0629 - Der Racheengel
gehört. Sein Kopf lag auf der Stuhlfläche, und ich hörte ihn jammern. Er gab Laute ab, die mir ins Herz schnitten. Sein Kopf lag auf der linken Seite, und wenn er Wilma Lane sehen wollte, musste er nach rechts schielen und dabei die Augen verdrehen. Aus dem harten, unbeugsamen Mann war ein jammerndes Bündel Mensch geworden.
Natürlich wollte ich diese grausame Tat nicht so einfach hinnehmen. »Überlegen Sie es sich, Mrs. Lane. Sie machen sich mitschuldig. Sie sind dann nicht mehr wert als ein Mörder.«
»Wie können Sie mich nur mit dieser Bestie vergleichen, Polizist?«
»Der Hehler ist nicht besser als der Stehler. Kehren Sie um, Sie haben noch Zeit!«
In meine Worte hinein erklang das Geräusch von Schritten. Sassia hatte sich hinter mir in Bewegung gesetzt. Ihr brauchte nichts gesagt zu werden, sie wusste auch so, was sie zu tun hatte.
Ihr Ziel war ebenfalls der Stuhl, und sie sprach Sir Edgar flüsternd an. »Ich komme, Brake, ich komme. Hörst du mich? Hörst du meine Schritte? Jeder Tritt bringt dich deinem Ende näher, Brake. Es wird furchtbar sein, das verspreche ich dir. Ich hätte es gern noch furchtbarer gemacht, aber ich habe mich entschlossen, dich zu köpfen. Einfach so, kurz und bündig, Edgar.«
Er jammerte und weinte nur noch.
Ich war bleich geworden, suchte nach einem Ausweg. Vielleicht sollte ich die Beretta ziehen und es einfach darauf ankommen lassen. Wenn Wilma Lane abdrückte, würde der Rückstoß der Waffe sie vielleicht aus der Richtung bringen. Dann traf die Ladung nicht voll, und Brake hatte eine Chance, es zu überstehen.
Ja, das musste ich machen.
Sassia ging an mir vorbei. Trotz ihrer hörbaren Tritte bewegte sie sich geschmeidig. Das dünne Hemd flatterte, der Stoff war durchsichtig, ich erkannte fast alles.
Meine Hand rutschte in die Richtung, wo die Beretta steckte. Das hatte die Lane mitbekommen.
»So nicht, Bulle!«
Ich schaute sie an.
Sie hatte die Waffe gedreht. Jetzt zeigten die beiden Mündungen auf mich.
Sir Edgar brauchte sie auch nicht zu bedrohen, denn neben ihm stand bereits Sassia und hatte ihr Schwert erhoben. Die Klinge der Mordwaffe schwebte schon über dem Hals des Mannes.
»Unsere Rache an ihm!«, stieß Wilma Lane böse hervor. »Es ist unsere Rache. Schlag zu, Sassia köpf ihn!«
***
Wenn er jetzt abdrückt, bist du tot, dachte Suko. Er braucht nur den Finger ein wenig nach hinten zu ziehen, dann reißt dir die Garbe die Brust auf.
Suko stand unbeweglich. Er setzte sich nicht hin, er schaute nur in das Gesicht des Mannes mit dem Namen Arnie.
Es war blau, gezeichnet von einer Magie, über die Suko so gut wie nichts wusste, aber es fiel in der Dunkelheit nicht auf. Nur die Augen funkelten heller als sonst, und der Blick versprach den Tod.
»Es ist wunderbar!«, flüsterte Arnie kichernd. »Es ist wunderbar, dass ich es sein darf, der dich zur Hölle schickt, Bulle. Ist das nicht herrlich?«
»Weiß nicht.«
»Setz dich. Ich will deinen Kadaver an die Rückenlehne nageln, du Mistkerl.«
»Schon gut, schon gut.« Suko schluckte und nickte. Er hatte die Arme halb erhoben. »Ich werde alles tun, was du verlangst. Bitte, aber lass mich…«
»Schiss, wie?«
»Ja.«
Arnie lachte wieder leise. »Komisch, dass auch die Gelben Schiss haben. Hätte ich nicht gedacht.«
»Auch wir sind Menschen.«
»Ach ja?«
Suko saß halb. Er hatte Arnie bewusst angesprochen, um ihn abzulenken, denn so war es ihm gelungen, seine rechte Hand zu bewegen und sie dorthin zu schieben, wo sich der Stab befand. Er war seine einzige Rettung.
Aber Arnie gab Acht. »Was tust du da? Willst du eine Kanone…?«
»Topar!«
Suko hatte den Stab nur zu berühren brauchen, sprach das magische, alles entscheidende Wort und schaffte es, die Zeit für fünf Sekunden anzuhalten.
Das heißt, nur er konnte sich bewegen. Arnie aber war erstarrt. Er wirkte wie eine Steinfigur.
Suko handelte. Er schoss in die Höhe, entriss dem Killer die Maschinenpistole, zog ihn in die Buschnische hinein und schlug den Lauf in den Specknacken.
Arnie brach lautlos zusammen. Er fiel über die Bank, wo Suko ihn liegen ließ. Der Killer war bewusstlos geworden und erwachte auch nicht, als die fünf Sekunden vorbei waren.
Suko atmete auf und konnte sich ein Lächeln der tiefen Erleichterung und Freude nicht verkneifen.
Einen Gegner hatte er ausgeschaltet. Jetzt musste er ebenso gut mit den beiden anderen fertig werden, die er aber als gefährlicher einstufte.
Er zog sich wieder tiefer in die
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