064 - Das Steckenpferd des alten Derrick
legt.«
»Ach, Liebling, wie ich mich in jener Nacht um dich sorgte! Ich wünsche dir nicht, daß du je eine solche Viertelstunde durchmachen mußt, wie ich damals. Es war entsetzlich.« »Woher wußtest du, daß man mir eine Falle stellen wollte?«
»Reiner Instinkt. Dick, nimm dich doch in Zukunft mehr in acht!« bat sie eindringlich.
»Ich tue es ja schon - dir zuliebe.« Er lachte. »Ich werde mich aber in den nächsten Tagen noch einmal in die Höhle des Löwen begeben müssen.«
Sie sah ihn entsetzt an.
»Was soll das heißen?«
»Mr. Derrick wird wieder in seinem Haus wohnen und hat mich eingeladen, ihm dabei Gesellschaft zu leisten.«
Sie erwiderte zuerst nichts. Nach einer Weile fragte sie:
»Wann willst du hinüber?«
»Morgen. Tommy ist wohl auch in London?«
»Nein. Er blieb dort, da ich ihm sagte, ich würde heute noch zurückkehren.«
»Fährst du wirklich nach Hause?«
»Henry möchte ins Theater, und ich habe ihm versprochen, ihn zu begleiten. Bourke ist ein netter Mensch, erst benahm er sich sehr dienstlich, besann sich aber eines Besseren.«
»Was wolltest du überhaupt bei ihm?«
»Soll ich immer wieder lügen?. Er schrieb, ich möchte ihn aufsuchen, da er mich wegen der Handgranatenaffäre in Eastbourne sprechen wolle. Die Stadt hat ja, wie du vielleicht weißt, eine Belohnung von zweihundert Pfund ausgesetzt.«
Dick hatte es gelesen. Er begleitete Mary in ein Kaufhaus, wo sie einige Einkäufe machen wollte. An der Tür bat sie ihn, auf sie zu warten. Ohne sich um ihre Bitte zu kümmern, folgte er ihr von weitem, als sie sich ins Postbüro im vierten Stock begab. Durch die Glastür beobachtete er, wie sie nach postlagernden Briefen fragte. Die Beamtin suchte lange in den aufgestapelten Sendungen und schüttelte dann den Kopf. Gleich darauf trat Mary Dane aus dem Schalterraum heraus und sah Dick draußen stehen.
»Hast du mich endlich mal auf frischer Tat ertappt? Wie neugierig du bist! Aber dein Beruf ist wohl schuld daran, nicht wahr, Dicky?«
»Ich habe dich nicht belauscht«, verteidigte er sich. »Ich habe dich nur durch die Glasscheibe sehen können.« »Ich hatte dich aber gebeten, unten zu warten, mein Junge. Komm, nun will ich Unterwäsche kaufen, und dabei kann ich dich wirklich nicht gebrauchen. Warte hier auf mich.«
Sie verließ ihn. Er wartete über eine halbe Stunde und wollte endlich weggehen, als er die Postbeamtin, die Mary bedient hatte, auf sich zukommen sah.
»Sie waren doch vorhin in Begleitung von Miss Dane?« sprach sie ihn an. »Werden Sie sie jetzt nochmals treffen?«
Er nickte.
»Eben haben wir für sie eine telefonisch durchgegebene Depesche bekommen - hier ist sie ...«
Dick machte sich auf den Weg, um Mary zu suchen, fand sie aber nirgends. Endlich gab er es auf und trat gerade durch die Schwingtür auf die Straße, als ihn der Portier anhielt.
»Sie sind Mr. Staines, nicht wahr? Eine junge Dame hat mir eine Botschaft für Sie aufgetragen. Sie sei abberufen worden, denn Mr. ... - der Name ist mir entfallen - sei schwer erkrankt.« »Mr. Cornfort, nicht wahr?«
»Ja, ganz richtig. - Ich kenne Sie, Sir, und darum konnte ich den Auftrag leicht übernehmen.«
Warum narrte sie ihn dauernd? Staines war in schlimmster Laune, als er endlich im Yard eintraf. Er stieß in der Tür mit Bourke zusammen, der gerade das Büro verlassen wollte.
»Sie haben sich nur zwei Stunden verspätet!« konstatierte der Chef und hob seine Zigarre auf, die der impulsive Dick ihm in der Hast aus der Hand geschlagen hatte.
»Was wollte Miss Dane bei Ihnen?« fragte Dick, ohne sich zu entschuldigen.
»Miss Dane? Was wollte sie eigentlich? Ach so, wegen der Bombenwerferei. Nettes Mädchen! Und klug ist sie auch. Sie würde eine herrliche Verbrecherin abgeben.« »Glauben Sie . . .«
»Nein, Unsinn. Na, auf Wiedersehen bis morgen.«
Ehe Dick eine weitere Frage anbringen konnte, war Bourke verschwunden.
27
Staines' Büro lag neben dem Bourkes. Beide Räume waren durch schwere Fenstergitter gegen das Eindringen Unberufener geschützt. Dick hatte sich an den Schreibtisch gesetzt, um einige wichtige Briefe zu erledigen. Plötzlich erinnerte er sich des Telegramms, das er für Mary Dane in Empfang genommen hatte.
Er nahm den Umschlag aus der Tasche, blickte auf die Adresse - und zuckte zusammen. Sie lautete: Mary de Villiers!
Also hatte sich Lordy Brown an jenem Abend doch nicht getäuscht, und das Mädchen, das er belästigt hatte, war Mary de Villiers gewesen? - Nun
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