0618 - Der Mondschein-Mörder
streifte.
Es war Eliza Farland, die sogar noch lachen konnte, bevor sie sagte: »Nicht du allein, Sinclair, nein, ich bin auch dabei…«
Dann hatte uns das Tor verschlungen…
***
Ich wollte nicht gerade von einer weichen Landung sprechen, da war wohl etwas anderes, denn ich landete überhaupt nicht. Ich war einfach nur einen Schritt gegangen und hatte damit Dimensionsgrenzen überwinden können.
Aibon war um mich!
Ich hätte es auch mit geschlossenen Augen herausgefunden. Diese Luft, diese Milde, dieser Duft, das alles war so einmalig und so wunderschön, wie man es auf der normalen Welt an keiner Stelle erlebte. Dazu gehörte schon ein besonderes Land.
Unter meinen Füßen befand sich kein Teppich, obwohl die Unterlage ebenso weich war. Ich schritt durch sehr grünes und dichtes Gras weiter, den Blick nach vorn gerichtet und auch gegen den Himmel schauend, der wie eine matt glänzende, türkisfarbenen Fläche hoch über mir lag.
An gewissen Stellen dieses geheimnisvollen Reiches wurde es nie richtig dunkel. Wenn die Nacht hereinbrach, dann nahm der Himmel eben diese Farbe an.
Okay, ich war da, ich hatte es geschafft. Nur mußte ich mich fragen, ob es die anderen beiden ebenfalls gepackt hatten? Bestimmt, und sie hätten auch in meiner Nähe sein müssen, was allerdings nicht der Fall war, denn ich sah weder den Killer noch seine Freundin.
Allein stand ich in der Landschaft!
Ein typischer Vergleich, denn es gab in Aibon fast nur Landschaft.
Auf der positiven ebenso wie der negativen Seite, nur sahen die Landschaften verschieden aus.
Ich war nicht im Reich des Druiden Guywano gelandet, sondern stand zwischen den grünen Hügeln einer weiten Fläche, die tief im Hintergrund einfach von der türkisfarbenen Dunkelheit aufgesaugt wurde. Für welche Richtung ich mich entschied, war egal. Ich konnte praktisch in jede gehen und nur darauf hoffen, daß ich den Mondschein-Mörder oder seine Helferin erwischte.
Lebewesen sah ich, leider nicht die beiden. Hoch über mir schwebten breite Teppiche. So jedenfalls sahen die Schatten für mich aus, die sich langsam dem Erdboden entgegensenkten und in meine Nähe flogen. Ich hörte das Rauschen ihrer Flügel und sah auch die weißen Hälse hinter den schmalen Köpfen mit den langen Schnäbeln.
Von mir wollten sie nichts, sie hatten sich nur die Landeplätze in der Nähe ausgesucht.
Drei Vögel warteten darauf, daß sich etwas tat oder rührte. Ich bewegte mich ebenfalls nicht, so belauerten wir uns, und eines der Tiere hüpfte plötzlich vor.
Für mich waren es Aibon-Geier, und sie ernährten sich von Aas, wie bei uns.
Hinter einem dichten Strauch war der Vogel verschwunden. Die Zweige zitterten, als er sich heftig bewegte und dann wieder zum Vorschein kam. Er hüpfte einige Yards, bewegte dabei nickend seinen langen Hals, auch den Schnabel, der eine andere Form bekommen hatte, denn zwischen den beiden Hälften klemmte etwas, das aussah wie ein Arm oder eine Hand.
Dann stieg der Geier mit trägen Flügelschlägen auf.
Sekunden später hatte auch ich das Gebüsch erreicht, schaute dahinter und erbleichte.
Dort lag ein Toter!
Kein Mensch, auch wenn er menschenähnliche Züge besaß. Ich sah ihn eher als eine Mischung aus Zwerg und Troll an. Weshalb er gestorben war, wußte ich nicht, aber die Spuren an seinem Körper sagten mir, auf welche Weise man ihn getötet hatte.
Durch mehrere Stiche mit dem Messer. Aus tiefen Schnittwunden war dunkles Blut gequollen. Das Aibon-Blut besaß keine rote Farbe, sondern eine grünbraune.
Die Geier hatten genau gespürt, daß es Nahrung für sie gab, und waren hingeflogen.
Obwohl es mich Überwindung kostete, bückte ich mich und faßte den Toten an. Mit der Hand strich ich über die rechte Gesichtshälfte.
Die Haut war noch warm. Lange konnte dieser Zwerg noch nicht tot sein. Also mußte er dem Mondschein-Mörder direkt über den Weg gelaufen sein, als dieser gelandet war.
Ich richtete mich wieder auf. Wohl fühlte ich mich an diesem Fleckchen Erde nicht, obwohl mir das Land Aibon wirklich nicht feindlich gesonnen war.
Ich besaß hier Freunde, unter anderem den roten Ryan, aber der war möglicherweise weit entfernt. Zudem wollte er mit dem Fall nichts zu tun haben.
Es war mein Vorteil, daß ich die kleine, lichtstarke Lampe ständig bei mir trug. Obwohl das Licht zu sehen sein würde, ging ich das Risiko ein, in seinem Schein nach Spuren zu suchen. Zumindest Eliza Farland mußte welche hinterlassen haben, denn auch meine
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