0616 - Duell der Vampire
Kraftfeld einzustellen und seinen Ursprung zu ergründen.
Er brauchte etwas länger dafür, als er gedacht hatte; vermutlich trug die Droge aus Carretos Blut die Schuld daran.
Es war keine Weiße Magie, wie er schließlich feststellte. Es war etwas, das generell jede magische Kraft eindämmte. Das ganze Haus schien von unsichtbaren Linien und Feldern durchzogen zu sein, die aufeinander einwirkten und sich gegenseitig verstärkten. Morano hatte den Verdacht, daß jemand, der dieses Haus betrat, ganz allmählich seiner übersinnlichen Kräfte beraubt wurde, ohne daß es ihm auffiel.
Es sei denn, er versuchte zwischenzeitlich, sie zu benutzen.
Es war eine - fast - perfekte Falle.
Es war die Falle für Gryf ap Llandrysgryf!
Morano zog sich rasch zurück. Er konnte das Haus auch aus etwas größerer Entfernung beobachten. Er wollte das Risiko nicht eingehen, selbst dieser Dämpfung zu unterliegen. Daß er das Kraftfeld von draußen spürte, wies darauf hin, daß es nicht nur im Innern des Hauses wirksam war, sondern auch ein wenig darüber hinaus reichte.
Wo war Sarkana, der Fallensteller?
Und wie wollte er den Silbermond-Druiden einkassieren, ohne selbst der Dämpfung zu unterliegen? Daß die beiden Mädchen, die hier wohnten, und die Morano auch an der Tankstelle zusammen mit Gryf gesehen hatte, Vampirdienerinnen waren, war auszuschließen. So dumm war der Druide nicht, daß ihm so etwas entgangen wäre.
Also mußte noch jemand im Spiel sein. Jemand, der Gryf überwältigte, sobald er seine Druiden-Kräfte nicht mehr einsetzen konnte.
Morano wartete eine Weile.
Und schließlich tauchte jemand auf.
***
Gut hundertfünfzig Kilometer nordöstlich hatte Rob Tendyke die Gläser gleich bis zum Eichstrich mit einem Whisky gefüllt, dessen Etikett an der Flasche handgemalt war. Die Flasche selbst wirkte uralt; Staub hatte sich schon so ins Glas eingebrannt, daß er nicht mehr zu entfernen war, ohne das Glas zu schleifen.
»Eine kleine Kostbarkeit«, schmunzelte der Abenteurer. »Gebrannt während des texanisch-mexikanischen Krieges, in Vergessenheit geraten und deshalb über fünfzig Jahre in einem Eichenholzfaß gereift. Dann abgefüllt… und von dem ganzen Spaß gibt es auf der ganzen Welt vielleicht noch dreißig Flaschen, die meisten in Sammlerhänden. Was wir hier vertrinken, Zamorra, dürfte etwa dem Wert deines BMW entsprechen. Prost…«
Er hob sein Glas und nahm einen kleinen Schluck.
»Und das verschwendest du so einfach?« staunte Zamorra.
»Ich verschwende nicht, ich genieße. Nach einer bestimmten Zeit werden Weine und Whiskys nicht besser, wenn man sie noch länger lagert. Ich mußte dieses Gesöff nicht mal kaufen. Es hat mir von jeher gehört, und die Hälfte dieser dreißig Flaschen habe ich vor Jahren zu Geld gemacht. Ob die Sammler das Zeug nun trinken oder noch länger verstauben lassen, ist mir egal… ich trink's jedenfalls. Hat mich ja vor anderthalb Jahrhunderten - leg mich jetzt nicht auf 'ne Zahl fest -nicht mehr gekostet als die Arbeit des Brennens und Einlagerns. Und wenn ich später mal wieder so alten und guten Whisky trinken will, dann lege ich mir einfach jetzt schon 'nen kleinen Vorrat an, der kaum was kostet, und genieße den in fünfzig oder hundert oder tausend Jahren…«
Zamorra grinste von einem Ohr zum anderen.
Tendyke sah ihn fragend an. Zamorra schmunzelte: »Ich dachte gerade an die Weine im Château Montagne. Immerhin gehöre ich ja auch zu den Unsterblichen… vielleicht sollte ich mir auch eine Luxusreserve einlagern, die ich ein paar Jahrhunderte lang reifen lasse…«
»Danach kannst du das Zeug aber in den seltensten Fällen noch trinken. Der Wein aus den harzversiegelten Amphoren römischer Frachtschiffe, die anno Piependeckel im Mittelmeer abgesoffen sind, ist größtenteils zu einer öligen Substanz geworden und ungenießbar… und deshalb genieße ich diesen Whisky jetzt, bevor er noch teurer, dafür aber schlecht wird.«
Er nahm einen weiteren Schluck.
So gesehen, aus der Perspektive eines Menschen, der nicht sterben konnte, war es natürlich keine Verschwendung. »Aber die Gläser gleich so zu füllen…«
»Dafür schenke ich nicht nach«, drohte Tendyke an. »Für heute und die Wiedersehensfeier reicht es.«
»Hätten wir damit nicht warten sollen, bis unsere drei Damen von ihrem Boutiquenbummel zurückkommen?«
Tendyke grinste. »Wozu? Egoismus ist manchmal eine lobenswerte Eigenschaft. Was hältst du davon, diese Nacht nach Key West zu fliegen,
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