0626 - Kopfjagd in der Höllenwelt
Sarnalon.«
»Zum Santor-Haus«, bekräftigte Patricia.
Sie erreichten die Stadtmauern erst lange Zeit nach Zamorra. Da war von dem Sklaven längst nichts mehr zu sehen.
***
In Zamorra brannte eine verzehrende Flamme. Er fühlte sich von seinen Wunden genesen. Die Erschöpfung war fort, er war frisch wie zu Beginn seiner Jagd, zumindest so frisch, wie er es unter diesen Umständen sein konnte.
Zamorras Freundschaften und Verbindungen existierten nach wie vor.
Er wartete auf die Dunkelheit. Als sie kam, wußte er, wo sich jener reiche Kaufmann aufhielt, der Eva ermordete. Eva, die Sklavin, die er mit seinen Ersparnissen freigekauft hatte. Weil sie ihn an eine Frau erinnerte, die ebenfalls getötet worden war, der er nicht hatte helfen können… [1]
In einer anderen Welt?
Es gehörte zu seinen verschütteten Erinnerungen, die sich nicht wecken lassen wollten.
Hatte er dadurch, daß er die eine Eva freikaufte, wiedergutmachen wollen, daß er sich vorwarf, die andere Eva nicht geschützt zu haben? Es nicht gekonnt zu haben?
Aber auch diesmal war es ihm nicht gelungen. Caramoine, der ebenfalls versucht hatte, sie zu kaufen, im Preispoker aber unterlegen war, hatte sie später ermordet.
Dominus Caramoine!
Er hielt sich zu dieser Stunde im ›Singenden Kauffahrer‹ auf, einer Schänke der nobleren Klasse, in der sich der Blut- und Geldadel traf. Kurz berührte Zamorra den Griff des Mörderdolches, als er vor der Schänke anhielt. Zwei riesige, dunkelhäutige Sklaven hielten Wache und verwehrten jedem den Zutritt, der nicht in die Gesellschaft paßte, welche im ›Singenden Kauffahrer‹ einzukehren pflegte.
Zamorra strich sein zerschrammtes und verschmutztes ledernes Hemd etwas glatter und schritt direkt auf den großen Säuleneingang zu.
Die beiden Sklaven vertraten ihm den Weg. »Verzeih, Herr, aber dir müssen wir auf Geheiß des Eigentümers den Zutritt verwehren. Zürne uns nicht, da wir nur unsere Pflicht erfüllen.«
Zamorra, durch das Fehlen des Eisenkragens nicht als Sklave zu erkennen, maß die beiden Männer mit grimmigem Blick. »Ihr wagt es, einem freien Bürger dieser Stadt entgegenzutreten?«
Er log, ohne rot zu werden. Natürlich war er kein freier Bürger. Aber das sah ihm auf den ersten Blick niemand an.
»Wir müssen.«
»Tut mir leid«, murmelte Zamorra. »Ich werde mich später bei euch entschuldigen.«
Mit zwei Fingern deutete er kurz zu seinem Hals, wo immer noch der helle Streifen Haut auf das frühere Vorhandensein des Kragens hindeutete. Aber es war eine Finte. Zamorra schlug im gleichem Moment aus der Drehbewegung heraus zu. Er hatte das Überraschungsmoment auf seiner Seite, weil keiner der beiden Wächtersklaven mit einem wirklichen Angriff rechnete.
Der erste krümmte sich, brach zusammen. Der zweite riß überrascht Mund und Augen auf. Zamorra bedachte ihn ebenfalls mit einem kräftigen Fausthieb. Der Sklave taumelte zurück, wollte sich wieder auf Zamorra stürzen, aber da war dieser schon an ihm vorbei, stellte ihm ein Bein und traf ihn mit einem weiteren Schlag im Nacken. Bevor die beiden eigentlich recht kräftigen Männer sich wieder erhoben, war Zamorra bereits durch das Portal geschlüpft.
Hier ahnte niemand etwas von dem Vorfall. Man verließ sich einfach auf die Pächtersklaven.
Kurz blieb Zamorra stehen und sah sich um. Es gab keinen Vergleich zu jener Schänke in dem kleinen Dorf am ersten Abend seiner Verfolgungsjagd. Hier war die Musik lieblicher, die Gespräche gedämpfter und die Schankmädchen noch hübscher. Prunkvolle Vorhänge teilten den großen Raum in kleinere Nischen, hier und da hingen wertvolle Bilder und kunstvolle Wandbehänge an den Mauern. Männer in kostbarer Kleidung saßen um niedrige Tische oder schlenderten, im Gespräch vertieft, auf und ab.
In einem Winkel, fast nicht zu sehen, hockte Dominus Caramoine, der Mörder.
Zamorra lächelte kalt und schritt auf ihn zu. Caramoine bemerkte ihn erst, als Zamorra vor ihm am Tisch stand und die Hand hob. Der Fette sprang auf. Eine Zornesader schwoll an seiner Stirn.
»Wer hat diesen Abschaum hier hereingelassen?« brüllte er. »Pack dich, Hund! Sagte ich dir nicht, du solltest dich hüten, mir noch einmal in die Quere zu kommen?«
Gespräche verstummten. Köpfe ruckten herum. Augenpaare beobachteten die Szene. Caramoine saß mit zwei anderen Männern an seinem Tisch, die sofort nach den Dolchen griffen.
Zamorra zog sein Kurzschwert.
Ein paar Mädchen schrien auf. Männer fluchten. »Keinen
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