0626 - Kopfjagd in der Höllenwelt
Der Weiße wurde gegen die Wand geschleudert und sank langsam zusammen.
Er wollte noch einen Alarmruf von sich geben, aber nur ein heiseres Rasseln wurde hinter dem Visier laut. Er polterte schwer auf den Teppichboden des Korridors und blieb stumm liegen.
Santor spürte einen schalen Geschmack auf der Zunge. Er hatte getötet. In Notwehr, aber trotzdem. Diese Männer waren keine Räuber, keine Gesetzlosen, sondern Soldaten des Kaisers.
Er starrte die Tür an, vor der die beiden Soldaten gestanden hatten. Dahinter mußte sich etwas Wertvolles befinden, sonst hätten die Wächter nicht so empfindlich reagiert.
Vielleicht konnte er sich damit ein Druckmittel verschaffen…
Er hörte teppichgedämpfte Schritte. Mehrere Männer kamen hinter einer Biegung über den Korridor auf ihn zu. Um diese Nachtstunde konnten es nur Soldaten sein.
Santor starrte zur Biegung. Wenn sie von dort aus ihre Klingen abschossen, hatte er keine Chance. Einen, vielleicht auch zwei konnte er selbst treffen, aber der dritte erwischte ihn.
Es blieben ihm jetzt nur zwei Möglichkeiten.
Wieder hinaus auf die Galerie - oder durch jene bewachte Tür.
Er entschied sich für die Tür.
Er stieß sie auf und sprang in das dahinterliegende Zimmer, gerade noch, bevor die Soldaten um die Biegung stürmten…
***
Rans Kopf flog herum. »Was soll das?« brüllte er. »Was fällt Ihm ein, unerlaubt hier einzudringen? Weg mit der Waffe…«
Der Schillernde stutzte. Er sah zwei Waffen in den Händen des Weißen. Das war nicht normal. Der Berater des Kaisers begann zu ahnen, daß hier etwas nicht so lief, wie es eigentlich laufen sollte.
Der Eindringling zog die Tür hinter sich zu. Mit einem schnellen Sprung war er an dem breiten Kartentisch, an dem Ran noch spät in der Nacht arbeitete, und hielt dem Mann die Schwert -lanzenklinge vor die Brust.
Ran erhob sich langsam. Bleich starrte er den Soldaten an.
»Vor deiner Tür liegen zwei tote Männer«, rasselte er. »Jetzt ein falsches Wort, und du bist der dritte!«
Die zweite, schußbereite Waffe drohte auf Ran. Der Soldat zog sich blitzschnell hinter die Tür zurück, die gerade aufgestoßen wurde. Fünf Gerüstete zugleich drangen ein.
Ran starrte die Waffe des Eindringlings an, den die anderen hinter der offenstehenden Tür nicht sehen konnten. Wenn der Unheimliche schoß, war Ran tot. Der Mann in der schillernden Kleidung wußte, daß er sich niemals so schnell ducken konnte, wie die Klinge heranflog.
»Was wollt ihr?« fauchte er die fünf Weißen an.
»Es wurde gekämpft, Herr! Deine Wachtposten vor der Tür sind ermordet. Ein Unbekannter treibt sich im Palast herum!«
Ran zwang sich zu einem spöttischen Lachen. »Und ihr Narren glaubt, er wäre hier?«
»Mit deiner Erlaubnis, Herr…«
»Ihr habt sie nicht«, fauchte Ran. »Hinaus mit euch. Sofort! Hier ist niemand !«
»Verzeiht, Herr, aber die beiden ermordeten Wächter…«
»Interessieren mich nicht. Ich habe zu arbeiten! Seine Majestät benötigt eine genaue Karte der Glühenden Berge sehr dringend! Hinaus!«
Er wurde immer energischer und lauter.
Endlich gehorchten die Soldaten. Sie zogen sich zurück. Die Tür des Arbeitszimmers fiel ins Schloß.
Ran sank hinter seinem Tisch wieder zusammen. Er war immer noch blaß. Unverwandt sah er den stumm dastehenden Gepanzerten an, der seine Waffen immer noch nicht senkte.
»Nun, sie sind fort«, sagte Ran schließlich. »Was willst du noch? Laß mich arbeiten.«
»Oh nein, Ran«, rasselte es hinter dem Visier. »Noch nicht. Ich habe eine weitaus bessere Verwendung für dich.«
Er trat langsam näher. Wechselte die rechte Waffe mit in die linke Hand und öffnete das Helmvisier.
»Santor«, murmelte Ran. »Ich ahnte es.«
Santor trat endgültig an den Tisch heran. »Wie das?« fragte er selbst überrascht.
Ran lächelte verkrampft. »Nur ein Verzweifelter wie du, Dominus Santor, ist fähig, sich so närrisch zu benehmen. Was hoffst du damit zu erreichen?«
»Ich will mein Recht und meine Tochter«, sagte Santor hart.
»Und deshalb tötest du Soldaten des Kaisers?«
»Ich wehrte mich. Sie hätten mich getötet«, sagte Santor.
»Ich sehe es«, nickte Ran.
Santor folgte seiner Blickrichtung und sah einen dünnen roten Blutfaden, der sich entlang der enganliegenden Rüstung in Hüfthöhe zog. Dort hatte ihn das Geschoß gestreift. Es hatte ihn also doch verletzt. Er spürte aber nicht den geringsten Schmerz.
Er starrte Ran an. »Du hast mir besser geholfen, als ich dachte.
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