0626 - Kopfjagd in der Höllenwelt
geblendete und feuerspeiende Ungeheuer?
Er sah es.
Er sah es im hellen Morgenlicht, wie es zwischen den steinernen Zähnen des Felsentores hing. Irgendwie mußte es der Feuerbestie gelungen sein, das Tor halb zu öffnen, war in seinem Wahn hindurchgeklettert, und dabei hatte das Steingebiß wieder zugepackt. Das Ungeheuer war zwischen den spitzen Steinpfählen verendet, aber gleichzeitig verhinderte es mit seinem gepanzerten Körper, daß sich das Tor völlig schloß.
Zamorra taumelte mit dem Mädchen über den Hof bis zum Tor. Da war noch das um einen Zahn geschwungene Seil. Es ruckte leicht hin und her. Als Zamorra sich hinüberbeugte und in die Tiefe spähte, sah er Calderone, der sich rasend schnell abseilte, Patricia an sich geklammert.
Fieberhaft begann Zamorra zu überlegen, wie er mit dem besinnungslosen Mädchen nach unten kam, geschwächt, wie er war. Er mußte eine Schlinge in das Seil binden, Teri und sich daran festbinden und sich dann mit der anderen Seilhälfte in die Tiefe arbeiten…
Gerade wollte er damit beginnen, als Calderone unten ankam. Der Assassine nahm seinen Dolch und begann am Seil zu schneiden. Seine Absicht war klar. Durchschneiden und herunterziehen… und Zamorra und Teri waren oben gefangen.
Schon drangen die dunklen Schatten aus dem Tempeltor, folgten dem pochenden Ilcrzschlag der beiden Menschen, um sie zu verschlingen…
»Nein«, stöhnte Zamorra verzweifelt.
Ungerührt schnitt Calderone weiter an dem Seil. Es war schon zur Hälfte durchtrennt.
***
Als Santor durch die geheime Tür die Gemächer des Kaisers betrat, fuhren zehn weißgerüstete Krieger herum. Ihre Schwertlanzen richteten sich auf Santor. Unwillkürlich hob er seine Waffe, um wenigstens einen der anderen mit in den Tod zu nehmen, wenn es sein mußte.
Obgleich die Visiere die Gesichter der Soldaten bedeckten, erkannte er in ihrer Körperhaltung Überraschung. Sie hatten wohl von diesem Geheimgang nichts gewußt, und daß er daraus auftauchte, versetzte sie in Erstaunen bis Erschrecken.
Einer, der wohl ein Offizier sein mußte, obgleich es keine sichtbaren Zeichen an seiner Rüstung gab, hob die Hand. »Woher kommst du?« schnarrte er. »Wie kommst du in jenen Gang? Wer bist du?«
Santor senkte seine Waffe. Jetzt nur keinen Verdacht mehr erregen! Er mußte sich blitzschnell eine Ausrede einfallen lassen, denn gegen zehn Männer zugleich konnte er niemals bestehen.
»Ich komme vom Kaiser«, sagte er. »Er liegt da drinnen in einem seltsamen Raum. Dort fand ich ihn, als ich einen Verräter verfolgte. Doch ich kam zu spät.«
»Wie das? Berichte!« befahl der Offizier. »Was geschah?«
»Der Berater und Kartenzeichner Ran«, sagte Santor schwer, »versuchte den Kaiser zu ermorden. Er tötete zwei Wachen, die vor seiner Unterkunft, vor seinem Arbeitsraum, standen. Er nahm ihre Waffen und drang hier ein. Der Kaiser floh durch einen Geheimgang. Doch der andere folgte ihm und tötete ihn.«
»Und wo ist Ran jetzt?«
»Ich schoß ihn nieder, als er mich angriff«, log Santor.
»Woher weißt du das alles?«
»Ich beobachtete«, sagte Santor. »Und ich verfolgte den Übeltäter.«
»Warum gabst du keinen Alarm?«
»Ich gab Alarm, doch niemand hörte auf mich! Ist das meine Schuld?« fauchte Santor. »Ich tat mehr als meine Pflicht, indem ich dem Attentäter allein folgte!«
Der Offizier sah ihn durch die schmalen Sehschlitze seines Helmvisiers an. Lange Zeit schwieg er, dann hob er die Hand und spreizte zwei Finger. Zwei der Soldaten stürmten in den Geheimgang, um Santors Worte einer genauen Prüfung zu unterziehen. Oh, man hatte nicht vergessen, daß der Gefangene Santor entwichen war und im Palast gesucht wurde…
Vorsichtig sah Santor sich um. Die anderen Soldaten verteilten sich so im Raum, daß sie ständig jeden Punkt unter Kontrolle hatten. Santor besaß keine Möglichkeit, unauffällig zu verschwinden. Und er wußte nur zu gut, daß sich seine erfundene Geschichte als reine Fantasie entpuppen würde, sobald die beiden Soldaten die Leichen sahen. Denn Ran war durchaus nicht allein an Santors Waffe gestorben, sondern schon vorher, durch die magische Kraft des Kaisers…
Ich muß hier rauskommen! dachte Santor. Laßt mich gehen!
Wenig später kehrten die beiden Soldaten aus dem Geheimgang zurück. Einer raunte dem Offizier etwas zu, das Santor nicht verstehen konnte.
Der Offizier hob seine Waffe.
»Ich glaube dir nicht«, sagte er. »Was diese Männer fanden, widerspricht deinen Worten. Öffne
Weitere Kostenlose Bücher