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064 - Der Frauenhexer

064 - Der Frauenhexer

Titel: 064 - Der Frauenhexer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Earl Warren
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daß du an dem Kampf nicht beteiligt warst und auch keinen Anlaß dazu gegeben hast. Wenn wir die Streithähne finden, werden sie Spießruten laufen müssen. Das wird ihre heißen Köpfe abkühlen.“
    Die Landsknechte luden die Toten auf den Marketenderwagen. Wenige Minuten später rückte die Abteilung ab. Roxane sah ihnen vom Fenster aus nach.
    Die Sonne sank schon. Gilbert Signefeu forderte Roxane auf, ihn zum Galgen zu begleiten.
    „Dort wirst du eine weitere Probe meiner Macht erhalten“, sagte er.
    Es dämmerte bereits, als Roxane von Falkenfels und Gilbert Signefeu den Galgen erreichten. Schwarz hob er sich vom düsteren Himmel ab, an dessen Horizont noch das Abendrot glühte. Der Gehenkte baumelte im Wind.
    „Meine Gefährtinnen sind schon unterwegs“, sagte Gilbert Signefeu. „Sie werden gleich hier sein.“ Er breitete die Arme aus, stand da wie zu Stein erstarrt. „Alraune, Copa, Larmilla!“ rief er.
    Es sauste und brauste in der Luft. Drei Frauen, auf Besen reitend, kamen im Sturzflug vom Himmel. Knapp über dem Boden drehten sie ab, beschrieben eine Kurve und landeten direkt vor ihrem Herrn und Meister Gilbert Signefeu.
    „Da sind wir, Meister“, sagte eine von ihnen, ein altes, zahnloses Weib.
    „Gut. Stimmt in meine Beschwörungsformeln mit ein.“
    Gilbert Signefeu zog ein Messer. Er trat zu dem Gehenkten, stellte sich auf die Zehenspitzen und schnitt den Toten vom Strick. Schwer fiel der leblose Körper zu Boden.
    Gilbert Signefeu stellte sich über ihn. Seine Hände vollführten geheimnisvolle Gesten, er malte diffuse Figuren in die Luft. Die drei Hexen beschrieben die gleichen Figuren wie er, wiegten dabei die Oberkörper hin und her. Sie stimmten einen leisen, monotonen Singsang an.
    Gilbert Signefeu murmelte Zauberformeln, die Roxane nicht verstand. Das Geschehen zog das Mädchen ganz in seinen Bann. Plötzlich schrie Gilbert Signefeu mit gellender Stimme, so unverhofft, daß Roxane zusammenzuckte: „Steh auf! Steh auf! Steh auf!“
    Ein Zittern durchlief den Körper des Gehenkten. Roxane preßte die Hand vor den Mund, um einen Schrei zu unterdrücken. Der Gehenkte setzte sich auf, erhob sich, taumelnd zwar wie ein Betrunkener, aber er stand. Sein Hals war seitlich verrenkt, der Kopf saß schief auf dem gebrochenen Genick.
    „Was soll ich tun, Meister?“ fragte der Gehenkte mit kaum verständlicher Stimme.
    „Geh deinen Kameraden entgegen, die dich gehenkt haben“, antwortete der Hexer. „Wünsche ihnen einen guten Abend. Wenn du einen von ihnen packen kannst, dann bring ihn um.“
    Der Hexer, Roxane von Falkenfels, die drei Hexen und der Gehenkte gingen zu dem Weg, der zum Galgenwirtshaus führte. Der Gehenkte blieb auf dem Weg stehen, die andern fünf verbargen sich in einem Gebüsch.
    Inzwischen war es dunkel geworden, doch die Sterne und der Mond standen hell und klar am Himmel.
    Roxane sah die Männergruppe schon in anderthalb Meilen Entfernung. Eine halbe Meile vor dem Galgenwirtshaus stiegen die Landsknechte von den Pferden, führten sie am Zügel, um sich nicht durch den Hufschlag zu verraten. Es waren zwölf Männer.
    Sie näherten sich der Buschgruppe und dem Gehenkten, der mitten auf der Straße stand.
    „Was ist denn das für ein merkwürdiger Patron?“ sagte einer der Landsknechte, als sie nahe heran waren. „Steht da und glotzt uns an. Heda, Gevatter, wenn du zu dem Gesindel im Wirtshaus gehörst, dann schließe mit deinem Leben ab.“
    „Den kenne ich doch!“ sagte ein anderer Landsknecht.
    Die Landsknechte umringten den Gehenkten. Plötzlich schrie einer von ihnen entsetzt: „Heilige Mutter Gottes und alle Heiligen, steht mir bei! Das ist doch Karl, den wir heute mittag gehenkt haben. Seht doch, wie schief sein Kopf auf dem Hals sitzt, wie verfärbt sein Gesicht ist!“
    Mit verzerrter, gequetschter Stimme sagte der Gehenkte: „Guten Abend, Kameraden, ich habe auf euch gewartet.“
    Einer der Landsknechte zog seinen Säbel. Die kalten Krallenhände des Gehenkten fuhren ihm an die Kehle. Er brach in die Knie. Ein Landsknecht schüttete Pulver auf die Pfanne seiner Arkebuse, stellte das lange Rohr in den Stützhaken, schlug mit einem primitiven Feuerzeug Funken.
    „Weg da!“ rief er den andern zu, die den Gehenkten und sein Opfer umringten.
    Ein Landsknecht holte mit dem Säbel aus, schlug dem Gehenkten mit einem Hieb den Kopf von den Schultern. Der Kopf rollte zu Boden. Kein Blut kam aus der Wunde. Der Rumpf blieb stehen, die Finger umklammerten weiter die

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