0613 - Stygias Höllen-Sklaven
es wolle.
Er fand eine Spur, die ihn erneut ganz nahe an Lucifuge Rofocale heranbringen sollte.
Direkt in die Hölle…
***
»Zur Hölle«, brummte Gryf ap Llandrysgryf und war heilfroh, die hübsche Ivana wieder loszusein.
Kennengelernt hatte er sie in Llangollen, in Nordwales, beim Eisteddfod, dem alljährlichen Dichter- und Sängerfest, zu dem natürlich außer Künstlern auch Touristen zuhauf anreisten, um jede Menge Abfall zu hinterlassen, wenn sie endlich wieder abzogen.
Gryf hatte an der Veranstaltung als Druide teilgenommen, nur hatten selbst die ›modernen Druiden‹ nicht geahnt, wen sie da unter sich hatten. Nämlich einen Mann, der seit mehr als 8000 Jahren auf der Erde wandelte, immer noch aussah wie ein fröhlicher 20jähriger und noch nie etwas davon gehört hatte, daß der Kamm inzwischen Finger und Heringsgräten ersetzt hatte.
Im verblichenen, hier und da geflickten Jeansanzug und mit dem ungebändigten blonden Haarschopf fiel Gryf jedoch unter den Festteilnehmern kaum auf. Er hatte sich nur einmal in die weiße Druidenkutte gezwängt, ohne allerdings jemandem zu verraten, daß er mit den irdischen Druiden kaum etwas gemeinsam hatte und seine Herkunft auf den Silbermond zurückführen konnte.
Doch mit dem Begriff konnte heutzutage ohnehin kaum noch jemand etwas anfangen. Und die Menschen, die wußten, daß dieser Silbermond jetzt in einer Traumsphäre und um 15 Minuten in die Zukunft versetzt unsichtbar die Erde umkreiste, waren vielleicht gerade mal ein Dutzend oder wenig mehr.
Jedenfalls hatte Gryf auf diesem Fest Ivana kennengelernt.
Und als sie sich dann wieder getrennt hatten, da hatte sie versprochen, ihn bei nächster Gelegenheit mal zu besuchen.
Wochen und Monate waren vergangen, Gryf hatte schon gar nicht mehr an sie gedacht, und dann plötzlich stieg sie aus einem Mietwagen und stand vor der Tür seiner Hütte.
Wenn Gryf nicht gerade irgendwo in der Welt oder in anderen Dimensionen herumreiste, um Vampire zu jagen oder seinen Freunden um Professor Zamorra beim Erlegen bösartiger Dämonen zu helfen, wohnte er in einer kleinen Hütte auf jener Insel, die die Engländer profan Anglesey nannten.
Die Waliser selbst aber hatten ihr den klingenden Namen ›Mon mam Cymbry‹ oder einfach ›Mona‹ gegeben - ›die Mutter von Wales‹.
Auf dieser flachen, geschichtsträchtigen und von historischen Stätten und Sehenswürdigkeiten übersäten Insel hatten anno
’74 die Römer die Druiden massakriert und ihre Haine zerstört, weil Julius Cäsar ihnen in seinem Buch ›Der Gallische Krieg‹ etwas von druidischen Menschenopfern vorgelogen und damit die ›moralische Rechtfertigung‹ für diesen Vernichtungsfeldzug gegeben hatte.
All diese Sehenswürdigkeiten hatte Ivana nun sehen wollen und dachte dabei gar nicht daran, sich Gryf noch einmal so hinzugeben, wie sie es beim Sängerfest getan hatte. Gryf hingegen hatte nicht fassen können, daß sein Charme und seine Verführungskunst diesmal einfach nicht ansprachen, aber er hatte auch keine Lust gehabt, lediglich den keuschen Gastgeber und Fremdenführer zu spielen.
Als die hübsche Ivana ihm dann auch noch verraten hatte, seit zwei Wochen frisch verehelicht zu sein, und daß sie ihren Spätverlobten gegen Nachmittag am Bahnhof von Llanfairpwyll in Empfang nehmen wollte, da hatte er die Nase gestrichen voll gehabt. Sein spartanisch-naturverbunden eingerichtetes Holzhaus war schließlich keine Herberge für nachgeschleppte Touristenschwärme.
Also setzte er seine Besucherin nur ein paar Minuten vor Eintreffen des Zuges am Bahnhof ab, um sich zu verabschieden. »Und wenn du diesen schönen Ort weiterhin mit Llanfairpwyll abkürzt, dann wird dir und deinem Scheich bestimmt kein Mensch hier ein Fremdenzimmer vermieten!«
»Wer kann denn diesen Zungenbrecher überhaupt aussprechen?« protestierte sie.
»Zungenbrecher? Es gibt doch nichts, was sich leichter aussprechen läßt als Llanfairpwllgwyngyllgogerychwyrndrobwlllandysiliogogogoch!« behauptete Gryf.
Er verzichtete darauf, zu erklären, wie der Ort zu seinem Namensbandwurm gekommen war - ausgerechnet einem Schneider, der im vergangenen Jahrhundert auf Mona lebte, war der ursprüngliche Name des Ortes, Llanfairpwllgwyngyll, nicht aufmerksamkeits- oder werbeträchtig genug gewesen, und so hängte er eine Silbe nach der anderen dran, bis der längste Ortsname der Welt daraus entstand.
Der Silbermond-Druide schritt davon und war bald außer Sicht. Erst dann verließ er das so
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