064 - Der Frauenhexer
und Tor waren fest verschlossen, kein Mensch und kein Tier konnten in die Burg dringen …’
Hier folgt eine Liste derer, die des Bundes mit Signefeu und der Hexerei verdächtig waren. Zum Schluß stehen die Kosten, die die Hinrichtung verursachten. Sie sehen, auch unsere Vorfahren sahen schon aufs Geld und führten genau Buch. Hier steht es: „… drei Fuder Holz für die Verbrennung der Hexen Roxane von Falkenfels, Maria Steyrer und Anna Müllerin, Ehegespons des Müllers Josef. Per Fuder 6 Franken. 3 Franken für Strick und Ketten, die Hexen an den Pfahl auf dem Scheiterhaufen zu binden. 2 Dukaten endlich für den Henker und seinen Knecht. 12 Franken wurden für Stein und Mörtel bezahlt, den Hexenmeister einzumauern. 4 Franken Arbeitslohn erhielten die Männer, die seine Gruft unter dem Galgenwirtshaus verschlossen. ’So steht es hier geschrieben.“
„War das Einmauern damals eine übliche Bestrafung für Hexen und Hexenmeister?“
„Nein, es sollte in diesem Fall wohl eine besonders schwere Strafe sein. Der Mörtel für die Mauer, die den Hexer einschloß, wurde mit einem besonderen Wasser angerührt. Es sollte sie für Signefeus schwarze Künste undurchdringlich machen. Es muß etwas Schwerwiegendes vorgefallen sein, daß Signefeu lebendig eingemauert wurde, denn normalerweise wurden Verbrecher, Zauberer und Hexer in dieser Gegend durch den Strang hingerichtet.“
„Selbst wenn wir diesen Humbug in Erwägung ziehen wollten“, sagte Dr. Heydenreich. „Welche Pläne sollte Gilbert Signefeu denn dann Ihrer Ansicht nach heute verfolgen, Bene-fiziat? Was geht nach Ihrer Meinung vor?“
Der alte Mann schloß den ledergebundenen Folianten.
„Das ist schwer zu sagen“, antwortete er. „Wie es scheint, wurde Signefeu aus der Gruft befreit, was ihm ohne Hilfe nicht möglich gewesen wäre. Er verursachte den Tod der Männer, die ihn befreiten. Er wird seinen Hexenzirkel wieder errichten. Doch da ist noch etwas. Entweder ist er noch nicht im Vollbesitz seiner Kräfte, oder etwas leistet ihm
Widerstand, kämpft gegen ihn. Sonst hätte er Thorsten Thorn heute mittag nicht nur gewarnt. Ferner ist mir rätselhaft, warum Signefeu solches Interesse an Linda Scholz hat. Ihre zufällige Ähnlichkeit mit Roxane ist meines Erachtens kein ausreichender Grund.“
„Was können wir jetzt tun?“ fragte Thorsten Thorn.
Der alte Mann zuckte mit den Schultern.
„Seit dem Tod des Hexers wurde schon oft versucht, den Spuk im Galgenwirtshaus zu beschwören, doch ohne Erfolg. Ich nehme an, daß die Hexen, die zu Signefeus Zirkel gehörten und nicht verbrannt wurden, in manchen Nächten immer noch das Galgenwirtshaus heimsuchen. Ich weiß nicht, was geschehen wird oder was sie tun können. Ich für meine Person werde beten.“
Thorsten Thorn und der Psychiater verabschiedeten sich von dem alten Pfarrer. Er brachte sie bis zur Haustür. Dort stellte er Thorsten Thorn noch eine Frage.
„Stimmt es, daß der Vater von Linda Scholz von Hardenberg hieß?“
„Ich glaube schon. Linda stammt aus der ersten Ehe ihrer Mutter mit von Hardenberg. Nach der Scheidung nahm Lindas Mutter ihren Mädchennamen wieder an, Scholz, und auch die Kleine bekam diesen Namen. – Weshalb wollen Sie das wissen? Ist das wichtig?“
„Es ist nur so eine Idee von mir“, antwortete der Benefiziat. „Falls es eine Bedeutung hat, werden Sie es erfahren. Leben Sie wohl.“
„Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Entweder, es handelt sich um eine Massenpsychose oder um ein echtes parapsychologisches Phänomen.
Alle Leute in der Umgebung sind fest von der Rückkehr des Hexers überzeugt. Es existieren sogar alte Dokumente, die als Beweisstücke angesehen werden können.“
Schultz-Breitenbergs gute Laune verschwand, als der Psychiater ihm in seinem Hotelzimmer diese Eröffnung machte.
„Sagen Sie mal, Dr. Heydenreich, sind Sie Psychiater oder brauchen Sie selber einen?“ fuhr er den Arzt grob an. „Ich will von Ihnen wissen, was mit dem Thorn und der Scholz los ist, und Sie kommen mir mit dem gleichen Humbug, den auch die mir erzählen.“ Er explodierte plötzlich, brüllte: „Bin ich denn von lauter Idioten umgeben?“
Dr. Heydenreich schwieg. Reuter, der Regieassistent, der das cholerische Temperament des Regisseurs kannte, ebenfalls. Schultz-Breitenberg beruhigte sich ebenso schnell wieder, wie er aufgebraust war.
„Ihre Meinung zu dem Fall, Doktor?“
„Thorsten Thorn ist ebenso normal wie all die andern, die
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