0618 - Zweikampf der Immunen
Landschaft.
Keine Gleiter, die über den Strand fuhren, keine Segel oder Fischerboote draußen auf den Wellen. Nur Ruhe, unterbrochen von der Brandung, die seit über fünfzig Millionen Jahren an diesen Strand schlug.
Es bewegte sich etwas.
Eine Jalousietür schwang nach außen. Hundert Meter vom Strand zurückgesetzt, gab es eine kleine, mit Felsen, Pflanzen und Mauern in die Landschaft integrierte Siedlung. In dem ersten, kleinen Haus in Strand- und Straßennähe bewegte sich die große, dünne Gestalt Kol Mimos. Er trat, den Fluganzug bereits auf seinem Körper, auf die kleine Sonnenterrasse hinaus.
„Der Tag beginnt mit viel Licht. Es wird vermutlich der Tag des Kampfes werden!" murmelte der Mathelogiker. Er hatte den Suchstrahl des Homunkulus vor ein paar Stunden gespürt, als er sich mit der Planung der nächsten Tage und Wochen beschäftigte.
Er selbst hatte sodann mit seiner unergründlichen Hyperraumfähigkeit den Standort des Homunkulus festgestellt und entdeckt, daß der Gegner sich auf dem Weg hierher befand.
Kol Mimo betrachtete ruhig die üppig wuchernden Pflanzen. Die vollrobotische Befeuchtungsanlage funktionierte noch immer.
Niemand „wohnt" außer ihm in der kleinen Siedlung hier.
„Du kannst kommen, mein Freund!" murmelte Kol Mimo.
Er verschwendete keinen Gedanken darauf, in diesem Tag etwas besonderes zu sehen. Merkwürdigerweise fühlte er eine Art Verbundenheit mit seinem potentiellen Mörder. Sie beide waren auf ihre eigentümliche Weise Werkzeuge. Ihre Bühne war die sterbende Erde mit ihren Milliarden dahinsiechenden Menschen. Sie fochten auf dieser Bühne einen Kampf auf Leben und Tod aus, bei dem es nicht nur um sie selbst ging, sondern darüber hinaus um eine generelle Idee.
Kol Mimo war zu allem bereit - nur nicht dazu, hier zu sterben.
Er rechnete damit, den Homunkulus zu töten. Er besaß ein Sammelsurium verschiedener Waffen und Verteidigungsmöglichkeiten, aber die Waffe, mit der er sich vermutlich am erfolgreichsten wehren konnte, steckte verborgen in einer großen Gürteltasche seines Fluganzugs.
Kol Mimo wartete...
Er schloß die Augen und versank in einer Welt, die auf einer anderen energetischen, geistig-physikalischen Ebene lag. Er horchte auf die Äußerungen dieser Welt. Er vernahm über das Flüstern der unbedeutenden Geräusche hinweg den suchenden Strahl des Homunkulus, der hier in der Nähe eingetroffen war.
Welche Richtung...? Kol stellte fest, daß er nicht aus dem Transmitter kam, sondern mit einem schweren Gleiter gelandet war. Wieder huschte der Strahl an ihm vorbei und über ihn hinweg, dann hielt er an und glitt zögernd zurück.
Schließlich befand er sich im Fokus des Abstrakt-Ortungsstrahls. Homunkulus hatte ihn erkannt und „gesehen".
„Ich bin bereit!" sagte Kol Mimo leise und betrachtete das makabre Schauspiel, das die Siedlung im Licht der höher steigenden Sonne bot. Zwischen den Häusern lagen schlafende und apathische Terraner. Es waren nur wenige, die sich hierher zurückgezogen hatten. Sollte es ihm gelingen, die Entwicklung aufzuhalten, dann würde über die vielen leidenden Planeten eine neuerliche Welle der Versuche hereinbrechen, ein gestörtes Gefüge von Leben und Wirtschaft wieder in Ordnung zu bringen.
Kol schaltete die dreifach gestaffelten Schutzschirme ein, griff nach den Hebeln des Flugaggregates und startete. Jetzt war er noch deutlicher zu erkennen; eine einfache Hyperortung konnte die Emission der fünfdimensionalen Geräte anmessen. Ein flacher Bogen trug ihn durch die Luft davon bis hinunter an den Strand.
Er blieb am Ende eines langen, weißen Landungssteges stehen und lehnte sich an die Kunststoffsäule des Begrenzungsfeuers.
Dieses Mal lag in seiner Hand eine schwere, wuchtige Energiewaffe. Wieder ortete er.
Homunkulus kam über See her auf sein Versteck zu.
„Auch gut!"
Das war die Kampfansage. Homunkulus zwang ihn also, in die Sonne zu blicken, was unbeschadet des hohen technischen Niveaus, noch immer ein taktischer Nachteil war. Kol schaltete das Funkgerät ein und sagte mit seiner leisen, schneidenden Stimme: „Mein unbekannter Freund - ich warte schon auf dich, seit ich dein Schiff zerstörte."
Er sah an den Funktionen des Gerätes, daß der Gegner hörte, aber er antwortete nichts. Vermutlich war es für ihn verblüffend, daß das potentielle Opfer zu ihm sprach. Kol konnte einen winzigen Schatten erkennen, dort vorn an der Wasserlinie neben den ersten Treppen der kleinen Siedlung. Ein kleiner,
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