0624 - Die Tränen der Baba Yaga
eigentlich, was du da verlangst? Woher, zum Erzengel, soll ich wissen, wo Baba Yaga sich gerade herumtreibt?«
»Du könntest es herausfinden. Immerhin verfügst du in dieser Hinsicht über weitaus bessere Mittel als ich.«
»Ich könnte versuchen, es herauszufinden. Hatte ich dir nicht vorhin gesagt, daß wir quitt sind, Professor? Wenn ich dir noch einmal helfe, bist du mir was schuldig.«
Zamorra nickte. »Ich rette dich dann beim nächsten Mal wieder.«
»Ich finde das gar nicht witzig«, stellte Sid Amos klar und fügte hinzu: »Außerdem weiß ich wirklich nicht, wo Großmütterchen Yaga sich gerade jetzt herumtreibt! Kannst du nicht wieder mal ein bißchen vorm Kaminfeuer träumen?«
***
Der Vorschlag erwies sich als undurchführbar.
Zamorra besaß jetzt einfach nicht die Ruhe, zu schlafen. Weder im Château Montagne noch an einem anderen Ort.
Ihm hing das gerade überstandene Abenteuer noch nach. Er fragte sich, ob es nicht anders, besser, effektiver hätte durchgeführt werden können. Was wirklich passiert war, nachdem er selbst das Bewußtsein verloren hatte - er fragte lieber nicht im Detail nach. Was auch immer geschehen war, ob Fricor nur eine gewaltige Niederlage einstecken mußte oder ob er selbst mit zu dem ›Schwund‹ gehörte, von dem Asmodis sprach - wenn Sid Amos sich so wie eben ausdrückte, dann wollte er nicht darüber reden.
Zamorra wußte, daß es Asmodis auch früher schon nicht besonders viel ausgemacht hatte, Opfer aus den eigenen Reihen zu bringen. Wer versagte, hatte eben Pech. Es mochte also durchaus sein, daß es Fricor nicht mehr gab. Irgendwann würde Zamorra es erfahren.
Allerdings wollte er sich den Schuh nicht anziehen, selbst schuld an dem Beinahe-Desaster zu sein. Woher hätte er wissen sollen, daß die Tränen der Hexe sein Amulett komplett lahmlegten?
»Yaga ist eine russische Hexe«, sagte der Lachende Tod. »Also werden wir sie in Rußland suchen müssen.«
»Wir?« echote Zamorra.
Der Tod warf sein Herz noch ein Stück höher in die Luft. »Wir«, bekräftigte er.
»Welches Interesse hast du noch daran?« fragte Zamorra etwas überrascht. »Das Herz aus Fricors Sammlung zu holen, verstehe ich noch, weil du und Fricor alte Feinde seid -wobei du für einen alten Feind doch recht schnell das Weite gesucht hast…«
Der Tod richtete eine Hand gegen Zamorra. »Reize mich nicht«, warnte er.
»Aber was dich jetzt noch motiviert, verstehe ich nicht.«
»Was ich anfange«, erklärte der Lachende, »bringe ich für gewöhnlich auch zu Ende. Und vielleicht kann ich dir auch einen Weg zeigen, das wandernde Haus der Yaga aufzuspüren. Denn dort, wo es bei eurer letzten Auseinandersetzung war, wirst du es sicher nicht mehr finden.«
***
Welche Methode der Lachende Tod anwandte, um fündig zu werden, verriet er Zamorra nicht. »Ich suche nach Spuren ihres Hauses«, hatte er lediglich gesagt.
Aber wie er das tat, blieb dem Dämonenjäger ein Rätsel. Er ließ sich von Sid Amos von einem Ort zum anderen teleportieren. Und der Ex-Teufel tat ihm den Gefallen, ohne auch nur ansatzweise zu protestieren; Zamorra hatte den Eindruck, es mache ihm sogar teuflischen Spaß, den Lachenden quer durch Rußland zu befördern. Und nicht nur durch Rußland selbst, sondern auch durch etliche andere angrenzende Länder, die früher einmal zur Sowjetunion gehört hatten; so weit die Menschen in diesen Ländern die Geschichten über Baba Yaga kannten, so weit reichte auch ihr ›Revier‹. Sie konnte überall sein - oder nirgendwo…
Schließlich vermeldete der Lachende Tod, fündig geworden zu sein.
Er nannte einen Ort in der sibirischen Tundra, in dessen Nähe er die Spur der Hexe gefunden haben wollte.
Zwischenzeitlich hatte Zamorra sich nach dem Sinn seines Unternehmens gefragt. Warum sollte er der Baba Yaga das Herz und damit auch ihre Tränen zurückgeben? Er gab ihr doch damit nur noch weitere Macht zurück, mit der sie ihn und andere Menschen bedrohen konnte! Und hatte nicht Sid Amos selbst gesagt, daß Zamorra nicht mit der Dankbarkeit der Hexe rechnen dürfe?
Aber die Angelegenheit hatte längst schon eine Eigendynamik entwickelt, der er sich kaum noch entziehen konnte.
Und möglicherweise beschwor er noch zusätzliche Rachegelüste der Hexe herauf, wenn er ihr Herz einbehielt. Sie würde erfahren, daß er es beschafft hatte, und sie würde es ihm abverlangen. Es war fraglich, ob er wirklich Kontrolle über sie bekam, wenn er es ihr nicht zurückgab.
Über kurz oder
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