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0630 - Das Tengu-Phantom

0630 - Das Tengu-Phantom

Titel: 0630 - Das Tengu-Phantom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Geldnote auf den Tisch, die er verlegen einstrich. Als er mein Lächeln sah, nahm er ebenfalls Platz.
    Wir aßen.
    Gesprochen wurde nicht. Auch die Frau kümmerte sich nicht um uns. Ihr Haar war bereits grau. Sie hatte es kurz geschnitten. So umrahmte es ihre weiche Gesichtshaut, auf der sich kaum eine Falte zeigte.
    Ich nickte dem Mann zu. »Ausgezeichnet«, sagte ich und strich noch etwas von der selbstgemachten Butter auf das Brot. Er hatte den Aufstrich später gebracht.
    »Wir ernähren uns selbst.«
    »Wovon leben Sie?«
    Er hob die Schultern. »Wir bauen etwas Getreide an. Ansonsten vom Fischfang, von den Schafen, den Kühen. Die meisten sind heute gegangen. Sie wollen Sturmschäden beseitigen. Ich warte.«
    »Zusammen mit Ihrer Frau?«, fragte Suko.
    »Ja.«
    »Es herrscht eine traurige Stimmung in diesem Haus«, sagte der Inspektor behutsam. »Man spürt sie.«
    Da der Mann keinen weiteren Grund hinzufügte, hakten wir bei ihm auch nicht nach. Wir aßen weiter und tranken die Milch, die uns beiden gut schmeckte.
    Um den Mann aus der Reserve zu locken, bediente ich ihn mit Informationen. »Wir sind auf der Durchreise und wollten eigentlich einen Bekannten besuchen, der hier in der Nähe wohnt.«
    »Wen?«
    »Er unterrichtet an einer Schule.«
    Der Mann zuckte zurück, er wurde blass und rot zugleich.
    Das merkte auch die Betende. »Nicht, Vale, reiß dich zusammen, bitte. Mir zuliebe!«
    Hoppla - in welches Fettnäpfchen hatte ich denn da hineingetreten? Ich entschuldigte mich sofort und sagte: »Sorry, aber ich wusste nicht, dass Sie etwas gegen die Schule haben.«
    »Teufelswerk!«, zischte uns Vale zu, und seine Augen bekamen einen Gletscherblick. »Sie ist Teufelswerk. Der Tod geht dort um, er ist furchtbar.«
    »Woher wissen Sie das?«
    Vale trat mit dem rechten Fuß auf, der in einem Stiefel steckte. »Ich weiß es.«
    »Sie waren schon da?«
    »Nein, aber mein Bruder.«
    »Dann hat er etwas erzählt?«, wollte Suko wissen.
    Vale schüttelte den Kopf. »Auch nicht!«
    »Woher wissen Sie denn, dass die Schule Teufelswerk ist?« Suko lächelte. »Das sagt man doch nicht einfach so.«
    »Nein, das sagt man nicht einfach so.« Er schaute uns an. Erst Suko, dann mich.
    Zumindest ich hatte den Eindruck, als wollte er den Grund unserer Seele ausloten. Er stand so plötzlich auf, dass ich erschrak. »Kommen Sie mit! Kommen Sie!«
    »Wo willst du hin?«, rief die Frau. »Bitte, Vale, versündige dich nicht, bitte!«
    »Lass mich, Judith!« Er sprach den Satz scharf und schaute seine Frau auch so an. In diesem Moment sah er für mich aus wie einer der alten Patriarchen aus der Bibel.
    Und biblisch kam es mir in diesem Haus auch vor. Er ging vor uns her, ohne sich noch einmal umzublicken. Um mit ihm Schritt halten zu können, mussten wir uns beeilen.
    Links neben dem Kamin befand sich eine alte Tür in der Wand. Vale zog sie auf, blieb aber auf der Schwelle stehen und drehte sich um. »Ich zeige es Ihnen nicht gern, aber ich sehe keine andere Möglichkeit, um meine Worte deutlich zu machen.«
    »Gut.«
    »Besitzen Sie eine Lampe?«
    Suko holte seine Leuchte hervor.
    »Die Treppe ist steil. Ich werde Sie beide in den Keller führen. Ziehen Sie die Köpfe ein, die Decke ist nicht sehr hoch.«
    Das merkte ich auf der alten Treppe, als meine Haare die Decke streichelnd berührten.
    Der Keller war nichts anderes als ein feuchtes, muffiges Loch, in dem man Rheuma bekommen konnte. Von den Wänden lief Wasser. Vale hatte in diesem unterirdischen Raum Werkzeug und Angelsachen untergebracht, aber keine Lebensmittel, die sehr schnell verschimmelt wären.
    Es lagen zwei Räume hier unten. Den zweiten erreichten wir, wenn wir nach links gingen.
    Da erwischte mich der Geruch. Auch Suko, der vorging, hatte ihn wahrgenommen. Er blieb stehen und drehte sich herum.
    So rochen Leichen…
    »Hören Sie, Mr. Vale…«
    »Kommen Sie, Mann, kommen Sie!« Er hatte es plötzlich eilig und ging mit eingezogenem Kopf vor.
    Sein Gesicht wirkte so hart wie der Stein an den Wänden. Vor unseren Lippen stand sichtbar der Atem.
    Dann blieb Vale plötzlich stehen. Auch Suko verhielt seinen Schritt. Ich hielt mich hinter den beiden auf und hörte den schweren Atem meines Freundes.
    »Leuchten Sie ruhig hin!«
    Ich schob Vale zur Seite und hatte das Gefühl, auf Wolken zu schreiten. Sukos Hand zitterte, auch meine hätte gezittert, denn was dort auf einer alten Holzpritsche lag, war einmal ein Mensch gewesen. Jetzt nicht mehr oder nur zu

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