064 - Der Frauenhexer
starken Zwang, sich diesem Mann hinzugeben.
Etwas drängte sie, ihm zu Willen zu sein, wie so oft schon. Sie haßte ihn und sehnte sich zugleich nach ihm mit allen Fasern ihres Fleisches, litt körperliche Qualen, wenn sie ihn einige Tage nicht aufsuchen konnte.
„Wir sind beide verdammt“, sagte sie, als er dann neben ihr lag.
Signefeu lachte nur.
„Du Närrin“, sagte er. „Wovor hast du denn Angst? Ich bin der Meister der Schwarzen Kunst. Ich bin stärker, klüger und mächtiger als sie alle. Selbst dem Kaiser sind nur Menschen Untertan, aber mir gehorchen die Mächte der Finsternis. Sieh doch, welch ein Leben du an meiner Seite führen kannst, Roxane. Du brauchst nur einzuwilligen, dann kannst du schon morgen nacht in unseren Kreis aufgenommen werden. Du wirst meine Gattin sein, die Gemahlin Gilbert Signefeus. Die Königin der Finsternis. Nur deine Einwilligung brauche ich, denn gegen deinen Willen kann ich dich nicht zu einer Hexe machen.“
„Nie. Nie, nie, nie. Magst du meinen Körper schänden, Gilbert Signefeu, meinen Geist selbst beherrschen, doch zu einer Hexe wirst du mich nie machen. Ja, ich habe sie gesehen, die schändlichen, grenzenlos boshaften und bösartigen Weiber, die dir Untertan sind. Ich kenne ihre Zaubermacht, sah sie auf Besen durch die Nacht reiten, zum Hexensabbat, sah sie den Bösen anbeten, ihm Menschen und Tiere opfern und widerliche Dinge treiben, um ihn zu entzücken. Diese letzte freie Entscheidung, die du nicht von mir erzwingen kannst, Signefeu, wird immer lauten: Nein.“
„Albernes Weib! Bisher war ich gut zu dir, denn ich empfinde etwas für dich, so beschämend das für einen Meister der Schwarzen Magie ist. Doch ich kann dich auch so behandeln, daß du mich anflehst, eine Hexe werden zu dürfen.“
Roxane wandte den Blick von dem durch das Feuermal entstellten Gesicht des Mannes neben ihr. Sie sah durch das Fenster auf ein Stück blauen Himmel.
„Laß uns weggehen von hier, Gilbert. Gib deine Schwarze Kunst auf. Vielleicht ist es noch nicht zu spät, dem zu entkommen, dem du dein Leben gewidmet hast. Ich will dein Weib werden, Gilbert, denn ich weiß, daß ich nicht mehr von dir loskomme. Doch du mußt diese schrecklichen Zaubereien und die Schwarze Magie aufgeben.“
Signefeu lachte, gellend, höhnisch.
„Du Närrin. Weißt du, was du da von mir verlangst? Gibt der Vogel das Fliegen auf, der Wolf das Jagen? Soll ich werden wie sie, die armen, kleinen, sterblichen Idioten? Werde du eine Hexe, Roxane, und du wirst als meine Gemahlin gleich mir unsterblich sein, unsterblich und ewig jung.“
Schluchzend vergrub Roxane das Gesicht in den Kissen. Sie würde ihn nie umstimmen können. Wieder zog Signefeu sie an sich.
Kurz danach klopfte es an die Tür. Signefeu öffnete. Der Schankknecht stand draußen.
„Ich habe einen Boten ins Lager der Landsknechte geschickt“, sagte er. „Und dem Obristen bestellen lassen, daß ein paar von seinen Männern sich im Streit um eine Marketenderin im Wirtshaus erschlagen haben. Bald wird eine Untersuchungskommission kommen.“
„Sehr, sehr gut, Heinrich. Die Landsknechte werden nicht wagen, dem Obristen ihre seltsame Geschichte zu erzählen. Doch sicher werden sie in der Nacht kommen, um uns den roten Hahn aufs Dach zu setzen. Aber da gibt es ja ein probates Mittel, sie abzuschrecken. Am Galgen hängt ein Gehenkter?“
„Ja, Herr.“
Der Schankknecht ging. Gilbert Signefeu zog sich an, ging hinunter in die Schankstube. Roxane von Falkenfels wollte die Nacht im Galgenwirtshaus verbringen. Sie besuche eine Freundin in der Stadt, hatte sie dem Vater, Graf Bodo, erzählt.
Nach einer Weile hörte Roxane Hufschlag vor dem Wirtshaus. Sieben Landsknechte stiegen vom Pferd, von einem Leutnant angeführt. Sie betraten das Wirtshaus. Roxane schlich oben an die Treppe, um der Unterhaltung zu lauschen.
„Wie der Streit entstanden ist, weiß ich nicht“, hörte sie Signefeu sagen. „Ich war im Nebenzimmer. Plötzlich krachten Schüsse. Ich schaute durch einen Türspalt und sah, wie die Männer mit Säbeln und Dolchen aufeinander losgingen. Die Marketenderin warf sich zwischen den Profos und den Blonden dort. Ein Säbel fuhr ihr in die Seite. Der Blonde erschlug den Profos, stieß ihm noch das Messer in die Kehle. Dann traf ihn eine Kugel. Als die andern sahen, welch ein Blutbad sie angerichtet hatten, flohen sie allesamt.“
„Der Obrist wird das untersuchen“, klang die helle Stimme des Leutnants. „Du hast Glück, Wirt,
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