0629 - Der Racheengel
in Szene setzen zu können?
Der Gedanke daran machte Suko Angst. Da wurden fürchterliche Zombie-Träume zu gefährlichen Tatsachen, denn Suko konnte da auf einschlägige Erfahrungen zurückblicken.
Diesmal nicht.
An diesem dunklen Abend erreichte ihn die Gefahr von einer anderen Seite.
Er wusste selbst nicht, weshalb er plötzlich auf der Stelle herumfuhr.
Da sah er es!
Er hatte das Gefühl, einen Treffer in den Magen zu bekommen, denn vor ihm erhob sich der Gegenstand, der ihm eine so gute Deckung gegeben hatte.
Die breite Grabplatte drang nicht nur aus dem Boden, sie schwebte bereits über ihn hinweg und kippte einen Augenblick später auf den Inspektor zu…
***
Suko warf sich zurück.
Es war mehr ein Hechtsprung, der ihn aus der Gefahrenzone brachte. Nach hinten katapultierte er sich, landete irgendwo zwischen Büschen und Kantsteinen, an dessen scharfen Ecken er sich den Rücken stieß.
Er hörte noch das Klatschen, als die schwere Grabplatte zu Boden fiel.
Suko schnellte sofort hoch, er wollte nicht länger liegen bleiben und sich ausruhen, aber der Söldner-Killer war mit allen Wassern gewaschen. Diesmal jagte kein Grabstein auf ihn zu, sondern ausgerechnet ein schweres Kreuz.
Es war aus Eisen!
Suko sah es im Hochkommen dicht über sich, bemerkte auch, wie es verkantete, sich aufstellte und nach unten kippte.
Dem langen Balken entwischte Suko, der querlaufende aber erwischte ihn, weil sich das Kreuz beim Fallen noch einmal drehte.
Hinter dem Ohr und bis hin zum Nacken spürte er den wuchtigen Schmerz, der ihm die Tränen in die Augen trieb und sein Sichtfeld verschleierte.
Suko fiel auf den Rücken. Weiche Erde fing ihn auf wie ein Teppich. Seine Hand zuckte automatisch zur Beretta, doch etwas stemmte sich gegen seinen Unterarm.
Ein Fuß war wuchtig nach unten gerammt worden, als wollte er den Arm am Boden festnageln.
Regungslos blieb Suko liegen, was nicht allein am Druck auf seinem Arm lag, es hing mehr mit den beiden Mündungen zusammen, die ihn anglotzten wie leere Augenhöhlen.
Groß und wuchtig stand Creep neben und gleichzeitig über ihm. Sein blaues Gesicht sah kalt aus, er wirkte wie poliert. Augen, die grausam funkelten, ein Mund, der zu einem hasserfüllten Grinsen verzogen war.
Dann hörte Suko die Stimme. Sie erreichte ihn mehr als Flüstern. »Gibst du dir jetzt noch eine Chance, Bulle?«
»Kaum!«, erwiderte Suko.
»Wie Recht du hast…«
***
Sie schlug nicht zu, denn es passierte etwas, womit keiner von uns gerechnet hatte, selbst Sassia nicht.
Die fünf Totenschädel »meldeten« sich!
Es war weder Schreien noch Flüstern, kein Heulen und Jaulen, sondern Geräusche, die mich an brechendes Holz erinnerten, Knacken und Splittern. Kein Schädel blieb davon verschont, wie ich mit einem raschen Blick hatte feststellen können.
Die dünnen Schalen bekamen Risse, sie brachen auf, sogar einige kleine Splitter spritzten weg.
Und auch Sassia hatte das Geräusch vernommen. Sie war erstarrt, und das hatte sich auch auf die Klinge übertragen. Bewegungslos schwebte das glänzende Stück Metall über dem Stuhl und damit auch über dem Hals des Sir Edgar Brake.
Aber sie drehte den Kopf, weil sie einfach wissen und sehen musste, was passierte.
Keiner von uns hatte die Schädel auch nur berührt, auch Wilma Lane nicht, die noch die doppelläufige Schrotflinte festhielt. Die Waffe wirkte plötzlich wie ein Fremdkörper. Es hätte mich nicht gewundert, wenn Wilma sie zur Seite geschleudert hätte.
Sie atmete durch den Mund, schaffte es sogar, den Kopf leicht zu schütteln, und sah aus, als wollte sie eine Frage stellen.
Ich musste etwas unternehmen. Jetzt oder nie. Zögerte ich zu lange, konnte ich einpacken.
Deshalb sprang ich.
Es war ein gewaltiger Satz, der mich auf die Rächerin zuschleuderte. Ich war schnell gewesen, hatte mich so kräftig wie möglich abgestoßen und die Arme ausgestreckt, wobei die Hände auf ihre Gelenke zielten.
Sassia schlug nicht zu. Vielleicht war sie zu sehr geschockt oder zu nachdenklich geworden, jedenfalls hämmerte ich ihr meine brettharten Handkanten gegen die Gelenke.
Der Treffer saß.
Leider verlor sie das Schwert nicht aus den Händen. Dafür kippte sie zurück und fuchtelte mit der Waffe, als wollte sie damit nach umhersirrenden Fliegen schlagen.
Sassia prallte gegen einen Tisch, riss dabei einen Stuhl um und schrie wütend auf.
Noch einer meldete sich.
Sir Edgar veränderte seine Haltung nicht, obgleich er die Chance dazu gehabt
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