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0627 - Tanz der Kobra

0627 - Tanz der Kobra

Titel: 0627 - Tanz der Kobra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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durchbrach.
    Zamorra war gespannt darauf, ob jemand sie in ihrer Nachtruhe stören würde…
    ***
    Andra zog den Korb mit der Messing-Kobra zu sich heran. Er hob den Deckel an. Die unterarmlange Schlange rührte sich nicht. Sie hob nicht einmal den Kopf.
    Ich muß sie vom Dorf fortbringen und draußen freilassen, dachte Andra. Aber dann zögerte er. Wieder einmal. War es wirklich richtig, was er tat? War es nicht egal, ob die Schlange bei ihnen war oder nicht? Sie wurde zwar nicht bei den Vorstellungen eingesetzt, aber sie verlangte auch nicht nach Futter!
    Wovon lebt sie überhaupt? Sie müßte längst hungrig sein, und doch zeigt sie keinerlei Aggressivität!
    Andra streckte die Hand aus - und zog sie sofort wieder zurück. Erschrocken starrte er in den Korb. Aber die funzelige Innenbeleuchtung des Kombis zeigte ihm die Schlange immer noch so reglos, wie sie vorhin im Korb gelegen hatte. Sie nahm von dem Gaukler überhaupt keine Notiz.
    Es war, als sei sie nur eine kunstvoll gearbeitete Metallfigur.
    Andra schluckte. Er legte den Deckel wieder auf den Korb. Den nahm er dann aus dem Wagen und schloß die Hecktür leise, um die anderen nicht zu wecken.
    Es ist nicht richtig, was ich hier tue, dachte er.
    Alles in ihm drängte danach, den Korb wieder in den Vauxhall zurückzustellen. Gleichzeitig glaubte er wieder die Stimme des dürren alten Mannes zu hören, der von ihm verlangte, die Schlange zu töten.
    Das Böse zu töten.
    Aber Schlangen waren nicht böse. Selbst die Giftigsten von ihnen waren es nicht. Es lag in ihrer Natur, mit Gift die Beute zu lähmen, um sie danach zu bespeicheln und zu verschlingen. So wie Menschen andere Tiere töteten, um sie zu essen. Nichts anderes war es. Menschen sahen Tiere als legitime Beute, und die Schlangen sahen alle anderen Wesen als legitime Beute - oder als Feind, der ihnen diese Beute abnehmen wollte oder sie überhaupt bedrohte. Menschen gingen ja auch mit Waffengewalt gegen andere Wesen vor, von denen sie bedroht wurden.
    Das hatte nichts mit Bosheit zu tun.
    Schlangen waren nun einmal so.
    Andra war sicher, in einem früheren Leben schon einmal eine Schlange gewesen zu sein. Deshalb fühlte er sich diesen Tieren auch so eng verbunden.
    Nein, er konnte diese Kobra nicht töten. Er konnte sie nur fortbringen und freilassen.
    Er schritt in die Nacht hinaus. Einen halben Kilometer vom Dorf entfernt wollte er sie aus dem Korb werfen, irgendwohin, damit sie davonkroch und wieder selbst für sich sorgte.
    Ja, dachte er. Ich gebe dich frei. Wir wollen nichts mehr von dir. Daß wir dich eingefangen haben, war ein Irrtum, den du uns sicher verzeihen wirst. Der Gott der Schlangen wird nichts dagegen einwenden, denn wir haben dir nichts Böses getan. Daß du keine Nahrung bekamst, liegt nicht an uns, und du kannst sie dir ja noch in dieser Nacht selbst beschaffen.
    Dann kehrte er zum Wagen zurück, stellte den Korb hinein und verschloß das Auto, ehe er ins Zelt zurückkehrte und sich auf sein Nachtlager legte.
    Aber schlafen konnte er immer noch nicht; er döste nur und wälzte sich unruhig hin und her.
    Im Korb bewegte sich die Messing-Kobra ein wenig.
    ***
    Die menschengroße Kobra näherte sich dem Bannkreis - und zuckte zurück. Deutlich registrierte sie die magischen Warnsymbole.
    Sie schlängelte ein wenig zurück, bis sie außer Reichweite war. Dann verwandelte sie sich wieder. Der einbeinige uralte Mann entstand. Er lag auf dem Boden, auf dem Trampelpfad, sah dorthin, wo hinter einer Wegbiegung der Lichtschein der Petroleumlampe lockte, und überlegte.
    Zamorra hatte sich abgesichert.
    Der Alte verstand das. Er hätte anstelle des Menschen nicht anders gehandelt. Das erschwerte das Vorgehen allerdings.
    Doch es gab noch eine andere Möglichkeit.
    Er analysierte sie, rechnete alles durch und kam zum Schluß, daß er vielleicht Erfolg haben würde.
    Als der Verstand des Menschen nicht mehr gebraucht wurde, verwandelte er sich wieder in die Schlange und kroch davon. Er umging das Nachtlager Zamorras weiträumig, um nicht aufzufallen.
    Er hatte ein neues Ziel.
    ***
    Als der Morgen kam, bauten die Schlangenfänger ihre Zelte ab, verstauten sie auf dem Dach des Kombis und fuhren nach einem kargen Frühstück weiter. Von den Menschen im Dorf sahen ihnen nur die Kinder nach.
    Rahan, Beianis -Bruder, fuhr das Auto. Andra saß neben ihm, hatte die kleine Siha auf dem Schoß; die anderen hatten sich auf der Rückbank zusammengedrängt. Es war fast ein Wunder, daß sie alle in den

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