064 - Der Frauenhexer
er. „Meine Kameraden und ich, wir haben einen Deserteur gefangen und gleich an eurem feinen Galgen aufgeknüpft.“ Er lachte rauh. „Jetzt versaufen wir die Kopfprämie. Komm, trink mit mir. Oder wollen wir gleich ins Heu?“
Die andern hatten ihr Würfelspiel unterbrochen und beobachteten den Profos. Jetzt lachten sie rauh. Roxane wich dem Mann aus, der sie mit ausgebreiteten Armen umfangen wollte. Sie lief zur Treppe, die zum Obergeschoß führte.
Einer der Landsknechte stellte ihr ein Bein. Roxane stolperte und fiel. Der Schwarzbart riß sie hoch, zog sie an sich. Er wollte sie küssen. Roxane sträubte und wehrte sich, aber der Landsknecht war bärenstark. Er lachte nur. Er roch nach Schweiß und Wein.
„Halt, Landsknecht! Laß sie los!“
Die Stimme war nicht laut, aber sie schnitt durch den Lärm im Wirtshaus wie ein Messer. Der Profos gab Roxane frei, hielt sie nur noch am Arm fest. Er sah zu dem Schankknecht, der sich hinter den groben Tresen drückte. Dann zu dem Mann, der auf der Treppe stand. Ein großer, bleicher, dunkel gekleideter Mann mit einem Feuermal im Gesicht.
„Was mischst du dich ein, Weinpanscher? Was kümmert’s mich, ob die Kleine da deine Tochter oder deine Frau ist. Verschwinde, sonst breche ich dir die Knochen und setze dir den roten Hahn aufs Dach.“
Signefeu trat auf den Profos zu. So zwingend war sein Blick, daß der Schwarzbart Roxane losließ und zwei Schritte zurückwich. Seine Kumpane stießen ihn an. Da zog er ein spitzes Dolchmesser unter seinem Wams hervor.
„Stirb, du Hund!“ schrie er, riß den Arm zurück und warf das Messer.
Es flog auf Gilbert Signefeu zu. Er schien verloren. Doch ohne daß er sich gerührt hätte, beschrieb das Dolchmesser in der Luft eine Parabel, zischte wie ein silberner Blitz zu dem Werfer zurück, grub sich tief in seinen Hals unter dem schwarzen Bart. Mit einem Schrei brach der Profos zusammen.
„Das … das ging nicht mit rechten Dingen zu“, rief einer der Landsknechte.
Und das häßliche Weibsbild schrie: „Packt ihn, schlagt ihn tot! Er ist ein Hexer.“
Signefeu deutete mit der ausgestreckten Hand auf sie. Es krachte wie ein Donnerschlag. Rauch quoll auf, verhüllte die Sicht. Gilbert Signefeu murmelte eine Beschwörung. Das Weib brüllte auf voller Schmerz und Todesnot.
Roxane hörte Schreie, Flüche, das Knurren und Hecheln eines großen Wolfes. Der Rauch wirbelte aus Türen und Fenstern. Nur undeutlich sah Roxane flüchtende Landsknechte und zwischen ihnen einen großen, schwarzen Wolf. Knurrend sprang die Bestie einem Landsknecht an die Kehle, warf ihn rücklings über den Tisch. Blut schoß aus seiner zerrissenen Halsschlagader.
Als der Rauch sich verzogen hatte, waren die Landsknechte geflohen. Ihre Arkebusen lehnten noch in der Ecke, der Marketenderwagen stand noch vor dem Wirtshaus. Zwischen den umgestürzten Tischen und Stühlen lagen tot die Marketenderin, der Profos und zwei Landsknechte. Die andern liefen um ihr Leben.
Der schwarze Wolf sah Roxane von Falkenfels mit glühenden Augen an. Ein rotes Mal zog sich über die linke Seite seiner Schnauze. Er strich so nahe an dem schreckensbleichen Mädchen vorbei, daß seine Rute ihr Kleid berührte, verschwand im Nebenzimmer. Wenige Sekunden später kam Gilbert Signefeu aus dem Raum.
Angewidert betrachtete er das Durcheinander, die Toten.
„Dieser Pöbel. Wagt es, die Hand gegen mich zu erheben!“
Er wandte sich Roxane zu, bot ihr den Arm und führte sie zur Treppe.
„Hol dir Hilfe und richte alles so her, als hätten sie sich wegen des Spieles oder wegen des Weibes gegenseitig umgebracht“, sagte Signefeu zu dem Schankknecht. „Beeil dich und mach keinen Fehler. Du kennst meinen Zorn.“
Er ging mit Roxane ins Obergeschoß, führte sie in sein Zimmer. Sie wollte protestieren, doch wie immer, wenn sie mit Gilbert Signefeu zusammen war, verstummten ihre Einwände vor den dunklen, zwingenden Augen.
Signefeu drängte Roxane rückwärts zu seinem Lager. Er streifte ihr die Kleider ab, verschlang den vollendeten Körper des blonden Mädchens mit seinen Blicken. Die finstere Lust eines Verdammten prägte sein entstelltes Gesicht, und eine dämonische Leidenschaft loderte aus den Augen des Hexenmeisters.
Seine Hände strichen über Roxanes weißen Körper. Sie erschauerte unter seiner Berührung. Er legte seine Kleider ab, umarmte Roxane und warf sich mit ihr auf das Bett. Roxane schloß die Augen, als er in sie eindrang. Sie empfand keine Lust, nur einen
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