich, und der war mächtig und einflußreich.
»Ich danke dir, Herr«, sagte sie und verneigte sich tief.
»Ach, da wäre noch etwas«, sagte Lucifuge Rofocale, als sie sich schon abgewandt hatte und seinen Thronsaal verlassen wollte.
Sie erstarrte, drehte den Kopf und sah, wie er sie mit dem gekrümmten Zeigefinger zu sich heranwinkte.
»Du bist schön«, sagte er. »Und mit Flügeln und Hörnern bist du noch schöner. Gesell dich ein wenig zu mir, auf daß ich ein Feuer auch in dir entfache.«
Ein Höllenfeuer, dachte sie resignierend.
Es blieb ihr also doch nicht erspart.
Wie hatte ihr Vor-Vorgänger Asmodis einst gesagt? ›Ein bißchen Hölle muß auch für die Teufel sein…‹
Als sie sich Lucifuge Rofocale hingab, mußte sie ihre Schauspielkunst bis aufs Äußerste ausreizen…
***
…und erwachte in einem seltsamen Zustand zwischen Traum und Wirklichkeit. War es wirklich geschehen?
Aber ja.
Sie hatte die Köpfe der Todfeinde vor Lucifuge Rofocales Thron gebracht.
Sie war die große Siegerin.
Und als sie darüber nachdachte, gefiel es ihr, daß sie ihren Feinden in der Hölle jetzt eine Niederlage nach der anderen beibringen durfte.
Ihre Gegner unter den Sterblichen waren durch den Tod ihrer Freunde demoralisiert, und die unter den Schwarzblütigen waren jetzt kaum mehr als jagdbares Wild.
Stygia hatte eines ihrer größten Ziele erreicht.
Sie konnte ihre Macht festigen…
Und es war alles so einfach gewesen…
***
Sie nannten ihn Ombre, den ›Schatten‹. Sein richtiger Name war Yves Cascal, aber den kannte nur seine Schwester Angelique und die Leute um den Dämonenjäger Zamorra herum, sonst aber kaum jemand. Zumindest aber wußte außer den Genannten praktisch niemand, daß Yves Cascal mit Ombre identisch war.
Das harte Leben in den Slums von Baton Rouge, der Hauptstadt des US-Bundesstaates Louisiana, hatte ihn geprägt.
Er war dreizehn Jahre jung gewesen, als seine Eltern starben, und seither hatte er sich als ›Familienvorstand‹ um seine beiden jüngeren Geschwister Angelique und Maurice gekümmert.
Er hatte für sie gesorgt, er schaffte das Geld heran, damit sie leben und die kleine Kellerwohnung im Hafenviertel behalten konnten, und später auch, damit Maurice ein
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